Absolut erfreulich, dieser rege Austausch hier in unserem philweb! Offen gesagt, habe ich „alle Hände voll zu tun“, um den Diskursen hier zu folgen. Geschweige denn, auf den einen oder anderen Beitrag näher einzugehen und in einen Dialog einzutreten.
Ratfrag hinterfragt eine alte Klage:
rf: Es ist eine alte Klage. "Wieso gibt es so viele Meinungen, wenn es doch nur eine Wahrheit gibt?"
und Ingo T. hat eine Antwort:
it: Die Klage lassen jene verlauten, die nicht wissen, dass Wahrheit bewiesen werden muss und Meinungen beliebig sind.
Das lässt mich an unsere ausgiebigen Diskussionen über Wahrheitstheorien denken und meinerseits die Frage aufwerfen, warum der Begriff von Wahrheit hinsichtlich seiner Beweisbarkeit immer aufs Neue hinterfragt wird. Wahrheit muss beweisbar sein, doch wie steht es um Wahrheit, die nicht als solche erkennbar, greifbar oder ermessbar ist?
Sofern Wahrheit lediglich behauptet wird, muss im Zweifel diese Behauptung mit Anspruch eben auf ihre Faktizität bewiesen werden und nur für den Fall eines hinreichend gültigen Beweises entspricht das Behauptete der Wirklichkeit, ist somit ein Wahrmacher der Aussage.
Meinungen entsprechen zunächst subjektiven Denkmustern und sind nur dann wahrheitsgemäße Aussagen, wenn ihre Plausibilität intersubjektiv zu belegen, resp. objektiv nachzuweisen sind. Eindeutige Kriterien zur Wahrheitsfindung sind somit plurale Intersubjektivität unter Einbezug der Methode des Fallibilismus.
Doch gerade dieses erkenntnistheoretische „Werkzeug“ kann eben auch keine absolute Wahrheitsaussage im Sinne einer Letztbegründung tätigen, da immer noch die Möglichkeit eines letzten Irrtums besteht.
Diese Methode, Meinungen, Denkmuster, Ideologien etc. auf ihren tatsächlichen Wahrheitsgehalt hin zu überprüfen, entspricht aber doch eher dem Tanz tausender Engel auf einer Nadelspitze. Lebenspraktisch bringt ein Lügendetektor oder ganz einfach hinreichende Bildung, Lebenserfahrung und Menschenkenntnis Abhilfe gegenüber aller Art von Lügengeschichten und Verschwörungstheorien.
Philosophisch könnte die Idee der Stoa hilfreiche Stütze gegenüber aller überbordenden Geschwätzigkeit, Fake-News, KI-generierten Narrativen usf. bieten, da sie tief in menschliche Psyche eindringt und geradewegs dem unstillbarem menschlichen Bedürfnis nach Neuigkeit, nach Klatsch und Tratsch die besonnene, nüchterne, faktenbezogene und somit wahrheitsgemäße Wirklichkeit entgegen stellt.
Ein „Werkzeug“ also, das auf diese philosophische Weisheit aufbaut und somit einen Weg zu hinreichender Selbsteinschätzung weisen kann, etwa nach dem Beispiel des Marc Aurel, dessen Denkmodell von einer Allnatur, dieser EINHEIT als einzige WAHRHEIT meiner Vorstellung von kosmischer Intelligenz entspricht, als eben diesem Gefühl von Allgeborgenheit „JAHWE“ - ich bin da, oder eben mein ICH als Teil dieser Ganzheit: Partizipation als Strukturprinzip des Menschen an sich.
Diese Ganzheit ist aus irdischer Perspektive nicht als Wahrheit erkennbar und somit von Menschen nicht beweisbar. Wer nun (einen) Gott als diese Ganzheit, als die Wahrheit annimmt, wird diesen nicht beweisen können. Es bleibt nur das Gefühl von Allheit, oder eben von Allgeborgenheit. Wer sich ihr anvertraut, kann auf diesbezüglich unzählige Meinungen, Deutungen verzichten, eben im Vertrauen auf göttliche Allgeborgenheit. „Solo Dios basta“ (Teresa v. Avila).
„This Talk is not for Atheists“ - Sorry.
KJ