Liebe Kolleg_innen,
wir möchten Sie herzlich zur nächsten Veranstaltung der Vortragsreihe
„Phänomenologische Forschungen“ einladen:
VORTRAG
24.10.2024, 18.30–20.00 Uhr, Hörsaal 3D, Institut für Philosophie,
Universitätsstraße 7, A-1010 Wien
Jakub Capek (Prag):
„Phänomenologie der Wahrnehmung und Perspektivenwechsel (mit Merleau-Ponty)“
_Abstract: _
„Es ist eine Frage der Perspektive.“ Dieser Satz kann in einer Vielzahl
von Situationen vorkommen. In der Lebensberatung kann er eine Ermutigung
sein, die Sichtweise auf das eigene Leben zu ändern. In einer
politischen Auseinandersetzung ist er eine Mahnung an den Gegner, dass
seine Annahmen nicht selbstverständlich sind und sicher nicht von allen
geteilt werden. Bei der Begegnung mit einer anderen Kultur ist es eine
Erinnerung an die Relativität unserer eigenen Urteile. Wenn man in der
Philosophie versucht, diese Erfahrungen der Perspektivität zu
verallgemeinern und den Perspektivismus zu verteidigen, stößt man auf
verschiedene Arten von Einwänden. Spätestens seit Nietzsche wird dem
Perspektivismus ein erkenntnistheoretischer Skeptizismus und ein
ethischer Relativismus vorgeworfen. Außerdem stellt sich die Frage, ob
der Perspektivist seine Position verteidigen kann (und ob er nicht einen
Widerspruch ähnlich dem Paradox des Lügners begeht).
In meiner Überlegung zur „Frage der Perspektive“ werde ich von einer
Analyse der Wahrnehmung ausgehen und dabei auf Merleau-Ponty
zurückgreifen. Wir nehmen Dinge und Ereignisse immer aus einem
bestimmten Blickwinkel und vor einem bestimmten Hintergrund wahr, die
jedoch verändert werden können. Die Perspektive ist – im Laufe unserer
Erfahrung – nicht ihr Thema. Aber sie kann zu einem werden, etwa in den
oben genannten Situationen. Die Frage ist also, wie man sich der eigenen
Perspektive bewusst wird und welche Konsequenzen dies hat. Der
Gegenstand meiner Überlegungen ist also der Unterschied zwischen der
Perspektivität der Erfahrung und der Erfahrung der Perspektivität. Das
letztere weist auf die Möglichkeit eines Perspektivenwechsels.
Mit besten Grüßen,
Michael Staudigl, Gerhard Unterthurner
https://phaenomenologie.univie.ac.at/forschung/vorlesungsreihe-phaenomenolo…