Am 23.02.2021 um 08:55 schrieb Joseph Hipp via Philweb:
[Philweb]
Am 21.02.21 um 23:00 schrieb Karl Janssen via Philweb:
... Nun, die Erzählung vom ungläubigen Thomas hat
ja auch in säkulare
Gesellschaftskreise Einzug gehalten, steht gewissermaßen synonym für
Menschen, die grundsätzlich nichts glauben wollen, ohne es selbst
gesehen, gefühlt oder sonstwie erlebt zu haben.
Das beginnt ja schon sehr früh:
„Fasse nicht auf die heisse Herdplatte - du wirst dir die Finger
verbrennen!“ endet meist mit: „wer nicht hören/glauben will, muss
fühlen“.
Für nicht Wenige offenbar eine lebenslang wiederkehrende Erfahrung
und ....
In diesem Absatz fühle ich ziemlich viele Unklarheiten (ex falso
quodlibet und aus ex Unklarheit ... was?, eine Frage an die
Wissenden). Ich streite mit mir selber. Ist dort ein
Universalargument? Soll ich jedem glauben, was er sagt? Soll ich mich
erst einmal dem Meinen/Glauben eines anderen anschließen, um dieses
Meinen/Glauben dann später zu verwerfen? Also soll ich den Habermas
einmal in Gänze lesen, bevor ich herauszufinden versuche, wo Fehler
beim Nachvollziehen des Denkens der sogenannten Universalpragmatik
entstehen. Diese Fehler habe ich schließlich aufgedeckt. Nun kann man
mir sagen: Du hast eben nicht alles gelesen, du bist ein ungläubiger
Thomas. Ok, dann bin ich das eben: Wenn schon mit Universalargumenten
geschossen wird, kann darf ich es auch. (ex Universalargument ...
was?, etwa der Glaube? eine Frage an die Wissenden) ... ex
Privatsprache ...
Als ich in Erwiderung an Waldemar schrieb (bzgl. meiner Erzählung vom
„ungläubigen Thomas“) und dieser erwartungsgemäß prompt auf das
„Triggerwort Jesus“ reagierte, habe ich dabei auch an Dich gedacht, Joseph!
Es war mir sehr bewusst, dass Dich das von mir zitierte (unzählige Male
von Eltern benutzte) „wer nicht hören/glauben will, muss fühlen“
alarmieren würde; zumal ich dies als lebenslang (und damit eben auch von
Erwachsenen) zu machende Erfahrung beschrieben habe.
Die mich hier schon länger lesen, wissen um mein geringes Interesse
(aber auch um mein fehlendes Talent) für akademisch logische
Betrachtungen der Lebenswelt. Zu meiner Schande, denn schließlich sagt
Wittgenstein: „Sprachkritik ist Aufgabe der Philosophie“ und mahnt damit
implizit auch eine logisch exakt formulierte Wort- und Satzgestaltung im
philosophischen Diskurs an. Wenn überhaupt (und doch hoffentlich),
vermag ich lediglich meiner jeweiligen Argumentation eine Art immanent
logischer Eigenheit einzuweben. Das geschieht eher intuitiv und sicher
nicht irgendwelcher Konzeption von Logik folgend.
So bedeutsam etwa Prädikatenlogik ist (als Voraussetzung zu
allgemeingültiger Validierung von Argumentation), so sehr war sie mir
ein unliebsames Thema zu Studienzeiten: allerdings nur im Fach
Philosophie, nicht aber in Datentechnik (im Technikstudium und dann
natürlich berufspraktisch!); dort wird Logik unmittelbar anwendbar, wo
man zunächst redundant entworfene integrierte Schaltkreise z.B. mittels
KV-Diagramm minimieren kann (eine unverzichtbare Technik zur
Platzminimierung, die sich in heutiger IT-Technik zu einem nahezu
unfassbaren Meisterwerk entwickelt hat).
Und somit ist natürlich auch mir die Bedeutung von Minimierung
(Redundanzvermeidung per Logik) im Bereich von Ausdruck und Sprache
eingängig.
Und überhaupt: Die Kunst der Verdichtung!
Ich hatte das vor Jahren hier schon mal geschrieben (vermutlich schon
mehrfach): Goethe (der Meister der Verdichtung!) schreibt am Ende eines
Briefes an seine Nichte: „Entschuldige, aber zur Kürze fehlte mir die Zeit“.
Doch trotz aller Wertschätzung einer auf‘s Wesentliche verkürzten
Sprachführung: Man muss sie aber auch beherrschen! Ansonsten bleiben
lediglich zusammenhanglos geformte Satzkonstrukte, quasi Fragmente ohne
jede Redundanz und Bildhaftigkeit, womit eine zutreffende Interpretation
der vom Schreiber intendierten Aussage erschwert oder sogar unmöglich wird.
Und (nach diesem „Exkurs“ meiner üblichen Art) kann ich Dir zustimmen,
den o.a. von Dir kritisch gewürdigten Absatz nicht an den Anforderungen
einer irgendwie gearteten Logik ausgerichtet und daher auch nicht als
Universalargumentation beabsichtigt, sondern diesen einfach nur aus dem
„Bauch heraus“ geschrieben zu haben.
Dennoch ist es mir immer wieder ein enorm hilfreiches Korrektiv, wenn
Du, Joseph, ein eben „gerade mal so hingeworfenes Argument“ unter die
Lupe logischer Bewertung nimmst.
Mit bestem Gruß an Dich und in die Runde! - Karl
PS: Auf das "Universalargument: an etwas glauben zu müssen/sollen,
obwohl man es nicht sieht oder erlebt hat" gehe ich dann in einem
weiteren Beitrag ein.
Nicht glauben, was man nicht gesehen hat, ist da was
falsch dran? In
diesem Fall geht es um Erfahrbares, im anderen eventuell um
Nicht-Erfahrbares. Differenziere ich in so einem Fall? Differenziere
ich dann grundsätzlich? Hilft mir das Wort "grundsätzlich" dann
weiter? Soll ich sagen, dass ich etwas gesehen habe, was ich nicht
gesehen habe? ... dasselbe mit "fühlen"? ... Oder: Soll ich sagen:
"Der andere hat etwas gefühlt, er sagt es, und deswegen würde ich es
auch fühlen, wenn ich es auch fühlen dürfte." Ich fragte jemanden, der
an Levitation glaubte, ob er denn schon einen Menschen schweben sah.
Er antwortete: Nicht so ganz, aber sozusagen doch, steig ein, und dann
wirst es auch glauben. Ich blieb ein ungläubiger Thomas.
Heute habe ich gleich zwei Universalargumente gefunden, zumindest
glaube ich es, ohne sie gefühlt zu haben:
https://www.achgut.com/artikel/fundstueck_haltung_ist_nicht_gesinnung
Denn mit dem Nutzen eines einzigen Wortes ist derjenige mit Haltung
zusagt, reingewaschen, der andere in den Schmutz gezogen. Das
geschieht in diesem ehrenhaften Forum mit dem Antiwort Ideologie. Die
Argumente für die gute Seite sind so ähnlich wie im genannten Zitat
des Artikels: Man muss nur handwerklich fleißig sein, und schon hat
man Haltung, der andere nur Gesinnung. Und dann hält man sich wie von
unsichtbarer Hand getragen an Tatsachen, nicht an Meinungen.
Ein weiteres Universalargument soll beiläufig anerkannt werden vom BGH:
https://www.lto.de/recht/nachrichten/n/bverfg-verfassungsbeschwerde-kristin…
Hier ist eine Sache nicht verboten, es soll aber nicht dafür geworben
werden, hier geht es um den Begriffsstreit zwischen Information und
Werbung. Wenn mit einem Wort gegen ein anderes erfolgreich vorgegangen
werden kann, dann ist das Wort ein Universalargument. Die
Informationisten hier im Raum könnten ihre Nuancen zur Sache auf den
Tisch legen, Werber auch, die schließe ich schließlich nicht aus.
Ein anderes Universalargument, das ich hier vorfand: Was bist du von
Beruf? - Metzger. Na ja, dann hast du hier im Moralforum keine
Kompetenz, zumal du zugibst, nicht viel gelernt zu haben und die
Bücher der Vielschreiber nicht gelesen haben kannst. Wir hier
bewundern zudem den Schuster von Ulm, von dem hast du sicher noch
nichts gehört!
In diesen Zeilen ging es mir nicht im Geringsten für oder gegen eine
Sache, sondern nur um Logik (umgangssprachlich allgemeine, nicht
formale), aber diesen Unterschied zu behaupten würde zu einer
Diskussion führen.
Joseph Hipp
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