Dein jüngster Hinweis, Ingo, auf meinen Bezug zu Karen Barad (erstmals 2015) zeigt auf meine zwiespältige Einstellung zu ihr. Wie ich schon zuletzt erwähnte, habe ich mich nun wiederum mit ihrem Hauptwerk „meeting the universe halfway“ beschäftigt und zudem aktuelle Publikationen (Interviews etc.) durchgesehen. Es bleibt bei meinem Zwiespalt: Einerseits großes Einvernehmen mit ihren Aussagen zu Verschränkung, dessen Prinzip sie auf die naturwissenschaftliche Praxis projiziert und damit die Verschränkung von Ontologie und Epistemologie (eben auch als interdisziplinäres Forschen der bislang getrennten Wissenschaftszweige) fordert. So liegt es nahe, dass sie mit ihrem „Agential Realism“ eine Gegenposition zu rein konstruktivistischen wie relativistischen Modellen einnehmen will, die sie grundsätzlich ablehnt (wie ich zutiefst ebenso); Vielmehr lebenspraktischen (brückenschlagenden) Bezug haben für mich ihre Darlegungen der ontologischen und erkenntnistheoretischen Implikationen von Niels Bohrs Quantenexperimenten.
Irritierend wirken auf mich ihre für meine Begriffe bisweilen radikalen Hinwendungen zu einem Feminismus (in Anlehnung an Donna Haraways „Queerness“), mitsamt einem (offensichtlich bewusst gewählten) äußeren Erscheinungsbild, die meinem idealistischem Frauenbild entgegenstehen.
Es wäre töricht, auch nur ein einziges Argument dem allzu sehr berechtigten Anliegen resp. Anspruch, die bislang vorherrschenden patriarchalischen Paradigmen zu überwinden, entgegen zu stellen; dennoch erscheinen mir manche Methoden und Ausdrucksformen des radikalen Feminismus nicht weniger abstoßend, als es die weltweit immer noch vorherrschenden patriarchalen Strukturen sind.
„Wovor haben iranische Mullahs Angst?“ war eine in der faz gestellte Frage, mit der hoffnungsvollen Antwort: „vor wütenden Mädchen“. Damit ist einiges zu diesem Thema gesagt und wer wollte diesen „wütenden Mädchen“ nicht den (durchschlagenden) Erfolg ihrer höchst mutigen Aktionen wünschen; ein Anfang ist gemacht.
Mit Barad kann man nur hoffen, dass vor allem auch die technisch-wissenschaftlichen Innovationen genutzt werden, um einen Paradigmenwechsel im genannten Sinne herbeizuführen.
Bester Gruß! - Karl
Zeitenwende. Mit diesem Wort wurde als Antwort auf den Ukraine-Überfall
sogleich und tatsächlich ein epochaler Wechsel in der geopolitischen
Beziehung zu einem Regime proklamiert, dem man sich über die letzten
Jahrzehnte vertrauensvoll, aber doch (wie es nun offenkundig wurde) naiv
angenähert hatte. Nahezu ungläubig, aber auch mit gewisser Zustimmung
folgte man den wohlgesetzten Worten, mit denen eine für dieses Land
nicht mehr vorstellbare militärische Aufrüstung zu dessen Schutz
angekündigt wurden.
Beide eingetretene Situationen, Putins Aggression und Drohung mit
Atomwaffen wie auch die verkündete Zeitenwende erschienen mir wie ein
Albtraum, aus dem man möglichst schnell erwachen will. Doch er endet
nicht und nach Wochen dieses Horrors wird spätestens klar, dass Putins
Traum von einem Großrussland, den er sich mit Hitlers Blitzkrieg-Methode
erfüllen wollte, ebenso nicht enden will und niemals seinem Wunsch gemäß
enden kann.
Ein anderer Traum jedoch wird für ihn ergötzlich enden, nämlich der
Eintrag in die Geschichtsbücher mit einem Platz neben genau jenem,
dessen Geist er zu bekämpfen vorgibt. Brüder im Geiste, posthum -
versteht sich, hingegen lebende Brüder in seiner Nachbarschaft
abgeschlachtet werden.
Das ist meine Sicht auf diese Dinge und ich liege insoweit falsch, als
ich (dem gescholtenen Westen zugehörig) aus Sicht des großen Führers der
stolzen russischen Nation nicht in der Lage sein soll, dessen Anliegen
zu verstehen.
So bleibt mir nur im Einklang mit Ingos zuletzt beschriebener
Gefühlslage, diese erdrückend-lähmende Stimmungslage zu überwinden, die
es mir unmöglich machte, dieses unglaublich schreckliche Geschehen
gedanklich zu verarbeiten, geschweige denn darüber zu schreiben.
Letzteres erübrigt sich ohnehin, denn es wird ja alles dazu Erdenkliche
bereits geschrieben, jede Spekulation, jede Gewalttat publiziert;
unglücklich nur, dass es jenen, die darüber informiert sein sollten,
gewaltsam vorenthalten wird.
Doch auch hier gilt (wie für das China-Virus). „die Sonne bringt es an
den Tag“.
Waldemars Furor gegen Ideologien kommt mir in den Sinn. Das Ideal, als
Urbild aller Ideologien, hat wieder seine große Zeit. Und es war die
Zeit, über die ich eigentlich hier schreiben wollte. Doch es fanden sich
(wie gesagt) weder Gedanken, noch Worte, so bleibt nur die Musik - sie
heilt wie die Zeit alle Wunden. So hörte auch ich (in Anlehnung an Ingos
erwähnten traurigen Song "Morning Dew“ von Bonnie Dobson) immer wieder
„Brothers in Arms“; Mark Knopflers Lied, das mir in Joan Baez‘
Interpretation zutiefst nahe kommt und ich dabei nicht verstehen kann,
warum dieses Bekenntnis „We're fools to make war - On our brothers in
arms“ sich immer noch nicht in die Herzen der Menschen eingebrannt hat.
Tröstlich dabei mag sein: Kein menschliches Tun und Erleben hat Bestand.
Vorübergehend sind Unglück wie auch das Glück, letzteres als ein Moment
des Kairos, den es beizeiten zu erfassen und zu schätzen gilt, verweilt
er doch jeweils ungleich kürzer wie jener der Trauer.
Nichts ist für die Ewigkeit, dennoch bleibt die Ungewissheit bezüglich
der Frage von Ewiger Wiederkehr: Geboren werden und sterben, abbrechen
und aufbauen, weinen und lachen, verlieren und finden, schweigen und
reden, lieben und hassen. Man muss nicht biblische Zitate bemühen, um
diese Tatsache für sich persönlich zu erkennen. Dennoch vermittelt es
Trost wie auch Optimismus zu sehen, was zu allen Zeiten bisher gegolten
hat: die Zeit heilt alle Wunden.
Aber was ist Zeit, was ist ihr Wesen, wie wird sie zum Heiler?
Nun wie gesagt, darüber wollte ich hier im Forum schreiben, das
allerdings unter einem gänzlich „anderen Stern“, derzeit stehen die
Sterne schlecht und man möchte Astrologen fragen, wann sich diese
Unglückskonstellation wieder auflöst. Womöglich erhält man darauf
ähnlich verschiedene Antworten, wie auf die Frage nach dem Wesen der
Zeit, die gleichwohl besser an Astronomen und Kosmologen gerichtet ist.
Stellt man sich diese Frage zunächst selbst, könnte es passieren, dass
man tatsächlich der diesbezüglichen Schilderung des Kirchenvaters
Augustin beipflichten muss, wonach er sicher zu wissen glaubt, was Zeit
sei, jedoch dieses Wissen nicht zu erklären vermag, wenn er danach
gefragt wird.
Dieser so oft zitierte Passus aus Augustins Bekenntnissen zeigt m.E.
deutlich, dass Zeit hinsichtlich ihrer subjektiven Wahrnehmung als eine
Einheit empfunden und somit als fundamentale Größe angenommen wird. Bei
objektiver, insbesondere naturwissenschaftlicher Betrachtung jedoch
zeigt sich, dass Zeit keine elementare, wenngleich jedoch eine
bedeutende Größe ist. Bedeutsam vor allem hinsichtlich dem Phänomen der
Raumzeit.
Damit komme ich zu Waldemars Anregung: „hier mal ein script "raum+zeit"
zum stöbern ...
http://www.mathphys.uni-freiburg.de/physik/filk/public_html/Skripte/Texte/R…
Ich habe es (hunderte Seiten) kursiv durchgesehen und mir dabei
gewünscht, zu meinen Studienzeiten eine derart fundierte
Zusammenstellung zum Thema Raumzeit in dieser Form verfügbar gehabt zu
haben. Daher sollte ich mich wirklich fragen, warum ich hier über Zeit
resp. Raumzeit schreiben will, wo doch zu diesem Thema (neben o.a.
Schrift) bisher abertausende Abhandlungen verfasst, Erklärungen und
Definitionen postuliert wurden und diverse Theorien entwickelt sind.
Womöglich ist es aber diese nahezu unübersehbare Vielfalt, die zwar
immer wieder Anreiz ist, sich mit diesbezüglich unterschiedlichsten
Denkansätzen zu beschäftigen, jedoch durch die Fülle verschiedenster
Denkansätze dem Wunsch nach einer im gewissen Sinn hinreichend
abgeschlossenen und damit befriedigenden Erklärung des Phänomens Zeit
entgegensteht.
Über Zeit zu schreiben könnte demnach dadurch motiviert sein, zunächst
sich selbst noch einmal klar zu werden über diesen Begriff in seiner
ganzen Ambivalenz, um vor allem die im Alltagsdenken und damit auch in
den eigenen Denkmustern diesbezüglich verankerten Vorstellungen zu
hinterfragen und ggf. zu korrigieren. Diese Korrektur gelingt
vornehmlich im Dialog resp. in der Diskussion.
Im einfachsten - der Lebenspraxis sicherlich sehr nahe kommendem - Fall,
könnte man sich auf Einsteins Antwort auf die Frage an ihn, was denn
Zeit sei einigen: „Zeit ist, was ich auf der Uhr ablese“.
Nun denn – wer wollte dem Genie widersprechen!?
Beste Grüße! - Karl
„Gerade Linien sind gottlos“ (Hundertwasser). Ziemlich verwegen, dieser Anspruch an das Ungerade und dennoch verweist er auf die Ästhetik des Unvollkommenen oder eher auf diesen unerklärlichen Reiz, den fragmentarisch - als unvollständig - dargestellte Formen ausüben. Sie lassen Raum für subjektive Ergänzung durch den Betrachtenden. Dieser Anreiz liegt wohl auch der Dissonanz in der Musik, dem Ungleichen in Gemälden zugrunde. Es ist womöglich der Grenzbereich zwischen Unvollkommenkeit und Vollkommenheit, der infolge einer jeweils unvermeidlich subjektiven Wahrnehmung einer Gegenständlichkeit fließend sein muss. Kann es überhaupt Vollkommenheit im Sinne objektiver Gültigkeit geben?
Wir hatten hier vor einiger Zeit Michelangelos Deckengemälde (Figuren aus dem ersten Buch Mose zur Schöpfungsgeschichte) von der Erschaffung Adams thematisiert. Während ich darin die geniale Metaphorik der Menschwerdung sehe (als biologisch wissenschaftlich gesicherte Erkenntnis dem Übergang vom Primaten zum Homo Sapiens vermittels Punktmutation als Voraussetzung zur Vermehrung von Stammzellen durch das Gen ARHGAP11B, was zur entscheidenden Vergrößerung des menschlichen Gehirns führte), hatte Waldemar mit einiger Ironie die Unvollkommenheit dieses Fresko kritisiert. Zwei Menschen schauen auf eine Sache (Joseph!) und kommen zu völlig unterschiedlicher Wertung, quasi als Inbegriff von Unvollständigkeit resp. Inkonsistenz oder auch schlichtweg Widersprüchlichkeit im Sinne der zuletzt hier erwähnten Goedelschen Theoreme.
Goedels Theoreme als Grundsätze von allgemeiner Geltung zeigen quasi rekursiv den Grund auf, warum keine Theorie die Prämisse(n) ihrer Gültigkeit ausdrücklich enthalten resp. formal vollkommen darstellen und begründen können; vornehmlich deshalb, da innerhalb jeder vorgelegten Theorie Fragen aufgeworfen werden können, die in deren gegebenem Erfahrungskontext nicht zu beantworten sind.Das gilt nicht nur für wissenschaftliche Theorien, sondern offensichtlich auch für sonstige (insbes. metaphysische resp. mythologische) Annahmen.
Als( weihnachtlich aktuelles) Beispiel die Annahme göttlicher Unsterblichkeit bei konkomitierender Botschaft von der Geburt des Gottessohns und dem Narrativ, dass dieser als Unsterblicher in irdisches Leben eintritt, um - wie alle hier Sterblichen - dieses dennoch unweigerlich zu verlieren. Ohne theologisch konstruierten Kontext bleibt diese Erzählung unvollständig, sie bleibt schlicht offen.
Eine nachweihnachtliche Geschichte also, die zum Nachdenken anregen könnte.
Bester Gruß in die Runde! - Karl
Ratfrag bringt hier mit dem Hinweis auf den diesjährig zu vergebenden Gödel-Preis das Thema Unvollständigkeit auf und es scheint mir sehr angebracht, generell darüber nachzudenken; dieses ohne akribischen Bezug auf die mathematischen Beweise der Gödelschen Unvollständigkeitstheoreme, sondern eher allgemein bezogen auf unsere Lebenswelt, wie diese sich uns als Öko- aber auch als Gesellschaftssystem darstellt.
Geht man von der Definition des ersten Gödelschen Satzes aus, wonach „jedes hinreichend mächtige, rekursiv aufzählbare formale System entweder widersprüchlich oder unvollständig“ ist, erhebt sich im Kontext der Aufgaben-Beschreibung zum diesjährigen Gödel-Preis (siehe da) die Frage nach der Unterscheidbarkeit von Mikro- und Makrosystemen.
Dabei gehe ich davon aus, dass es keiner Unterscheidung zwischen Mikro- und Makrowelt als zwei Systeme bedarf, da Mikrosysteme Konstituenten von Makrosystemen darstellen (sic parvis magna). Es geht m.E. also eher um Skalierung entweder auf Mikro- oder Makrowelt. Und während sich in ersterer ein Quantensystem im Zustand der Superposition (Kohärenz) befindet ist es gemäß Heisenbergscher Unschärfe und im Sinne von Schrödingers Katze widersprüchlich aber keinesfalls unvollständig, sondern birgt potentielle Vollständigkeit.
Erst nach (in klassisch physikalischem Umfeld unvermeidlicher) Dekohärenz ergibt sich nach der Gesetzmäßigkeit des „Quanten-Darwinismus“ die gleichermaßen unabdingbare Unvollständigkeit.
Gegen dieses Naturprinzip komme alle Idealismen dieser Welt nicht an. Aus gutem Grunde: Denn würde alle Dekohärenz in Vollständigkeit resp. in absolute Optimierung münden, wäre diese Lebenswelt per se eine tote und somit keine Welt.
Bester Gruß in die Runde mit den besten Wünschen für ein gutes, friedvolles und vor allem gesundes Neues Jahr!
Karl
Ratfrag bringt hier mit dem Hinweis auf den diesjährig zu vergebenden Gödel-Preis das Thema Unvollständigkeit auf und es scheint mir sehr angebracht, generell darüber nachzudenken; dieses ohne akribischen Bezug auf die mathematischen Beweise der Gödelschen Unvollständigkeitstheoreme, sondern eher allgemein bezogen auf unsere Lebenswelt, wie diese sich uns als Öko- aber auch als Gesellschaftssystem darstellt.
Geht man von der Definition des ersten Gödelschen Satzes aus, wonach „jedes hinreichend mächtige, rekursiv aufzählbare formale System entweder widersprüchlich oder unvollständig“ ist, erhebt sich im Kontext der Aufgaben-Beschreibung zum diesjährigen Gödel-Preis (siehe da) die Frage nach der Unterscheidbarkeit von Mikro- und Makrosystemen.
Dabei gehe ich davon aus, dass es keiner Unterscheidung zwischen Mikro- und Makrowelt als zwei Systeme bedarf, da Mikrosysteme Konstituenten von Mikrosystemen darstellen (sic parvis magna). Es geht m.E. also eher um Skalierung entweder auf Mikro- oder Makrowelt. Und während sich in ersterer ein Quantensystem im Zustand der Superposition (Kohärenz) befindet ist es gemäß Heisenbergscher Unschärfe und im Sinne von Schrödingers Katze widersprüchlich aber keinesfalls unvollständig, sondern birgt potentielle Vollständigkeit.
Erst nach (in klassisch physikalischem Umfeld unvermeidlicher) Dekohärenz ergibt sich nach der Gesetzmäßigkeit des „Quanten-Darwinismus“ die gleichermaßen unabdingbare Unvollständigkeit.
Gegen dieses Naturprinzip komme alle Idealismen dieser Welt nicht an. Aus gutem Grunde: Denn würde alle Dekohärenz in Vollständigkeit resp. in absolute Optimierung münden, wäre diese Lebenswelt per se eine tote und somit keine Welt.
Bester Gruß in die Runde mit den besten Wünschen für ein gutes, friedvolles und vor allem gesundes Neues Jahr!
Karl
Liebe Liste,
es gibt im Jahre 2023 wiedermal einen Kurt Gödel-Preis des
Kurt-Gödel-Freundeskreises Berlin. Diesmal geht es um das Thema
"Spielt Unvollständigkeit in Gödels Sinn eine Rolle für das Verhältnis
von Mikro- und Makrophysik, und wenn ja, welche Konsequenzen hätte
dies?"
Zu finden unter folgenden Link: https://kurtgoedel.de
Vielleicht interessiert es ja den ein oder anderen.
Sonst wünsche ich Frohe Weihnacht und einen guten Rutsch,
Der, wie immer, Ratlose.
It: "ja, beide Richtungen der Einflussnahme und ihre Überlagerungen kommen vor; aber warum werden die Androhungen von Eingriffen der Unternehmen in die Wirtschaft nicht als „Nötigungen“ eingestuft? Und warum dürfen immer wieder die Lobbyisten des fossilen Imperiums die Regeln zum Klimaschutz vorgeben? Selbstredend teile ich Neubauers Empörung darüber, wie sie sie bspw. auf dem Grünen-Parteitag ihren Mitstreitenden vortrug:
„Was ich nicht verstehe, ist, dass man in entscheidenden Stellen immer und immer und immer wieder die Falschen die Regeln machen lässt. Vor 30 Jahren, vor 30 Jahren hat meine Großmutter eine Solaranlage auf ihrem Dach installiert, da lag was in der Luft, Energiewende von unten — ihr kennt das alles. 30 Jahre später, Anfang der 2020er wurde in Sachsen ein einziges Windrad aufgestellt und Deutschlands Energiesicherheit lag in den Händen eines kriegstreibenden Autokraten. Was ist die Botschaft aus diesen 30 Jahren? Solange fossile Kräfte und fossile Konzerne die Regeln für die Energiewende machen, wird es keine Energiewende geben, die den Namen verdient.“ "
Was ich nicht verstehe ist, warum nun Rot-Grün, solchermaßen an den Hebeln der Macht seiend, eben diese früher von den „Falschen“ gemachten Regeln nicht sogleich ändert. Und Neubauers Großmutter zählte wohl schon vor 30 Jahren zu den Großverdienern, eine Kleinigkeit also, sich eine PVA auf's Dach installieren zu lassen. Ich habe die erste PVA vor ca. 20 Jahren zu horrenden Kosten auf unser Hausdach installieren lassen und das eben nicht wegen der damit einzusparenden Stromkosten, sondern exakt als Zeichen für private Initiative zum Umweltschutz. Du trittst bei mir offene Türen ein!
Jetzt reden wir von Bürgern, die es sich offenbar leisten können, in mehr umweltgerechtes Wohnen etc. zu investieren. Von diesem Niveau aus kann man leicht fordern, doch derartige Investitionen können vom Löwenanteil dieser Gesellschaft schlichtweg nicht geleistet werden. Zu leisten sind jedoch viele kleine Schritte in Richtung Umweltschutz, was es konkret zu bewerben gilt (etwa in Anlehnung an die von mir erwähnten TV-Spots zum 7. Sinn, diesmal eben beispielgebend für umweltgerechtes Verhalten). Damit wäre definitiv mehr gewonnen, als mit diesen Klebeaktionen, mit denen man den Großteil der Bevölkerung eher gegen die Sache des Umweltschutzes aufbringt als sie dafür zu gewinnen.
Was mich an dieser ganzen Debatte extrem stört, ist die Doppelzüngigkeit der Protagonisten! Nicht mehr – nicht weniger. Wenn ich als Großstädter schlichtweg kein Auto benötige, zudem es eh keinen Parkplatz dafür gibt, kann ich mich gut über Mitbürger aufregen, die abends wie morgens an meiner Stadtwohnung vorbei mit dem Auto zur Arbeit bzw. zur Erledigung sonstiger Termine fahren. Solange der ÖPNV nicht für eine wesentlich höhere Auslastung ausgebaut sein wird, ist nicht mit einer Veränderung dieser misslichen Verhältnisse zu rechnen. Und so weiter und so fort … Das naiv schmollende Ankleben auf Fahrbahnen bringt hier keine Abhilfe; man könnte auch sagen, ideologische Träumereien führen nicht weiter, sondern das Erstellen von tragfähigen Konzepten. Letzteres ist Aufgabe von interdisziplinär aufgestellten Expertenteams, die es mittlerweile längst in den Baureferaten der meisten Städte gibt. Doch es bleibt dabei: das von mir benannte Beispiel der nicht spontan umsteuerbaren Ozeandampfer trägt auch hier im kommunalen Bereich. Es sind nicht nur reaktionäre Unionswähler, die dann Protest erheben, wenn in ihrem Stadtviertel massive Umbaumaßnahmen geplant und umgesetzt werden. Da ist viel Heuchelei dabei, ob Du das hören willst oder nicht. Hier konnte man das deutlich am Beispiel des Brenner-Nordzulaufs sehen. Güter auf die Schiene ja, natürlich – aber nicht an unserem Or, nicht an meinem Grundstück vorbei!
Erstaunlich für mich bleibt, wie Du auf die Idee kommen kannst, ich würde einem ungehemmten Wachstum von Wirtschaft und sonstigen gesellschaftlichen Strukturen das Wort reden. Ich habe lediglich Aversionen gegen einen realitätsfremden Idealismus. So würde ich Dich gerne fragen, ob Du derzeit fröstelnd, am Ende gar frierend in Haus oder Wohnung sitzt oder doch eine Heizung betreibst. Könnte es sein, dass diese Heizenergie auf fossiler Energie basiert? Was würde Dir dazu einfallen, wenn sog. Klimaaktivisten es bewirken würden, diese Energiequelle sofort abzustellen? Stop Fossile - at once!!
Du hast wohl Geld genug, um Dich in ein wohl gewärmtes Hotel einzumieten, nicht aber Menschen, die in Hamburgs „wrong site of the City“ wohnen.
Warum sollte ich gegen Paechs Lehre einer vernünftigen Wachstumsökonomie sein? Ich hatte hier doch geschrieben, dass meine Diplomarbeit zum Thema der Technikfolgeabschätzung angelegt war und darin war damals schon Recycling ein zentraler Bestandteil dieser Arbeit. Es geht also um sinnvollen (nicht nur) technologischen Kreislauf, anstatt eines aberwitzigen Wachstums. Auch hier trittst Du offene Türen bei mir ein!
Ich schieb zuletzt: Deutschland ist schlichtweg Industrieland und demnach auf eine funktionierende, darauf ausgerichtete Wirtschaft angewiesen. Das vergessen diese Klebetypen gerne; wobei es mir auch scheint, sie kämen allesamt aus gut situierten Verhältnissen, ein Jammern auf fragwürdigem Niveau! Könnte es sein, dass sie den Verlust dieser Privilegien fürchten, wenn das schöne Wohlfahrts-Deutschland durch klimatische Veränderung einigen Luxus verlieren würde.
It: "Diese Unterstellungen sind unter Deinem Niveau und wohl Deines generellen Unmuts geschuldet."
Aus Deiner Sicht mag es Unterstellung sein und für einige Fälle wird das auch zutreffen. Ist man ehrlich gegen sich selbst, wird man nicht wenige Fälle von Heuchelei und Doppelmoral auf diesem Gebiet erlebt haben und bei genauem Hinsehen täglich erkennen. Damit meine ich nicht vornehmlich die Kleber, sondern die von mir erwähnten SUV-Grünlinge. Was die Klebeaktionen angelangt, bleibe ich dabei: es handelt sich um Aktionen, die mehr Unmut als Zustimmung befördern und damit erachte ich sie als sinnlos bzw, kontraproduktiv. Damit habe ich hier keinen dieser Aktivisten persönlich diskreditiert, sondern äußere meine Meinung genau auf jener gesetzlichen Grundlage, auf die sich diese Protestaktionen stützen.
Bester Gruß! - Karl
Applications are now open for the Lugano Summer School *Reality +*!
In June 2023, together with Magdalena Balcerak Jackson, David Chalmers
and Nathan
Wildman, we will discuss the philosophical import of *Augmented and Virtual
Reality* and how such emerging technologies impact debates in metaphysics,
epistemology, philosophy of perception and philosophy of mind. During the
summer school, there will be morning and afternoon sessions, social
activities, as well as an experience in virtual reality.
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https://www.usi.ch/en/reality
*Instructors:*
Magdalena Balcerak Jackson
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Hosted by: the Institute of Philosophy (ISFI) at *Università della Svizzera
italiana* (USI), Lugano, Switzerland.
Dates: *from* *June 9 to June 13, 2023*.
Deadline for applications: *February 15, 2023*.
Participants: the Summer School is open to both graduate students and early
career researchers.
For any queries, do not hesitate to contact the organizers at
reality.summerschool(a)usi.ch
Moin Ingo,
so sehr wir in Fragen gesellschaftspolitischer Themen auseinander driften, so erstaunlich die bisweilen aufscheinende Kongruenz in der Sicht auf naturwissenschaftliche Zusammenhänge; wenngleich diese Sichten aus definitiv unterschiedlicher Perspektive darauf gerichtet sind. Während ich immer auch von der metaphysischen (wenn nicht sogar religiös geprägten) Sichtweise her Naturwissenschaft reflektiere, fehlt Dir dieser Zugang total. Wo ist das Problem dabei? Es sollte keines geben, denn letztlich kommt es auf das Zielbild an und dieses ist m.E. aus mehreren Sichtwinkeln auszumachen.
it: „Ja eben, warum dann so häufig die qualitativ beschränkte Sicht auf die Welten ohne Verweis auf nachvollziehbare Homologien? Dem philosophischen Streben nach dem kritisch-reflektierten Zusammendenken mehrerer ernst zu nehmender Theorien scheint mir nach den Forschenden aus der Physik (… de Broglie, Madelung, Wheeler/Feynman, Bohm, Bell, Nelson, Cramer, H.P. und D. Dürr, Kastner, Barad) neben Lorenzen natürlich gleichsam als Gegenpol auch Gabriel geeignet mit seinen „Sinnfeldern“. Sein Buch „Sinn und Existenz“ von 2016 habe ich bisher aber nur überflogen.“
Wenn Du hier Markus Gabriel und seine „Sinnfelder“ ins Spiel bringst, führt das geradewegs zurück auf meinen hier schon oft beschriebenen Bezug auf Informationsfelder.
Information, dieser Begriff hat Dich – soweit von mir hier beschrieben – stets irritiert und zu deutlicher Ablehnung provoziert. Wir sprechen hier aber nicht von Information als kommunikationstechnisches Verfahren im Shannon'schen Sinne, sondern als Träger von Bedeutungsinhalt. Im Kontext von Philosophie etwa Bedeutungsinhalt einer Aussage und wenn etwas Bedeutung hat, dann hat es einen Sinn, der einen spezifisch semantischen Bezug aufweist. Natürlich ist Information in diesem Zusammenhang nicht der Bedeutung vorgängig, sie ist schlicht nur Träger. Was anderes als ein Informationsträger könnte die de Broglie Welle sein, die als Führungswelle den Verlauf eines (Sinn-)Feldes bestimmt. Bevor man jedoch von Sinnfeldern spricht, resp. wie diese Felder Gegenständlichkeit zur Erscheinung bringen, ist die Frage zu klären, was denn einer Führungswelle Information sprich Bedeutungsinhalt aufprägt bzw. einprägt. Man denkt an Aristoteles „Stoff und Bedeutung“, hier schon unter der Begrifflichkeit von „Matter and Meaning“ (Barad) beschrieben.
Gabriel gekennzeichnet die Regeln, nach welchen Sinnfelder (als gegenständliche Erscheinungsform) definiert werden, als Sinn und setzt sich damit von der herkömmlichen Beschreibung von Gegenstandsbereichen ab. Das erscheint mir als durchaus sinnvoller Denkansatz, denn er löst sich damit von einer vagen Sinnzuschreibung in metaphysischen Kategorien ab. Das entspricht einer durch und durch realistischen Ontologie zu der man in dieser Terminologie einen lebenspraktischen Bezug ohne (diesbezüglich unnötige metaphysische Mutmassungen) herstellen kann.
Natürlich wird dabei die eigentliche Intention Gabriels deutlich, indem er sich mit dieser positivistischen Ontologie von einer monistisch geprägten Metaphysik absetzen will. Das steht im Gegensatz zu C.F.v. Weizsäckers Bild vom Einen als einem quasi totalitären Welt- resp. Gottesbild. Ich denke, dass sich dieser Gegensatz bei tieferem Nachdenken über diese Zusammenhänge auflöst. Warum sollte das „EINE“ kein Sinnfeld resp. Informationsfeld sein? Für Dich sogleich Provokation denke ich, wie eben für alle Atheisten, sobald etwas auch nur irgendwie nach Göttlichem aufscheint. Denkt man an Bonhoeffer und seinen Ausspruch: „Den Gott, den es gibt, den gibt es nicht“, so sollte klar werden, dass Menschen sich besser an das erste Gebot des Dekalogs halten sollten. Damit also schnell wieder hin zu Naturwissenschaft und weg von verkappter Ontotheologie (wie das Gabriel so nennt) und nichts anderes bedeutet, als eine Verbindung von Metaphysik mit einer Ontologie, in Art einer Bedeutungs- resp. Sinndefinition. Letzteres würde uns hier (wie es sich all die Jahre hier gezeigt hat) nicht weiterbringen, wohin auch?
Gabriels Standardthema „Warum es die Welt nicht gibt“ verneint die Annahme der Welt als ein Ganzes, da sie (an die Philosophie Kants angelehnt) schlichtweg kein Gegenstand der Erkenntnis, vielmehr nur ein möglicher Erfahrungsraum sei, quasi ein Sinnfeld möglicher Erfahrung darstellt.
Mein Verhältnis zu Gabriel ist von Anfang an gespalten, einerseits, weil er mir als ein „loose talking Youngster“ vorkam, andererseits er mir mit seinem Denkansatz von Sinnfeldern Hoffnung gab, ideologiebehaftete Weltsichten zu überkommen. Natürlich widerstrebt mir seine radikale Abwendung von jeglicher Mythologie, alleine schon deshalb, weil auch er – wie alle vor ihm - nicht im Stande sein wird, das Geheimnis eines Göttlichen, oder eben die Mythologie des EINEN zu begreifen und damit auch nicht diese Hintergründe zu beschreiben. Die plumpe Aussage seines positivistischen Realismus, wonach es kein die Welt Umfassendes, keinen Gott, kein Grundprinzip etc. gibt, ist für mich nichts anderes, als eine (natürlich) zulässige These, nicht mehr – nicht weniger. Hossenfelder hat hierzu eine klare Aussage, die in etwa der des Waldemar entspricht: Es kann Gott geben oder eben auch nicht – Punkt! Ersterer hat den konjunktiven, letztere den disjunktiven Ansatz.
So bleibt mein gespaltenes Verhältnis zu seiner „Sinnfeldontologie“, die als solches nicht mit einer an Modallogik aufsetzenden Metaphysik vereinbar ist. Metaphysik befasst sich für mich nach wie vor mit den Phänomenen hinter der Physik und entzieht sich eigentlich jedem sprachlichen Zugang. Im Kern kann man Metaphysik nur (an)denken und erspüren, damit allenfalls in Bildern und Lyrik darstellbar.
Die damit in Verbindung stehende Metaphysik möglicher Welten (Himmel und Höllen, Nirvana, ewige Jagdgründe etc..) scheint der naturwissenschaftlich angelegten Theorie der vielen Welten (Everett) nahe zu stehen. Gabriel spricht diesbezüglich von unendlich vielen Sinnfeldern und ich denke, was anderes als eben derartige Sinnfelder sollten „viele Welten“ sein, die aber abstrakte und eben keine konkret existierenden Universen sind.
Das uns tragende, konkrete Universum, unsere Lebenswelt entspricht im Sinne des Aristoteles einer Welt, auf der wir uns aktual befinden und dieses im Umfeld von unzähligen davon kausal abgetrennten anderen (möglichen) Welten.
Trotz aller angenommenen Plausibilität derartiger Denkmodelle bleibt das Thema spekulativ und bietet Raum für beliebige Interpretationen; seien sie aus der Mikroebene der QM oder aus klassischen Denkmodellen her abgeleitet.
Interessant im Zusammenhang dieses Threads „Zufall und Notwendigkeit“ sind Gabriels Aussagen zum „Leitsinn“ des Sinnfeldes einer Gegenständlichkeit, bzw. deren Anordnungsregel. Der Leitsinn ist das Strukturprinzip als Verbindungsglied zwischen Gegenstand und Sinnfeld, in dem dieser erscheinen kann. Hier kommt Notwendigkeit und Kontingenz ins Spiel, wonach Eigenschaften als dem Sinnfeld innewohnende Relationen zwischen real existierenden Gegenständen zu sehen sind; Eigenschaften, die gemäß Notwendigkeit eben genau so oder - durch Kontingenz modal variiert - auch anders sein können. Für mich ist bei diesem Denkmodell die Vorstellung einer feldimmanenten Relation zwischen Gegenständlichkeiten das entscheidende Faktum und ist – trotz aller vehementen Absage Gabriels an Metaphysik – eben genau mit dieser (im weiteren Sinne) verknüpft bzw. durch diese ausgedrückt. Denn was anderes als der Begriff von Verschränkung könnte zur Erklärung benannter feldimmanenter Verbindung disparater Sinnfelder, in denen Gegenständlichkeit aufscheint, dienen? Wenn man (wie ich) Verschränkung jedoch als konkret quantenmechanisches Phänomen annimmt, entledigt man sich geflissentlich jeglicher Metaphysik.
Bester Gruß! - Karl