Liebe Kolleg*innen,
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Mit besten Grüßen
Esther Heinrich-Ramharter
Michael Staudigl
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Jonas Staehelin (ETH Zürich),
Unsichtbarkeit und Sichtbarmachung: Wissenschaft und Okkultismus um 1900
Freitag, 17. Juni 2022, 16:00 - 17:30 Uhr, NIG Hörsaal 3B
Gewappnet mit einem wachsenden Arsenal technischer Apparate öffneten die
Naturwissenschaften im Verlauf des 19. Jahrhunderts den Blick auf eine
unsichtbare Welt ätherischer Vibrationen, elektrischer Entladungen und
magnetischer Kräfte. Doch mit dieser Multiplizierung des Unsichtbaren ging
auch ein Bewusstsein über die zunehmende Unzulänglichkeit unserer Sinne
einher. Auf dem elektromagnetischen Spektrum stellte der Bereich des
Sichtbaren nur einen schmalen Streifen im unendlichen Kosmos ätherischer
Schwingungen dar. Als die moderne Sinnesphysiologie obendrauf noch die
Wahrnehmung zu einem rein subjektiven Akt herunterstufte, der vorerst nichts
mit der objektiven Beschaffenheit der Aussenwelt zu tun hatte, schien die
Welt buchstäblich abhandengekommen zu sein. Anstatt nun diesen Verlust zu
beklagen, sahen viele Okkultisten darin das grosse Versprechen einer neuen
Jenseitserfahrung. Zwar schien die Wissenschaft das Übernatürliche verbannt
zu haben, doch an dessen Stelle trat das Unsichtbare. In diesem Jenseits der
Sinne, gleichsam ein unerschöpfliches Reservoir des Unbekannten, fanden auch
die okkulten Phänomene inmitten der Ströme der Moderne ihre temporäre
bleibe.
Der Okkultismus war in diesem Sinne weder antimodern noch ist er als Form
des «Gegenwissens» zu begreifen. Stattdessen werde ich in meinem Vortrag
ausgehend von der Multiplizierung des Unsichtbaren und den damit
einhergehenden epistemischen Implikationen die Durchlässigkeit zwischen
Okkultismus und wissenschaftlicher Praxis im langen 19. Jahrhundert
untersuchen.
Jonas Staehelin arbeitet an der ETH Zürich an seiner Dissertation Vom
Übernatürlichen zum Übersinnlichen (und zurück): Okkulte und
wissenschaftliche Epistemologien des Unsichtbaren im 19. Jahrhundert. Diese
ist Teil des vom SNF geförderten Projekts Verwissenschaftlichung und
Ästhetisierung der 'Esoterik' im langen 19. Jahrhundert.