Hallo Liste,
vor einiger Zeit, am 12.07.2018 wurde über die Liste der Beitrag "Die zwei
Seiten der Aufklärung" verteilt. Er ist heute noch unter diesen Link
<https://lists.philo.at/hyperkitty/list/philweb@lists.philo.at/message/QSXD2…>
einsehbar.
Manche Leute haben mich darin für manche unglückliche Formulierung
geschollten, etwa den Versuch, den Begriff "Analyse" durch "Auflösung oder
Zersetzung" erklären zu wollen, was wohl unglückliche Konotationen hatten,
die ich schlicht nicht bedachte.
Mir ist aufgefallen, dass das Theme, welches ich hier behandelte,
näherungsweise auch durch seriöse Autoren behandelt wurde, nämlich unter
dem Titel "Kant and Hume on Morality
<https://plato.stanford.edu/entries/kant-hume-morality/>".
Ich zitiere aus dem Artikel direkt die Stelle, die mich persönlich am
meisten interessiert:
*"Hume offers three main arguments for this claim in *A Treatise of Human
Nature
*. (...)According to the first argument, 'reason alone can never be a
motive to any action of the will' (T 2.3.3.1). Abstract (or demonstrative)
reasoning, [...], cannot influence the will, but only assist us in our
pursuit of an end we already have. (...)A second argument, which builds on
the first, aims to show that reason 'can never oppose passion in the
direction of the will' (T 2.3.3.1). The only thing that can oppose an
impulse to action generated by one passion is a contrary impulse. (...)The
third argument claims that a passion is an 'original existence', not an
idea, or a mental copy of another object. Contradiction to truth and reason
'consists in the disagreement of ideas, consider’d as copies, with those
objects, which they represent' (T 2.3.3.5). Therefore, a passion cannot be
contrary to truth and reason."*
Hume offeriert uns also drei Argumente, wieso Moral von unsere moralischen
Empfindungen und nicht von unserer Vernunft her rührt:
1. Vernunft alleine kann unsere Handlungen nicht motivieren.
2. Das einzige, was einen emptionalen Impuls entgegen gesetzt werden kann,
ist ein anderer emotionaler Impuls. Dieser kann aber durch Bewegungen der
Vernunft ausgelöst werden.
3. Ideen oder Theorien sind Versuche, die Wirklichkeit mental abzubilden,
während Leidenschaften eine orginale Existenz haben. Aus diesem Grunde
können Leidenschaften nicht wahr oder falsch sein.
Ich kenne nur das simplere Argument aus Humes Abhandlung über die Ethik,
die im Grunde nur das Argument (1) wiedergibt.
(Der Standpunkt, den Hume hier vertritt, könnte man mit Worten wie
"Zweckrationalismus" oder "Voluntarismus" bezeichnen. Nach dieser Lehre
setzt der Wille, oder eben die Leidenschaften, die die Willen bewegen, ein
bestimmtes Ziel und die Vernunft erschöpft sich in der Auswahl der Mittel,
dieses Ziel zu erreichen.
Das Gegenteil wird als Intellektualismus bezeichnet. Demzufolge erkennt der
Intellekt, was erstrebenswert ist, und der Wille folgt.)
Was mir aufgefallen ist, ist, dass Humes Argumentaton doch nicht so evident
ist, wie man sich wünschen könnte.
Die Behauptung, dass nur Gefühle unser Handeln motivieren ist eine
psychologische Theorie. Sie wird nicht weiter begründet oder bewiesen, der
Leser bleibt auf seine Introspektion verwiesen.
Das zweite Argument ist praktisch übernommen aus der von Spiniza
entwickelten Psychologie in seinem Buch "Ethik auf geometrischen Wege".
Das dritte Argument ist zwar richtig, setzt aber auch einige psychologische
Hypothesen voraus, welche man einfach schlucken muss.
Ein Anhänger des sog. "Intellektualismus" könnte behaupten, dass der Wille
den Verstand folgt, wenn diese das Gute erkennt. Sobald das Gute erkannt
sei, werde es angestrebt. Dies sei trivialerweise so, weil das Gute eben so
definiert ist. Es könnte sehr wohl sein, dass der Verstand bei der
Erkenntnis des Gutens mittelbar, über den Umweg von Leidenschaften die
aktiviert werden, auf den Willen wirkt. Das bedeutet aber nicht, dass der
Ausgangspunkt nicht die Erkenntnis des Guten gewsen ist.
Ein Standpunkt, der so ähnlich auch Kant in dem Link in den Mund
interpretiert wird.
Wobei man, frei nach Nietzsche, dieses gesamte Vokabular, mit "Ideen",
"Wille" und "Verstand" als getrennte mentale Instanzen, durchaus in Frage
stellen sollte. Vielleicht funktioniert der menschliche Geist in Wahrheit
doch anders.
Wie dem auch sei, das sind die Gründe, die Hume für seine Version des
"Zweckratonalismus" gibt, dann scheint dieser mir nicht auf so gefestigten
Boden zu stehen.
Mir scheint sich die Frage auf folgendes zu reduzieren: "Ist es,
wünschenswert zu sein, eine objektive Eigenschaft, die genauso rational
erkannt werden kann wie z. B. physikalische Eigenschaften, oder ist es eine
subjektive Affektion in Bezug auf eine Sache?"
Ich frage mich, welches mögliche Kritierium zur Beantwortung dieser Frage
es wohl geben könnte.
Freundlich Grüßen der, wie immer,
Ratlose.
P.S.: Ich muss entschuldigen, dass man dieser Mail die Eigenschaft ansieht,
"mit heißer Nadel gestrickt" worden zu sein. Ich beabsichtige aber auch
nicht, einen Episten zu verfassen, sondern eine Diskussion anzuregen.
Hallo Waldemar,
du kannst dir vorstellen, dass ich sowohl linke wie rechte Politik lese
und doch kritisch sehe. Wenn du dem Karl den ersten Absatz mit der
Orangenkiste vorgelesen hättest wäre er an die Decke gesprungen, ich
kannte diesen "Gottesnichtbeweis" nicht. Ob der Rest des Artikels mich
überzeugte oder nicht, ist mir unerheblich. Gerade habe ich einen Absatz
in Wikipedia geändert, und zwar in Bezug auf Monoblock-Klimageräte, die
eine korrekte Obrigkeit verbieten würde.
Hier ist der Orangenkistenbeweis:
https://taz.de/Skrupellosigkeit-in-der-Politik/!6097088/
Tschüs bis bald mal wieder
Joseph
Wieder ein Unfall kann kommentiert werden, hier, an folgendem Link zu
lesen:
https://www.watson.ch/international/deutschland/560856174-unfall-bei-poseid…
Haben die Medien hierbei korrekt berichtet, spielt der Kapitalismus beim
Geschehen eine Rolle, gibt es schon Verschwörungstheorien? An Gutachten
wird vermutlich schon gearbeitet. Wie lange sollen sich die Köpfe in
diesem Fall noch erhitzen, bis hin zu denjenigen des Philweb?
Eine Bemerkung: Der bekannte Unfall im Tunnel in Paris wurde hier noch
nicht behandelt. War dort ein bestimmter Geheimdienst kausal beteiligt?
JH
Hallo,
ich lagere die für mich spannende Frage mal aus. Ich weiß nicht, ob die
Listenteilnehmer an der Diskussion überhaupt ein vertieftes Interesse haben
werden:
Am Mo., 25. Aug. 2025 um 13:31 Uhr schrieb Ingo Tessmann über PhilWeb <
philweb(a)lists.philo.at>:
> > Am 24.08.2025 um 11:55 schrieb Rat Frag <rat96frag(a)gmail.com>:
> >
> > "Der Zweite Unvollständigkeitssatz wird zumeist so aufgefasst, dass
Hilberts Programm, die Widerspruchsfreiheit der Mathematik oder wenigstens
der Arithmetik zu beweisen, nicht durchführbar und das zweite Problem aus
Hilberts Liste von 23 mathematischen Problemen unlösbar sei. Allerdings
bezieht sich diese Schlussfolgerung auf Gödels natürliche arithmetische
Darstellung der Beweisbarkeit, das Beweisbarkeitsprädikat Bew(x). Bei
bestimmten künstlichen
> > Modifikationen von Gödels Beweisbarkeitsprädikat gilt der Zweite
Unvollständigkeitssatz nicht mehr. Eine solche Modifikation wurde zuerst
von John Barkley Rosser bald nach Gödels Veröffentlichung vorgeschlagen;
inzwischen versuchen Spezialisten zu klären, worin der Unterschied zwischen
natürlich und künstlich eigentlich besteht."
> Neben der innenmathematischen Behandlung des zweiten
Unvollständigkeitssatzes gibt es noch die Fülle der außermathematischen
Interpretationen. Beispielhaft verweise ich auf Enzenbergers 43-zeiliges
Gedicht „Hommage à Gödel“ und die musikalische Interpretation dieses
Gedichtes durch Henze in seinem 2. Violinkonzert. Das ist auch Thema in der
Diss. „action music“ von Sang Myung Han, S. 117ff:
Dir ist sicherlich die Modallogik vertraut mit Box [] und Diamant <>. Diese
beiden Symbole werden aufeinander bezogen definiert.
Für gewöhnlich wird [] dabei eine Bedeutung wie "Notwendig" zugewiesen, was
in metaphysische Höhen (oder Abgründe) führt. Es gibt auch andere
Interpretationen wie z. B. "Es ist geboten, dass..."
(Die Verwendung der Modallogik hat gegenüber einer Lösung mittels
Prädikaten offenbar eine Reihe von Vorteilen. Kurz gesagt, meidet man die
Prädikatenlogik 2. Stufe.)
Jetzt kann man diese Modaloperator auch deuten als "Es ist bewiesen, dass
x".
Wie wir dem Text, den ich zitierte, entnehmen können, ist es jetzt offenbar
so, dass dieser Operator, dieser Ausdruck, leicht modifiziert werden kann.
Mit dem Ergebnis, dass er andere Schlussfolgerungen erlaubt.
Aber nehmen wir weitere Beispiele:
*"Mathematik ist eigentlich eine ziemlich klare Wissenschaft, und
üblicherweise gelangen die Mathematikhistoriker zu Schlussfolgerungen, die
von ihren Kollegen geteilt werden. Aber gelegentlich liegen die Dinge
schwieriger. Es scheint inmanchen Fällen eine gewisse Vagheit oder
Zweideutigkeit in den mathematischen Tatsachen zu geben."*
(Herbert Breger in seinem Aufsatz "Ebenen der Abstraktion - Benoulli,
Leibniz und Barrows Theorem", Seite 193, aus "Form,Zahl, Ordnung: Studien
zur Wissenschafts- und Technikgeschichte"
Link: https://books.google.de/books?id=WjnTAmVR6qUC&lpg=PA195&hl=de&pg=PA193
)
Dort heißt es:
*"unter dem Gesichtspunkt der Vorstellungen des 17. Jahrhunderts über
mathematische Strenge wäre ein geometrischer Kalkuel sogar besser."* (Seite
195)
Diese Aussage impliziert zumindest, dass sich die Vorstellung über
mathematische Strenge im Laufe der Zeit geändert haben.
Ist das nicht zumindest ein Indikator dafür, dass bei der Lehre des
Begriffes möglicherweise nicht bei jedem Studenten die selbe Vorstellung
geweckt wurde?
We are pleased to announce that on Friday, October 31 at 4.30pm (CET), Matteo Morganti (Roma TRE) will give the talk Haecceitism and (Quantum) Physics as part of the Lugano Philosophy Colloquia Fall 2025 organised by the Institute of Philosophy (ISFI) at USI.
The talk will be chaired by Cristian Mariani.
This hybrid talk will take place in Room Multiuso FTL Building (USI west campus) and online via Zoom. If you are interested in joining online, please write to events.isfi(a)usi.ch.
Here is the abstract of the talk:
Space-time points and quantum particles of the same type are permutation invariant: exchanging two of them does not give rise to a physically distinct situation. This is commonly taken to entail that these entities violate haecceitism and, consequently, are not individuals. My aim in this talk is to carefully analyse this line of argument – focusing, in particular, on the quantum domain - and show that it is not as straightforward as it may seem. Rather than to claim that quantum particles (and perhaps space-time points) are in fact individuals, however, my more modest goal is to provide a clearer overview of the situation and of the available options.
For more information: https://www.usi.ch/en/feeds/32641
Danke auch Dir, lieber Thomas, für diesen Beitrag, der - wie immer - kompetent und sehr fundiert einen laufenden Diskurs bereichert. So gibt es - auch bezogen auf den laufenden Thread - kaum eine Chance, mal eben „on the fly“ zu antworten, denn Deine Darlegung will gründlich verstanden sein; Dazu fehlt mir augenblicklich die Zeit, eben diese Zeit, über deren Begrifflichkeit wir in diesem Forum ausführlich diskutiert haben.
Nun kommt ein interessanter Aspekt hinzu, als solcher zugreifendes Handeln die Zeit als trennende Kraft ins Spiel bringt. Bezogen auf benannte Genesis ist das gemäß biblischer Überlieferung die Entstehung eines „Gewölbes“ mitten im Wasser wodurch Wasser von Wasser geschieden wurde. Ein Geschehen also, dass Zeit beansprucht: „Es wurde Abend und es wurde Morgen, der erste Tag“.
Zeit spielt demnach von Anfang an eine entscheidende Rolle im Weltgeschehen. Komisch eigentlich, wenn Carlo Rovelli behauptet „Time does not exist“, doch konkret will er damit nur zum Ausdruck bringen, dass die Wahrnehmung von Zeit ein Konstrukt (sic Waldemar) und keine fundamentale Größe ist. Hier ist Entropie quasi als Zeitmaß geeignet, um den irreversiblen Prozess allen Werdens und Vergehens zu beschreiben.
Doch gilt abseits menschlicher Wahrnehmung von Zeit - bezüglich Entropie als deren Maß - das Faktum, dass Entropie nicht beliebig steigen kann, sondern wie in einer geschlossenen Zeitschleife verläuft, wobei entlang der Schleife jeweils ein Maximum und Minimum existieren und am Ausgangs- und Endpunkt ein gleiches Maß herrschen muss. Nicht unkompliziert, diese Zusammenhänge, wie sollte man Menschen vor unserer Zeit verdenken, dass sie sich den Mitteln der Metaphorik bedienten, um sich ihr Zeitempfinden zu erklären.
Bester Gruß an Dich und in die Runde!
Karl
We are pleased to announce that on Thursday, November 6 at 4.30pm (CET), Bence Nanay (University of Antwerp) will give the talk The Translucent Mind as part of the Lugano Philosophy Colloquia Fall 2025 organised by the Institute of Philosophy (ISFI) at USI.
The talk will be chaired by Byron Simmons.
This hybrid talk will take place in Room Multiuso FTL Building (USI west campus) and online via Zoom. If you are interested in joining online, please write to events.isfi(a)usi.ch.
Here is the abstract of the talk:
Some of our mental states are translucent: we can't fully elaborate some parts of their content, by which I mean we can't make some of the represented properties more determinate. More generally, mental states come on a spectrum when it comes to whether and how much we can elaborate some parts of their content. I argue that translucency is an overlooked but extremely important feature of mental states and I give case studies of this importance in the case of translucent beliefs, translucent emotions, translucent memories and translucent desires.
For more information: https://www.usi.ch/en/feeds/32641
We are pleased to announce that on Friday, October 31 at 4.30pm (CET), Matteo Morganti (Roma TRE) will give the talk Haecceitism and (Quantum) Physics as part of the Lugano Philosophy Colloquia Fall 2025 organised by the Institute of Philosophy (ISFI) at USI.
The talk will be chaired by Cristian Mariani.
This hybrid talk will take place in Room Multiuso FTL Building (USI west campus) and online via Zoom. If you are interested in joining online, please write to events.isfi(a)usi.ch.
Here is the abstract of the talk:
Space-time points and quantum particles of the same type are permutation invariant: exchanging two of them does not give rise to a physically distinct situation. This is commonly taken to entail that these entities violate haecceitism and, consequently, are not individuals. My aim in this talk is to carefully analyse this line of argument – focusing, in particular, on the quantum domain - and show that it is not as straightforward as it may seem. Rather than to claim that quantum particles (and perhaps space-time points) are in fact individuals, however, my more modest goal is to provide a clearer overview of the situation and of the available options.
For more information: https://www.usi.ch/en/feeds/32641