Am 02.09.22 um 13:14 schrieb Karl Janssen:

 Dein untrügliches Gespür für Wortbegrifflichkeit, für den folgerichtigen Gebrauch von Worten schlechthin, würde jeden Gymnasiasten zur Verzweiflung bringen. Am Ende bist Du Deutschlehrer ...
nein, ich war immer sehr schlecht im Deutschen, danke für den Honig - ich kann ja nicht gleichzeitig schreiben, wann ich mich totlache. Streng bin ich trotzdem.

Ersthaft gesagt, wäre mir mehr geholfen, wenn nicht nur auf diesen Begriff reduzierte Kritik geübt, sondern mit etwas mehr Kontext versehene Gegenargumentation geführt wür

... mir unverständlich. Wie schon geschrieben, schreibe ich noch übertreibend: Wenn und weil ich denke, nur Kommentare zu schreiben, muss ich mich wie eine Zwischenperson zwischen dem vorher Gesagten und dem Kommentar ansehen. Hoffentlich werde ich damit nicht als Medium im esoterischen Sprachgebrauch gedacht, oder als ein Hermes. Also ich denke immer an die Kausalität. Das Vorher verursacht bei mir etwas, und was das Gesagte ist nur ein Hergestelltes aus dem Innen und dem gerade Angekommenen. Das hat mit der Schublade "radikaler Konstruktivismus" nichts zu tun, nur für den Fall, dass du daran denkst, geschrieben.

Das ist aus meiner Sicht nur dann eine zutreffende Argumentation soweit man ein „Denk-Gebiet“ als Ganzes betrachtet. Die Philosophie betreffend: Hätte es Kant nicht gegeben, wäre ein anderer Protagonist szenisch aufgetreten und hätte mit einiger Wahrscheinlichkeit ähnliches Gedankengut zur Philosophie beigetragen (um bei dieser Fachdisziplin zu bleiben).

Nicht unbedingt "ähnliches". Bei der Musik ist von bestimmten Kennern und Komponisten gesagt wird, dass das Vorherige dem neuen Andersartigen ein Stein im Weg war. Ich kann nicht zitieren, entschuldige, aber ich habe es im Kopf.

Schopenhauer etwa hat sich zunächst an Kant orientiert, sich später von dessen Denkmodellen emanzipiert und danach ein sehr eigenes in die Wissenswelt eingebracht.
Richtig, und auch das was du danach schriebst. Auch eine Bemerkung: Was wäre Nietzsche ohne seine Widersacher gewesen, von Kant über Schopenhauer bis zurück zum Sokrates und Richard Wagner, noch einer fehlt auf der Liste, ich lasse mal den als Rätsel.

Auf spezifisch von Menschen in deren Kultur und Lebenswelt eingebrachte, sog. herausragende Leistungen bzw. Werke bezogen, ist die Annahme: „wenn der eine nicht, dann der andere“ unzulässig, entspricht schlichtweg lebensfremder Kontrafaktizität.

Richtig wieder, jetzt werde ich bald notengebender Lehrer. Ich müsste nach jedem Satz meinem Lachen Ausdruck geben, und zugleich eine Entschuldigung schicken.

Hätte ein anderer Mensch die Musik eines J. Haydn, W.A. Mozart, Beethoven (Trias der Wiener Klassik), Schubert, Tschaikowsky (und viele weitere Komponisten mehr) komponieren können? Niemals - möchte ich behaupten! Aber Mozarts Musik war nicht allein von seinem musikalischen Ausnahmetalent, sondern auch von Zeitgenossen wie etwa Haydn (trotz großem Altersunterschied) geprägt (Mozart war inspiriert von Haydns Streichquartettent und widmete diesem sechs eigene Werke). Vielleicht kann uns Joachim Landkammer weitere Beispiele nennen und über spezifisch wesentliche Unterschiede von Komponisten berichten, dass die Annahme „wenn der eine nicht, dann der andere“ nicht zu halten ist. Soweit ich es erinnere, Joachim, hast Du die entsprechende Expertise.

Du merkst ganz sicher die Unterschiede auch. Bei der Musik ist es so, bei der Mathematik wiederum ist es anders, und auch daran, dass es in jedem der Bereiche anders ist. Denke auch mal an Sigmund Freud, der meinte, er hätte die dritte Kränkung der Menschheit bewirkt. https://de.wikipedia.org/wiki/Kr%C3%A4nkungen_der_Menschheit. Und wie ist es mit den als Obrigkeiten vorhandenen Personen in der Geschichte? Auch sie setzen an dem an, was andere "in deren Kultur und Lebenswelt eingebrachten". Sie gaben nicht nur Kommentare ab, aber es gab auch bei ihnen Sachen von außen, Sachen innen, und die Sachen, die sie "einbrachten" und das, was sie verursachten.

Für den Bereich der Philosophie bleibe ich bei meiner Aussage, dass sie ohne Kant undenkbar ist.

Allein der Umstand, dass eine Person etwas aussagt, und dann sagt, dass sie einen Satz noch einmal aussagen würde, so verstehe ich dich, ist interessant. Manchmal erscheint mir die Denkweise so, als hätte die Person eine Stelle in sich selbst, bei der sie ihre Sätze abfragt, und immer dieselben Sätze sagt, sogar, dass sie bei diesen Sätzen bleibt. So denke ich nicht. Noch komischer ist es, wenn eine Person sagt, sie hätte eine Weltanschauung, und sie würde Thesen vertreten. Oder gar eine Philosophie. Unternehmer sagen ja auch: Unsere Philosophie ist die folgende .. Die Person könnte ja auch sagen: Ich habe eine Musik. Dann würden andere wenigstens zweifeln. Aber so geht das in der Sprache, und niemand merkt, wie komisch das alles abläuft.

Das kann sich natürlich nur auf die Gegenwartsphilosophie bzw. die der Neuzeit beziehen, so wie diese an Bildungseinrichtungen gelehrt wird.

Das stimmt. So wurde eine Zeitlang auch der dialektische Materialismus gelehrt. Die Lehre bedarf dessen was gelehrt wird, sie bedient sich sozusagen im Laden der Vergangenheit.

Geht man zurück zur antiken Philosophie, hat diese Aussage keine Bedeutung; dies habe ich implizit vorausgesetzt, als ich schrieb: Philosophie ohne Kant ist nahezu undenkbar. Diese Unterscheidung muss man selbstverständlich vornehmen, ansonsten es tatsächlich „undenkbar ist, fiktiv eine bestimmte Person aus der Geschichte zu entfernen.“

Du korrigierst dich ja selber, ich brauche eigentlich nichts weiter zu kommentieren. Bravo, ehrlich.

glücklicherweise ist er nicht die einzige "Kapazität" auf diesem Gebiet.

Dem vorhin von mir Geschriebenen nach ist zu erkennen, dass ich nicht von "Kapazitäten" ausgehe. Ebenso gehe ich nicht von "Genies" aus, oder von Personen mit "Charisma", zum Beispiel. Wenn um einen Wissensbereich ein Sack genäht wird, und der Inhalt beschrieben und betont wird, kann ich nur zustimmen, dass der Sack einen Inhalt hat.

Diese Einstellung mag Dich mit Waldemars Abneigung gegenüber „autoridades” oder „auctoritates“ einen.

Noch einmal: Ich habe keine Abneigung, keine Einstellung.

Das ändert aber nichts daran, dass es Menschen mit der unverzichtbaren Fähigkeit zu Führung gibt und eben geben muss.

Das wäre so eine Art naturalistischer Trugschluss. Diktatoren haben diese Fähigkeit übrigens auch, wenn ich das Wort "Fähigkeit" nutzen darf. Nach dem Motto: Starke Männer braucht das Land, starke Frauen auch!

Wie sonst sollte die (geradewegs hier oft beklagte) Schafherde-Mentalität der Gesellschaft überhaupt im unhintergehbaren Faktum eines Menschen-Kolletivs (sei es Familie, Kommune, Land, Staat) beherrschbar sein.

Das stimmt, aber ist sie beherrschbar? Gewinnt sie das Kollektiv nicht immer die Oberhand. Den Konsum bzw. Wohlstand will das Kollektiv.

Mit Revoluzzer-Mentalität und Eskapaden einer sich apokalyptisch zugrunde gehenden Generation von Klebe-Menschlein ist den Problemen dieser Zeit nicht abzuhelfen, sondern hier wäre erkennbare, echte Führungsqualität aus der gegenwärtigen Politikerriege erforderlich. Mit der Beteuerung von Erinnerungslücken ist es nicht getan.

Richtig, und kommt diese Mentalität nicht aus dem "Kollektiv"?

JH: Darf ich mich für diese negative Definition entschuldigen?


Das kannst Du aber musst es nicht – wofür denn, möchte ich fragen.


Es gibt viele Personen, die meinen, dass sie mit einem negierenden Satz etwas gesagt haben, was bekanntlich nicht stimmt, denn es bleiben zu viele Möglichkeiten bestehen.


Angenommen ich denke auch an den persönlichen Fortschritt, und daran, Monist hierbei sein zu dürfen. Angenommen als Biologe oder als Astrologe würde ich Fortschritte suchen. Dann wären beliebige Meinungen zu den Sachen, die sowieso niemand verstehen würde, mir ein Hemmnis im Weg, oder etwa nicht?

Das klingt in meinen Ohren nahezu solipsitisch.

Das verstehe ich nicht, in dem Zusammenhang. Ich muss ein Beispiel geben. Leute sind in einem Bus gefahren. Der Bus fährt einfach nicht mehr. Auch der Fahrer weiß nicht was er tun kann. Alle sind jeder für sich an einer Stelle des Wissens um einen Bus. A sagt: Wie wäre es, wenn wir die Räder abmontieren würden, ich habe nämlich ein merkwürdiges Geräusch unter dem Auto gehört.  B sagt: "Ich fange mal an, das Auto zu reinigen, denn es muss irgendwo etwas verstopft sein, mit was denn sonst als Schmutz." Das wären die beliebigen Meinungen, die dem Mechaniker gesagt würden, mit denen er sicher nichts anfangen kann. Monist sein, ist in dem Fall: Ich lasse jedem die Stelle, an der er fortschreitet, denn jeder hat seine persönliche Stelle im Wissen oder sonstwie in den Sätzen, die er sagen würde. Monist in dem Sinne bin ich jedoch auch, dass ich diesen Fortschritt als Grundlage für alle anderen Arten Fortschritte ansehe. Also denke ich in dem Fall an das Primat. Der persönliche Fortschritt des Immanuel Kant ist Grundlage des Fortschritts durch seine Bücher. Das Wort Fortschritt benutze ich nur aus didaktischen Gründen, denn das noch grundlegendere ist die vollbrachte unbewertete Änderung. So wie auch eine Krankheit eine Änderung sein kann. Es muss nicht immer "nach oben" gehen. Schrecklich, wie viel ich hier jetzt geschwafelt habe.

Dabei sehe ich jedoch keinerlei Grund, nicht Deinem Wunsch entsprechend, Monist sein zu dürfen.

ja, das habe ich ja nur so daher gesagt.

Was den eher metaphysischen Aspekt dieser Position anbelangt, teile ich diesen sogar, da ich die (zuletzt hier insbesondere diskutierten) Phänomene des Lebens eben auch einzig auf ein Grundprinzip gegründet sehe



Verstehe ich nicht, weil ich wohl den Anfang nicht verstanden habe, und somit erst mal die Räder poliere.

Selten, sehr selten geben können fremde Meinungen dazu einen Anstoß geben. Ich könnte mich sogar gegen die Meinungen anderer wehren, sie könnten mich langweilen, ich könnte auf meiner Meinung beharren. Der Biologe wird sich vielleicht freuen,

Auch Waldemar wird sich freuen, da er Dich dann als selbstreferenzielles Gebilde, nahezu wie Leibniz’ hermetisch abgeriegelte Monade erkennen und damit seine Thesen bestätigt sehen kann. Mit Gemeinschaftssinn und gesellschaftlichem Beitrag von Einzelnen hingegen hat das m.E. nichts mehr zu tun. 



Ich glaube, das muss ich nicht so gründlich lesen.

wenn ich eher nichts sage, als meine Meinung. In dem Sinne ist das Schweigen manchmal besser, sogar im Philweb.

Dazu wurde philweb aber nicht konzipiert. Diese Liste ist ein Forum, auf dem Du Dich nach Lust und Laune (ob verstanden oder nicht) als reinkarnierter Demokrit (“der lachende Philosoph”) auslassen kannst und vor allem sollst.

Danke, ich falle bald vom Stuhl.


Mit bestem Gruß an Dich und in die Runde! - Karl


Auch rückwärts. Dein P.S. ist auch ok. Hoffentlich habe ich nicht zu viel in Bewegung gebracht, wie der Zauberlehrling. Und um Gottes willen nicht zu viel geschwafelt. Denn einerseits will ich den Ingo gütig stimmen, andererseits ihn mit Gottes Willen ärgern. Und Waldemar bemüht sich sicher hier am meisten von uns allen, danke Waldemar.

Vielen Dank noch an die anderen Schreibenden, die ich auf jeden Fall lese, so wie die schweigende Mehrheit. Wenn da zwei Zahnräder zu einander passen, werde ich schreiben.

Joseph