Am 11.03.2023 um 10:54 schrieb Ingo Tessmann über PhilWeb <philweb@lists.philo.at>:


Moin Karl, 

wenn ich schwafel habe ich kein Problem damit, darauf hingewiesen zu werden; denn Philosophie sollte mehr sein als ein Meinungsstreit über Pseudokennzeichnungen und anderen Wortaberglauben. 

„Matter and Meaning“ werden bei Barad und Kastner gerade nicht getrennt, Bedeutung ist der Materie bereits inhärent.

Genau dieses hatte ich doch – wenngleich in anderem Ausdruck – geschrieben: „ dass Materie ohne Bedeutung eben keine Bedeutung hat“

Ich schrieb: Ich mokiere mich lediglich über Waldemars Körnchen im Planck-Format, die für ihn „Building-Blocks“ sind, ohne zu bedenken, dass Materie ohne Bedeutung (Matter and Meaning – wie wir das bei R. Kastner erörtert haben) eben keine Bedeutung hat: Aus purer Materie ohne „Bauplan“ entwickelt sich nichts in dieser Lebenswelt; eine Binsenweisheit und einfach nur noch lachhaft, darüber hier zu diskutieren.“




Bei Barad in ihrer „Performanz", bei Kastner im untergründigen „Handshake“. Deshalb hatte ich auf die Arbeit Yang’s hingewiesen, in der er Information im Anschluss an Wirkung definiert, wobei die Wirksamkeit bereits vom ausgiebig schwafelnden Romantiker Oerstedt als der Materie inhärent angenommen wurde. Aber was soll das „Prinzip der kleinsten Wirkung" mit einem „Bauplan“ zu tun haben? Eine Antwort kann auch lachhaft sein.  


Und Thomas - ja danke für den präzisierenden Hinweis bezüglich des „anima forma corporis“! Aquinus hat sich offensichtlich in vielen Teilen seiner Lehre von „Form und Materie“ auf Aristoteles bezogen und dieser hatte nun wirklich nichts mit „theologischem Geschwafel“ zu tun, sondern Form hat sich als philosophischer Terminus im Sinne von Morphe als gestaltgebendes Prinzip etabliert. 

Natürlich geht es dabei um eine der puren Materie entgegenstehende Begrifflichkeit, die sich jedoch wieder im Ganzen als in Form gebrachte Materie z.B. in einer Skulptur darstellt. Nichts anderes kann doch mit der heute üblichen Vorstellung von Materie und Bedeutung („Matter and Meaning“) ausgedrückt sein. In Form gebrachte Materie drückt i.A. etwas „Inneres“ aus, Dinge scheinen beseelt zu sein, wenn sie entsprechend künstlerisch vollendet geformt sind. 

Das sollte doch aber klar aufzeigen, dass ungeformter - im übertragenen Sinne seelenloser - Materie eben keine Bedeutung inherent ist.

Erst Form (Bedeutung, Wesenheit, ein seelenhaft Inneres) in Verbindung mit Materie (potentielle Substanz) stellt ein aktuales Ganzes dar.

Da geht es im Wesentlichen also um die Begrifflichkeit von Seele als einem Innersten, schlichtweg dem üblichen Seelenbegriff und das macht darauf bezogene Diskussionen in diesem Forum so schwer bis unmöglich, weil sofort aus der materialistischen Position heraus reflexhaft wie gleichermaßen kompromisslos dagegen angegangen wird.

Dabei müsste der Seelenbegriff gar nicht im Zusammenhang mit Religion oder sonstigen Jenseitsvorstellungen betrachtet werden, wie ich es soeben zu verdeutlichen suchte.

Letztlich muss jede hier am Forum, gleich ob aktiv oder nur lesend, teilnehmende Person selbst für sich entscheiden, was sie aus den Diskussionen hier für die ureigenste Meinungsbildung ableitet. Allemal lohnt es sich, immer wieder über „Gott und Welt“ nachzudenken, sich mit diesbezüglichen Fragen auseinander zu setzen. Denn es ist doch wirklich erstaunlich, mit welch hohem Aufwand in abertausenden Seiten mehr oder weniger wissenschaftlicher Abhandlungen, in Blogs, in Talksendungen usf. exakt diese Thematik immer wieder aufgenommen und diskutiert wird. Es ist diesbezüglich eben nicht alles „esoterisches Geschwafel“!

Mir jedenfalls zeigt das, dass sich Menschen nach wie vor mit der Frage nach Sinn und Zweck ihres Lebens und darüber hinaus von Welt und Kosmos beschäftigen. Und jede Beschäftigung mit dieser Thematik, resp. jedes Forschen in dieser Richtung führt ein Stück weiter weg von einem dumpfen, überkommenen Animismus, ohne dabei jedoch den Inbegriff dieser „anima“, die Seele als ein Innerstes von Körperlichkeit im Sand geistloser „Planck-Teilchen“ versinken zu lassen.

KJ



PS: it: „Aber was soll das „Prinzip der kleinsten Wirkung" mit einem „Bauplan“ zu tun haben? Eine Antwort kann auch lachhaft sein.“

Diesen Bezug habe ich nicht hergestellt. Soweit ich's grad erinnere, hatte ich Max Tegmark zum Verhältnis Geist/Gehirn in Analogie zu SW/HW zitiert: Leben als informationsverarbeitendes System, wo Information (SW) sowohl Verhalten als auch den Bauplan für die Körperlichkeit (HW) bestimmen.

Und überdies: sind nicht Begriffe wie Schwafeln, Wortaberglauben letztlich auch nur „Pseudokennzeichnungen“?