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Am 17.04.2025 um 08:08 schrieb Ingo Tessmann über
PhilWeb <philweb(a)lists.philo.at>at>:
Ich sprach nicht von Gottesgesellschaft, wie Du es mir unterstellt hast, sondern von
Gottesstaat. Was könnte ich damit hierzulande gemeint haben? Der hiesige Staat versteht
sich als Verfassungsstaat und in der Verfassung steht, dass sich das deutsche Volk
angeblich auch vor „Gott" diese Verfassung gegeben hat. Zudem wird im GG der Kirche
ein eigenes Kirchenrecht zugestanden, der Staat zieht für die Kirchen die Steuer ein,
finanziert aus Steuergeldern konfessionelle Institutionen, legt per Gesetz für alle die
konfessionellen Feiertage fest — und regelmäßig legen die meisten Regierungsmitglieder
ihren Amtseid auch auf „Gott" ab. Das also meine ich mit Gottesstaat und auch Du
könntest es Dir so gedacht haben. Warum gibt es hierzulande keine strikte Trennung von
Staat und Kirche? Wäre das der Fall, wäre meine Behauptung widerlegt.
So also nochmal zu Deiner absurden Behauptung, dieses Land sei ein Gottesstaat. Mit
dieser Begrifflichkeit verbindet man Staatsformen in Ländern, wo alle Staatsgewalt einzig
in den Händen religiös legitimierter Herrschender liegt. Dementsprechende Beispiele
derartiger Herrschaftsformen muss ich hier nicht explizit angeben, da solche hinreichend
und offensichtlich bekannt sind.
Wenn Du das politische System in Deutschland mit eindeutig demokratischer
Gesellschaftsordnung als Gottesstaat im Sinne einer Theokratie definierst, kann man dieses
nur noch als absichtlich provozierend vorgebrachte Diskreditierung unserer Staatsform
werten.
Moin Karl,
ich habe das politische System in Deutschland nicht als Gottesstaat im Sinne einer
Theokratie definiert. Lies doch einfach mal, was ich geschrieben habe. Wie das Beispiel
Deutschland zeigt, gibt es auch demo- und nicht nur autokratische Gottesstaaten.
Du hast demnach unmissverständlich geschrieben: „Dass wir in einem Gottesstaat leben,
lässt sich vielfach belegen…“
Worauf ich geantwortet habe: Mit dieser Begrifflichkeit verbindet man Staatsformen in
Ländern, wo alle Staatsgewalt einzig in den Händen religiös legitimierter Herrschender
liegt. Und von „Gottesgesellschaft“ habe ich definitiv nicht geschrieben. Das müsste
allenfalls im Delirium geschehen sein, eine Form geistiger Verwirrtheit, nobel ausgedrückt
Irrationalität, die Du per se Andersdenkenden, d.h. nicht Deinem Weltbild Folgenden,
zuschreibst. Da haben wir erstaunliche Gemeinsamkeit, nur eben aus entgegengesetzten
Positionen.
Weder Du noch ich rücken auch nur ein Jota von unseren jeweiligen Denkmustern und
-fixierungen ab. Du wirfst mir (zurecht) überzogene Selbstbewusstheit, resp.
Selbstherrlichkeit vor und ich sehe gar nicht ein, warum ich im Disput mit Dir davon
abrücken sollte.
Wie sehr und immer ich Thomas‘ Appell zur Suche nach Kongruenz, nach Kompromiss, nach
Konsens schätze und seine Beiträge hier so sehr begrüße, Dir gegenüber halte ich es
jüdisch: „Auge um Auge…“
Du wirfst mir Irrationalität, Emotionalität, Vorurteilsbehaftung, Naivität hinsichtlich
meiner metaphysischen, resp. religiösen Weltsicht vor, ohne diese Vorhaltungen jeweils
tiefergehend argumentativ zu begründen. Nicht minder sehe ich bei Dir ein sehr
eingeschränktes positivistisches Weltbild, verbunden mit gesellschaftspolitischem
„Schubladendenken“, also eben auch vorurteilsbehaftete hyperliberale Sozialphantasterei
und Umwelthystherie, so als hättest Du in Deinem bisherigen Leben von Luft und Liebe
gelebt; Als hättest Du dieser Erde keine Ressourcen geraubt, wie die von Dir verachteten
Zeitgenossen des „fossilen Imperiums“.
Diesbezüglich hatte ich mich des öfteren geäußert und beispielhaft geschildert, wie ich
meine Lebensführung und die meiner Familie auf eine möglichst umweltschonende Art
umgestellt habe und mir deshalb erlaubt habe, darauf hinzuweisen, dass es zu zunächst in
der Verantwortung des Einzelnen liegt, Ernst zu machen mit Umweltschutz und nachhaltiger
Lebensführung. Von Dir habe ich hierzu kein persönlich gehaltenes Beispiel vernommen,
ausser eben Dein Appell an das quasi virtuelle Kollektv eines „fossilen Imperiums“. So
wäre meine Frage: Heizt Du Dein Haus oder Deine Wohnung mit getrocknetem Kuhmist oder
lässt Du vom fossilem Imperium heizen? Verrichtest Du Deine Besorgungen und sonstigen
Terminverpflichtungen ausschließlich zu Fuß, mit dem Fahr-/Lastenrad oder doch mit Bus,
U-/Straßenbahn? Wie sind letztere Verkehrsmittel betrieben?
Einfach nur lächerlich, sich rückblickend bis in die Gegenwart über Nutzung fossiler
Energie zu echauffieren, wohlwissend, dass der Umbruch zum Gebrauch nachhaltiger Energie
eine gigantische technologische und logistische Herausforderung ist, die zudem mit hohem
finanziellen Aufwand verbunden ist. Daher war meine Frage, was die von Dir präferierte
rot-grüne Regierung all die vergangenen Jahre signifikant hierzu geleistet und was Dich
veranlasst hat, proaktiv schon mal die künftigen Polit-Protagonisten
Merz-/Söder-/Klingbeil als Ignoranten zu diskreditieren.
Aber nun lass‘ uns bloss nicht weiter in politischen Disput abdriften, sonst können wir
dieses philweb wirklich dichtmachen. Zudem Du ja Thomas gegenüber betont hast, dieses
Forum sei dem philosophischen und nicht dem psychologischen Diskurs gewidmet, dabei
ignorierend, dass Philosophie die „Mutter der Wissenschaft“ ist (Schma Waldemar!) somit
Aspekte der Psychologie mit einschliesst, insbes. auch jenes Anliegen von R. Tausch, im
partnerschaftlich kommunikativen Umgang miteinander auf gegenseitige Wertschätzung und
Empathie zu achten.
Empathie in robustem Ausdruck entspricht durchaus einer Gefühlsaufwallung, warum sollte
diese nur in Therapiezirkeln auftreten, bzw. bedacht werden können?
Dass solches „Arousal“ Dir in dieser Runde unwillkommen ist, sofern Dir ein Thema nicht
zusagt, bzw. Deiner gesellschaftspolitischen Attitüde entgegen steht, ist sehr
verständlich. Doch bekanntlich unterscheidet man in der Psychologie sehr deutlich zwischen
Verständnis und Akzeptanz.
it: „Auf jeden Fall wäre das ein Anfang auch fürs Philosophieren; denn agreement sollte
Nachvollziehbarkeit voraussetzen“ […] „Welch große Worte“
Nachvollziehbarkeit einer Aussage setzt grundsätzlich hinreichende Perzeption und Inferenz
voraus, der ggf. Verständnis oder Akzeptanz folgen können.
Verständnis für ein nicht eingängiges , resp. nicht genehmes Themenfeld aufzubringen, ist
möglich, unmöglich hingegen Akzeptanz im Sinne von Anerkennung oder Hinnahme. Dieser
Zusammenhang macht es bisweilen so schwer und manchmal unmöglich, hier einen Diskurs
konsensual zu halten.
KJ
Deine
unverkennbare Frustration über den jüngsten Wahlausgang, der Dir zufolge Deiner Präferenz
für die Grünen-Partei auch eine persönliche emotionale Krise eingebracht hat, ist durchaus
verständlich. Hier jedoch den zuletzt gewählten Parteien das Vermögen und insbesondere den
Willen zu umweltverträglicher Politik abzusprechen, ist nichts anderes als reaktionäre
Polemik.
Und wieder reagierst Du emotional.
Vor allem jedoch ist dabei Vorbildfunktion
gefragt; Eine durch die Welt reisende Politikerin, die sich ihrem moral-feministischen
Appell folgend eher als grüne Ikone der Kalokagathia präsentiert, scheint mir dem
geforderten Vorbild von nachhaltiger Verantwortung nicht gerecht zu werden. Wie war das
noch mit dem Appell mittelalterlicher Pfaffen: Wasser predigen und selbst den Wein saufen?
Und wieder reagierst Du emotional. Um ein rationales Beispiel zu nennen. Bei einer
Geschwindigkeitsbegrenzung kommt es nicht darauf an, dass eine Politikerin vorbildlich
langsamer fährt, sondern dass es ein Gesetz für alle zur Geschwindigkeitsbegrenzung gibt.
Grüne Doktrin als neue Religion und von von deren
Protagonisten die Welt erklärt zu bekommen, gar noch mittels der Mathematik als
Hilfswissenschaft? Welch unrealistisches Ansinnen! Kein Wunder, dass sich da am anderen
Ende des politischen Spektrums eine dumpfe Gegenwehr auftut, deren intellektuelles
Vermögen ebenso nicht hinreicht, die Lebenswelt als solche in ihrer wirklichen Bedeutung,
ihrer geistigen Potentialität zu begreifen. Ideologen allenthalben, armselige Gestalten,
gefangen in ihren zur Ideologie verkommenen Idealen.
Und wieder reagierst Du emotional.
IT
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