Am 24.05.2024 um 15:28 schrieb Karl Janssen über PhilWeb <philweb@lists.philo.at>:

Hast Du jemals mit einer werdenden Mutter das Ultraschallbild des Babys in ihrem Bauch gesehen? Wenn ja, dann frage ich mich, wie Du Dich zu der Behauptung aufschwingen kannst, menschliches Leben würde erst postpartal beginnen.


Moin Karl, 

natürlich habe „mit einer werdenden Mutter das Ultraschallbild des Babys in ihrem Bauch gesehen“, wobei es sich um ein Baby erst nach der Geburt handelt. Da ich Vater und Opa bin, habe nicht nur Embryos und Feten, sondern auch Babys gesehen bzw. geherzt. Was macht denn für Dich menschliches Leben aus? Zelluläres Leben der Zygote und Blastozyste unterscheiden Mediziner von embryonalem und fetalem Leben. Und menschliches Leben beginnt frühestens mit dem ersten Atemzug außerhalb der Mutter.   


Schon die ersten Bewegungen des Kindes im Mutterleib haben - neben der später einsetzenden Erziehungsphase - eine essentielle Bedeutung für die Entwicklung des Kindes. Diese massgeblich prägende Phase kann unmöglich durch artifiziell nachgebildete Mechanismen substituiert werden. Ein Kind, dass sich beizeiten seiner „Erzeugung“ als „Laborratte“ bewusst wird, dürfte bei entsprechender Verinnerlichung dieses Umstandes in eine emotionale Schieflage gegenüber seiner „Elternschaft“ geraten. Nun, wie gesagt: „Brave New World“.

Warum immer wieder Pauschalierungen? Sollten wir die nicht den Populisten überlassen? Ob irgendwelche Dogmatiker oder Vollpfosten ein Kind als Bastard oder Laborratte bezeichnen, ist sozial zu bekämpfen, was die Frauenbewegung bisher auch einigermaßen hinbekommen hat. Zu der angeblich so prägenden Phase des Feten im Uterus solltest Du die Quellen benennen. Warum sollte eine Leihmutter dafür nicht ebenso herhalten können?   

 
Doch warum sollte ich zu diesem Thema schreiben, da es längst etablierter Erkenntnisstand in der Entwicklungspsychologie ist. Natürlich schreibe ich als Mann und Vater über ein Thema, dass eher aus der Sicht einer Mutter beschrieben werden sollte. Schließlich ist deren innerste Erfahrung einer Mutterschaft auch nur von dieser Seite her authentisch zu beschreiben. 

Wenn es um Recht und Gerechtigkeit geht, kommt es gerade nicht auf Gefühle, Erlebnisse oder „innerste Erfahrungen“ an. Weder der Muttermythos (der in allen Frauen eine Mütterlichkeit sieht) noch die Repro-Maskulinität (als Mann über die Mütter bestimmen zu wollen) sollten der Ausgestaltung des Selbstbestimmungsrechts der Frauen entgegenstehen.  

Das Nachkriegs-GG war ein Anfang und so gibt es noch viel zu verbessern.    

Fragt sich, in welchem Geist und Sinne das geschehen sollte, da würde ich eher die „Finger davon lassen“.

Die erste Chance zur Zeit der Wende 1989/90 wurde vertan. Der jetzige Anlass der 75-Jahrfeier ist ebenfalls nicht genutzt worden. Dabei wäre auch das ein Anlass zur Überarbeitung des GG gewesen, und zwar durch eine GG-Kommission, die komplementär zum parlamentarischen Rat 1948/49 mit 4 Männern und 64 Frauen (einschließlich einigen LGBTQIA+’lern) besetzt sein sollte. 

IT