Am 31.10.2023 um 20:28 schrieb Claus Zimmermann über PhilWeb <philweb@lists.philo.at>:

Sagte Hegel nicht ungefähr, dass zwischen Sein und Nichts in irgendeinem Sinn nicht unterschieden werden könne, so dass eine Schöpfung, so gesehen gar nicht stattgefunden hätte, sondern das ewige Sein/Nichts nur immer wieder neu durchgeschüttelt würde?

Wer das versteht, dem könnte man aber die sprichwörtliche Krone Polens versprechen.

In einem alltäglichen Sinn bedeutet "da ist etwas" das Gegenteil von "da ist nichts".
"Alles" im üblichen Sinn kann mit "Sein" auch nicht gemeint sein. "Alle sind..." bedeutet das Genteil von "niemand ist".

Da kann ich mich nur leise weinend verabschieden.

Kein Grund zu weinen, Claus!

Da Du stets einer pragmatisch lebensnahen Sicht auf Leben, Welt und Kosmos zugeneigt bist, solltest Du vom hier diskutierten Wirrwarr an Vorstellungen und Begrifflichkeiten nicht betroffen sein.

Das Sein entspricht lebenspraktisch dem Existent sein, etwa in Anlehnung an Descartes „Cogito ergo sum“. Denken ist eine immaterielle, somit geistige Angelegenheit, Körperlichkeit eine chemisch-biologische. So einfach könnte also die Vorstellung von Sein sein, wären da nicht immer wiederkehrende Gedanken, wie Geist und Körper in und mit hiesig kosmischen Gefilden zusammenspielen.

Vom Werden zum Sein“, „Vom Haben zum Sein“, „Sein zum Tode“. Ob Jiddu Krishnamurti, Erich Fromm oder Heidegger; Sie, wie nahezu alle Menschen (je nach Veranlagung, Bildungsstand, Verursachung etc.) dachten und denken über dieses „in der Welt sein“ nach. 

In Shakespeares „Sein oder Nichtsein“ finden sich diese Gedanken literarisch auf geniale Weise verdichtet:

Sein oder Nichtsein, das ist hier die Frage:

Ob's edler im Gemüt, die Pfeil' und Schleudern
Des wütenden Geschicks erdulden, oder,
Sich waffnend gegen eine See von Plagen,
Durch Widerstand sie enden. Sterben – schlafen –
Nichts weiter! – und zu wissen, daß ein Schlaf
Das Herzweh und die tausend Stöße endet,
Die unsers Fleisches Erbteil – 's ist ein Ziel,
Aufs innigste zu wünschen. Sterben – schlafen –
Schlafen!

Nur dass die Furcht vor etwas nach dem Tod –
Das unentdeckte Land, von des Bezirk
Kein Wandrer wiederkehrt – den Willen irrt,
Dass wir die Übel, die wir haben, lieber
Ertragen, als zu unbekannten fliehn….“


Angesichts der See von Plagen, wie wir sie drastisch gerade wieder weltweit vor Augen haben, ließe sich tatsächlich weinen. Doch die Tränen könnten weichen, im Schlafen wie im Sterben als Flucht zu Unbekanntem.

Bester Gruß an dich und in die Runde! - Karl










Claus
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