Am 18.04.24 um 01:57 schrieb Karl Janssen über PhilWeb

einiges. Ist das, für das er das Wort "Konstruktivismus" denkt, was andere Personen mit Folgendem denken?
Mit dem Wort "Vernunft vs. Empirismus",
mit dem Wort "reine Vernunft vs. Verstand", ironisch in Bezug auf Immanuel Kant,
umgangssprachlich mit der Wendung "Denken ohne realen Bezug",
umgangssprachlich mit der Wendung "Denken ohne realen, gesellschaftlichen oder wissenkonsensuellen Bezug, jedoch in Bezug auf vergangene persönlichen Erlebnisse, wobei der letzte Bezug sehr hoch ist".
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Wenn so gedacht wird, könnte jede Person mit einem Faktor belegt werden, etwa von 0 bis 100.
Person A: Derjenige mit Faktor 0 wäre etwa der idealisierte Wissenschaftler, oder derjenige, der maximal mit dem höchsten Wissen in Bezug auf Materielles und Geistiges ausgestattet ist.
Person B: Derjenige mit Faktor 100 würde jedes neue Geschehen, jedes Erlebnis in Bezug auf seine reale Geschichte oder die von ihm erfundenen Geschichten beziehen.

Würde das Treffen des A mit dem B den Paternalismus bei A bewirken, oder was sonst? Wie würde B wirken, was würde er bewirken?

Bemerkungen:
1. Es könnte darauf hin gesucht werden, was ein hoher Faktor bewirkt. Das scheint Karl schon angefangen zu haben, das wäre Aufgabe der "Soziologie". Sogar hat er implizit vermutlich bemerkt, dass sogar ein Land mit so einen Faktor belegt werden kann.
2. Der Faktor passt zum Betreff "Wahr vs. eventuell wahr", jedoch bis hin zu unwahr.
3. Der Faktor könnte besser umgekehrt und zudem standardisiert werden, dann hätte derjenige, der nahe am realen Bezug wäre, den Faktor 100 und nicht Null. Dann könnte dieser in Bezug auf den IQ gesetzt werden. Hierzu bedürfte es schon wieder der Mathematiker.

Mein Wohlgefühl lässt nach, weil ich mich mit hohem Faktor belegt ansehe und wenn ich auf Personen mit geringem Faktor treffe. Könnte auch ein Text mit dem Faktor belegt werden, etwa der obige?

JH




Am 17.04.2024 um 15:32 schrieb waldemar hammel über PhilWeb <philweb@lists.philo.at>:


hallo karl,
na, überlege mal selbst mit,
wir haben unvermeidlich "einen doppelten knick in unserer optik" bei der wahrnehmung der realität, wahrnehmung = primär, an der nachgeordnet dann unser denken, überlegen, und dafürhalten hängt:
(erweiterter radikaler konstruktivismus)

Ja genau darum geht es mir ja in meiner Kritik gegen den Konstruktivismus. Eher sollte ich sagen, nicht gegen Konstruktivismus als eine gültige Form von Erkenntnistheorie an sich, da dieser ja vom Grundsatz her nicht zu leugnen ist. 

Soweit diese Theorie davon ausgeht, dass Wahrnehmung von Lebensrealität immer zunächst eine „Konstruktion“ des Gehirns/ZNS und damit die Möglichkeit einer subjektiv falliblen Inferenz der wahrgenommenen Gegenständlichkeit gegeben ist, kann es kein gültiges Argument gegen diese Aussage geben. 

Lebenspraktisch wirkt sich solchermaßen konstruierte Perzeption jedoch nur selten negativ aus, da die subjektive Wahrnehmung und darauf basierende kognitive Konstruktion letztlich durch das soziale Umfeld eines Menschen objektiviert wird. 

Einzig in Betrachtung solipsistisch angelegter Persönlichkeitsmerkmale kommt es zu bisweilen pathologischen Wahrnehmungsverzerrungen, wie etwa Wahnvorstellungen in Form von unzutreffender Interpretation der Lebensumwelt. Dramatisch für Betroffene, gleichermaßen für die mental kranke Person, wie für Menschen in deren direktem Umfeld ist, dass erstere ihre irrige Interpretation, als eine objektiv gültige annehmen und diese Position nicht selten radikal vertreten.

Mag nun sein, dass Du, Waldemar, aus Deiner Berufszeit in der Forensik durch derartige Erlebnisse geprägt bist. Diese Art von fehlerhafter Wahrnehmung des Lebensumfelds wirkt sich jedoch keineswegs in der Alltagsgesellschaft aus. Wenn es in letzterer um Wirklichkeit, resp. Wahrheit geht, kommt diese zutage, modulo der Mechanismen, die politisch zu deren Unterdrückung, bzw. Verfälschung angelegt sind, wie das für autoritär geführte Gesellschaften der Fall ist.

Konstruktivismus, einerlei in welcher Ausprägung, ist nur dann gesellschaftskritisch relevant, wenn er sich in ausschließlich kognitiver Selbstbezogenheit (Egomanie, Megalomanie) darstellt. Da denke ich mit Grauen an anstehende Wahlen in Übersee. Mildere Formen pipolorarer psychischer Störungen finden sich aller Orten.

Dass der Mensch bei kognitiven Perzeptionsprozessen immer zunächst eine mentale Konstruktion ausführt, wird durch das gesellschaftliche Umfeld relativiert und somit wird ein ggf. radikales zu einem relationalen, üblicherweise gesellschaftsverträglichen Konstrukt. In der Summe gemeinschaftlicher Wahrnehmung verliert sich die Fallibilität subjektiver kognitiver Konstrukte. Das bezieht sich jedoch nur auf Gegenständlichkeiten und nicht auf diverse Weltauffassungen.


KJ

PS: Nun, Dein Apfel-Beispiel. Einmal mehr. Morgen esse ich einen Apfel und mir kommt es dabei nicht in den Sinn, während ich ihn wasche und das Kerngehäuse heraus schneide, dieser im Planckzeit-Tempo um beliebige Plack-Längen gealtert ist. Einzig, wenn er so verschrumpelt und seine Schale unansehnlich ist, denke ich, dass er nicht mehr jung und frisch ist, schäle ihn ab und das im KJ-Tempo :-)) Das heißt ja nicht, dass die mikroskopische Sicht auf dieses Geschehen uninteressant ist, aber womöglich ebenso alltagsfern, wie der Gedanke an Millionen Bakterien auf der Arbeitsplatte meiner Küche, seien diese hilfreich oder einfach nur eklig.

zu Deinen anderen Punkten komme ich später



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