Am 19.12.2022 um 05:18 schrieb Joseph Hipp über PhilWeb <philweb@lists.philo.at>:

Nach alledem muss ich gestehen, und Karl vermutlich auch, dass Ingos Hinweis auf eine Vorsache des Jahres 1908 korrekt war. Sicher kann der eine oder andere sich um das Geschriebene drum herum streiten, das in der vollständigen Vorsachen-Angabe des Allwissenden korrekter vorkommen würde, und anderes nicht vorkommen würde, etwa das, was ohne Belang wäre. Bemerkung: Allwissender nur als Fiktion, also ich habe nicht im geringsten an ein höheres Wesen gedacht. 


Hi JH, 

das Standardwerk „Aufstieg und Niedergang des fossilen Imperiums" wird erst in den nächsten Jahrhunderten geschrieben werden können. Gibbons "The History of the Decline and Fall of the Roman Empire“ erschien zwischen 1776 und 1789. Bis 1806 lebte es fort im „Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation“. Vor dem Untergang des Osmanischen Reiches nach 1918 und des Britischen Empires ab 1941, begann 1908 der Aufstieg des transnationalen fossilen Imperiums, das seine Vorgeschichte natürlich im Industriekapitalismus hat, der ab 1769 wesentlich beschleunigt wurde durch den entscheidenden technischen Durchbruch in der Mechanisierung der Baumwollspinnerei durch Richard Arkwrights Waterframe, die Baumwollspinnmaschine mit Streckwalzen zur kontinuierlichen Faserzuführung und mit Antrieb durch ein Wasserrad, die 1775 verbessert und 1790 für Dampfantrieb hergerichtet wurde. 

Wie werden unsere Nachfahren über die 300 Jahre Industriezeitalter im nächsten Jahrhundert denken; sollte das fossile Imperium tatsächlich im Sonnenzeitalter untergegangen sein? Was mich seit dem Erscheinen der „Grenzen des Wachstums“ vor 50 Jahren immer wieder auf die Palme bringt, ist das starrsinnige Festhalten der vielen Fossiljunkies an ihren zerstörerischen Gewohnheiten, obwohl es doch so offensichtlich ist, dass man ein Individual- nicht einfach zum Massenverkehrsmittel machen kann. Marxens dialektischer Argumentation folgend, wird das fossile Imperium ebenso wie der Wachstumskapitalismus an seinen eigenen Widersprüchen scheitern. Aber zu welchem Preis? Wir Alten hier in der Runde werden noch entspannt ableben können, unsere Enkel aber werden zu erleiden haben, was Ford 1908 begann, Hitler 1938 fortsetzte und Toyota bis heute auf die Spitze trieb.  

Die Sympathie Fords für Hitler beruhte ja auf Gegenseitigkeit, so dass der seinen Volksgenossen durch Porsche 1938 den KDF- bzw. Volkswagen bescherte. Vom Modell T wurden zwischen 1908 und 1927 15. Mill. verkauft. 1955 rollte der millionste VW-Käfer vom Band, der 1972 zum meistverkauften Auto der Welt wurde. Bis 2019 wurden insgesamt etwa 23 Mill. hergestellt. Der Nachfolger VW-Golf erreichte bisher 35 Mill. Exemplare, Ford brachte es mit seiner F-Serie auf ca. 40 Mill. Stück, Spitzenreiter aber ist Japan mit weltweit rund 48 Mill. verkauften Toyota Carolla. Insgesamt soll es auf der Welt bereits über 1,4 Mrd. PKW geben — und die jährlichen Zulassungsraten steigen nach der kurzen Corona-Delle weiter.

E-Autos werden die Verkehrsmisere nicht lösen; denn dazu bedarf es einer Revision der seit 100 Jahren verfehlten Verkehrspolitik. Dabei halte ich es für widerwärtig perfide, wenn die seit Jahrzehnten bloß den Machtinteressen der Auto- und Energieindustrie folgenden Christen, Liberalen und Sozis in der BRD ausgerechnet den Grünen die Misere vorwerfen, die sie selbst herbeigeführt haben — und dafür auch noch in der Wählergunst steigen. Ich bewundere Habeck dafür, dass er nicht längst hingeschmissen und sich unter die Windräder des Nordes zurückgezogen hat. Sein Vorgänger Altmaier hat den Windpark-Ausbau um fünf Jahre zurückgeworfen und im Süden des Ostens wie des Westens der BRD wird die Errichtung von Windrädern wohl noch weitere Jahre lang verhindert werden. 

IT