Moin, moin Ingo,

Nun bist Du offenbar in Josephs Fußstapfen getreten, fabulierst von Pseudokennzeichnung und ich frage mich, was denn eine derartige kennzeichnet. Warum sollte die Vorstellung von ALLES eine täuschende Kennzeichnung sein, wenngleich man umgangssprachlich mit dieser Begrifflichkeit im Wortsinne alles nur denkbar Mögliche auszudrücken pflegt.

Sogleich fällt auf, dass ich Dir ebenso fabulieren unterstelle, was Du von mir üblicherweise nie zu lesen bekommst, da dieser Ausdruck schlicht negativ besetzt ist. Du bist schnell dabei, Dir gegen den Strich Gehendes als Geschwafel und Geschwätz – eben fabulieren – abzuwerten. 

Es ist Deine Lebenseinstellung, offensichtlich Deinem und generell dem Leben keinen Sinn zuzuschreiben. Das liegt exakt in der üblichen Diktion des Nihilismus, wonach ohnehin alles Seiende sinnlos ist und so werte ich Deine Aussage, dass es belanglos sei, in jedem Leben Sinnhaftigkeit zu sehen, schlichtweg als Pseudo-Annahme. 

Wir können es kurz machen: Die meisten Suizide werden aus der Wahrnehmung von Menschen begangen, ihr Leben hätte keinen Sinn mehr. Das ist Lebensrealität im Gegensatz zu blutleeren Diskussionen über Sinn und Unsinn des Seienden.

Selbstredend gibt es viele Menschen, deren Leben sich einfach „vollzieht“, dieses solange fortsetzend bis es (wie auch immer) endet. Ich bin überzeugt, dass Dein Leben nicht in dieser Art verläuft, ansonsten wir uns hier nicht austauschen würden. Leben und Lebenswelt sind viel zu interessant, als das man ohne tieferes Wissen darüber und der daraus gewonnene Erkenntnis in die Gruft fahren wollte; völlig unabhängig davon, ob man sein ICH - in welchen Sphären immer - weiter existierend glaubt. Ich glaube nicht daran, obwohl ich Katholik bin, denn Glauben heißt nicht wissen und was ich nicht wissen kann, lasse ich beiseite. Damit ist nicht gesagt, dass ich auf weiteres Hinterfragen von Metaphysik und somit auch der Religion verzichten würde; ganz im Sinne der Menschheitserfahrung, dass sich die Grenzen des Nichtwissens immer weiter verschoben haben.

Und damit nochmal zu (einem) Gott, das leidige Thema, das Waldemar soeben wieder in seinem jüngsten umfänglichen Beitrag in der ihm zu eigenen Art und Weise aufgegriffen hat. Gott sei Dank (sic!) möchte man sagen, zeigt er doch damit zum tausendstem Mal aus seiner Sicht die Unsinnigkeit der Annahme eines Gottes (Gespenstes) auf und das sei ihm und seinen Gleichgesinnten zugestanden! Doch es gibt auch andere Sichten auf dieses Phänomen und auch diesen Sichtweisen sollte man zugestehen, dass Menschen eine Wesenheit annehmen, die außerhalb der physischen Lebenswelt existiert, eben weil sie es in sich spüren. Ob man sich darüber lustig macht oder nicht, ist hier wirklich belanglos. 

Belanglos allerdings ist keinesfalls falsch vermittelte und praktizierte Religion und – wie gesagt – unheilvolles Handeln im Namen eines Gottes, wie ich es zuletzt hier beschrieb.

Und nun sollten wir tatsächlich erst mal wieder Abstand von derartiger Thematik nehmen, da sie uns nur trennt. Trennendes haben wir augenblicklich genug in Gesellschaft und allgemeinem Weltgeschehen. All das ist der Unvollständigkeit dieser Lebenswelt geschuldet, dem Jammertal, das aufzulösen ganz offensichtlich nicht im Sinne der Erfinder ist – seien diese Programmierer in einem mathematischen Universums oder sonstig anderen auf uns wirkende Welten, seien es Götter oder ein Gott.

Wir könnten ja zur Abwechslung und Freude Ingos etwas science fiction betreiben.


Bester Gruß! - Karl


PS: Bezogen auf das Thema Gott und Religion sollte jedoch nicht übersehen werden, dass diesbezügliche Beiträge nicht in Privatmails unter den üblichen Opponenten ausgetauscht, sondern in einem philosophisch orientierten Forum eingestellt werden und somit mehr als nur die jeweiligen Protagonisten daran Anteil haben sollten (wenngleich nur lesend). So ist es unredlich, Argumente pro Religion mit diskreditierenden Totschlagargumenten abzuservieren und damit eine tiefergehende Diskussion abzutöten. Die Welt ist längst nicht nur mit Nihilisten bevölkert, so gerne sie das hätten, wie eben die Religiösen auch. Das scheint ebenso nicht im Sinne des Erfinders zu sein. Wer übrigens könnte ein Erfinder sein, der alle die uns bekannten, hochpräzisen Naturkonstanten bestimmt hat?



Am 17.01.2023 um 18:12 schrieb Ingo Tessmann über PhilWeb <philweb@lists.philo.at>:



Am 17.01.2023 um 15:53 schrieb Karl Janssen über PhilWeb <philweb@lists.philo.at>:

Im Kern stellt (konsequenter) Nihilismus ALLES infrage und damit auch jeglichen Bezug auf Sinnhaftigkeit des Lebens.



Moin Karl, 

ich erwähnte schon, dass ALLES eine Pseudokennzeichnung und insofern sinnlos ist. Ein derartiger Nihilismus negierte sich doch selbst, also was fabulierst Du hier herum? Und bzgl. des Lebens ist es belanglos, ob ich ihm Sinn zuschreibe oder nicht. Naturgemäß vollzieht es sich einfach, setzt sich in uns fort und beendet sich wieder, wobei es uns ermöglicht, es auch selbst zu beenden. Turgenew lässt seinen Nihilisten demgegenüber ja zufallsbedingt an einer Blutvergiftung sterben.  

IT

  
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