Am 02.06.2024 um 18:07 schrieb Karl Janssen über
PhilWeb <philweb(a)lists.philo.at>at>:
Es wird Dir wohl als Vater und Opa sehr bekannt sein, dass Kinder uneingeschränkten
Zugang zur ganzen Palette an Pornoliteratur in Wort und Bild haben und das schon in einem
Alter, wo diese Art der Darstellung von Sex in all ihren (sicher auch abartigen) Formen
seelentötend ist. Kein Wunder aber, dass Dich das nicht stört, der Begriff von Seele hat
bei Dir keine Bedeutung, wie das unsere Diskussionen hier gezeigt haben. für mich mutetet
das eigentlich nur noch abartig an, Pornofilme im Schulunterricht zeigen zu sollen.
Moin Karl,
Deine Wortwahl ist bemerkenswert. „Das ist doch abartig!“, hörte ich schon häufig von
engstirnigen Moralisten empört ausrufen. Menschen, die mit 14 religionsmündig sind,
sollten es auch sexuell sein. Kopulierende Menschen sollten etwas Selbstverständliches und
nichts zu Verheimlichendes sein. Ich schlüge für die schulische Sexualkunde auch
freiwillige Praktika vor. Diese ganze religionsbestimmte Verdammnis der Körperlichkeit ist
doch bloß der patriarchalen Überbewertung von hohler Geistigkeit geschuldet.
Aufschlussreich dazu ist die „Geschichte der Sexualwissenschaft“ von Volkmar Sigusch.
Sicherlich kommt es dabei auf entsprechende
Differenzierung an und damit auf den Inhalt einer Darstellung schlechthin. So
begrüssenswert die Abkehr von ebenso widerlicher Schein- und Doppelmoral ist, so ungut ist
die bedingungslose Öffnung hin zu einer grenzenlosen sog. Freiheit, sei diese auf
„Reproduktionsmechanismen“ oder eben auf den generellen Umgang mit Sexualität bezogen.
Sexualität des Menschen hat immer auch mit Würde zu tun: Dabei gilt es, die temporäre
unweigerliche Verletzung von Würde wieder zu heilen. Das geschieht in einer liebevollen
Zweisamkeit durch entsprechende Zuwendung und ist weit davon entfernt von dem, wie ein
Strassenköter sich nach seiner Triebhandlung von einer Hündin trennt.
Und jetzt kommst Du natürlich mit der dehnbaren metaphysischen Würde. Die auch noch im
Menschen waltende Triebhandlung ist nicht minder berechtigt als die liebevolle
Zweisamkeit. Zwischen Liebe und Sex liegt bekanntlich das weite Feld der Erotik. Ebenso
wie Kinder den unsäglichen Liebeskitsch zu ertragen lernen, kommen sie auch mit dem
lustvollen Kopulieren klar.
Erziehung (der mittlerweile in entsprechend
hyperliberalen Kreisen verpönte Begriff für den elterlichen Einfluss auf deren Kinder
hinsichtlich einer hinreichenden Vorbereitung und Ertüchtigung zu eigenem Leben) kann und
konnte noch nie ohne Grenzziehung funktionieren, wie das durch das Scheitern der sog.
antiautoritären Erziehung bewiesen wurde.
Die autoritäre ist ebenso gescheitert wie die antiautoritäre Erziehung. Aber welche
Fehlentwicklung hatte mehr Opfer zu beklagen? Auch hier liegen die vielen Möglichkeiten
dazwischen: So wenig Autorität wie möglich, so viel Autorität wie nötig.
Klonen als Ausdruck von Freiheit in den
Reproduktionsverhältnissen heißt für mich, dass der Mensch sich nun anmaßt, in die seit
Millionen Jahren sich durch Evolution entwickelten und durchaus bewährten Menchanismen
einzugreifen. Das will gekonnt sein und eben dieses Vermögen spreche ich dem Menschen der
Jetztzeit ab. Damit will ich nicht sagen, dass Forschungen, wie sie beispielsweise in der
mRNA-Technik etwa zur Entwicklung von Impfstoff dienten, nicht sinnvoll sind. Die
Forschenden sollten nur sicher ihres Tuns sicher sein, inwieweit sie in entwickelte
Bio-Systeme eingreifen können und vor allem sollten. Du, der die Natur über alles stellt,
mutest hier dem Menschen diese eigentlich nicht zu verantwortenden Eingriffe zu?
Was soll diese Scheinheiligkeit?
fällt Dir dazu keine treffendere Replik ein - was hat meine Aussage mit Scheinheiligkeit
zu tun?
Für scheinheilig halte ich es, hinsichtlich der inneren Natur von Verantwortung zu
predigen, während die äußere Natur verantwortungslos zerstört wird.
Menschen
greifen seit Jahrhunderten in die äußere Natur ein und werden sich dadurch womöglich noch
selbst ausrotten. Aber wird deshalb der Individualverkehr durch den Gemeinschaftsverkehr
oder der Massenverzehr von Tieren durch Pflanzenverzehr ersetzt?
Ob ersteres unausweichlich erfolgen wird, bleibt abzuwarten. derzeit sieht es eher danach
aus, dass sich die Menschheit durch Nuklearkriege zu einem signifikanten Teil dezimieren
könnte.
Dass Hochkulturen bei Erreichen, bzw. Überschreiten ihres Zenits plötzlich vom Lebensraum
Erde verschwinden, ist historisch nachgewiesen. Es mag wohl immer eine gewisse Dekadenz
dafür verantwortlich sein, so eben auch die oben erwähnte Abartigkeit im Umgang mit
Sexualität.
Was für eine Fehleinschätzung! Mehr gleichberechtigte Freiheit in der Sexualität
vermindert gerade das Bevölkerungswachstum.
Beim Klonen
geht es um die innere Natur und über die sollte selbst bestimmt werden können. Säugetiere
werden seit 1996 geklont. Welche medizinischen Zusatzprobleme siehst Du denn beim
Menschenklonen?
das Grundproblem ist dabei die Gleichsetzung von Tier und Mensch. Es gibt - Gott sei Dank
- Tierwohl, aber es gibt auch Menschenwürde und diese Würde sehe ich verletzt, da es eben
um den Teil des Menschen geht, der ihn über das Tier erhebt, Waldemar wird hier
Schnappatmung bekommen. Doch jeder gebildete Mensch wird den signifikanten (bis heute
nicht zu erklärenden) Übersprung vom Tier zum Menschen als ein grossartiges Ereignis der
Evolution werten, das den Menschen seither als sich selbst erkennendes, selbst denkendes
Kulturwesen in diese Lebenswelt gebracht hat.
Solange Menschen diesen Übersprung nicht erklären können, sollten sie gefälligst die
Finger vom eigenmächtigen Sprung in eine nicht gekannte Entwicklungsstufe vollziehen.
Nach wie vor will ich nicht glauben, dass Du mit Deiner Bildung solch ungereimtes Zeug
hier zum Besten gibst. So denke ich, es ist mehr Provokation eines Atheisten, der damit
einmal mehr jeglichen Gedanken an eine intelligible Kraft und damit jeglichen
transzendenten Schöpfungsgedanken im Keim ersticken will.
Ich setzte Tiere und Menschen nicht gleich, sondern verweise lediglich auf die
physiologischen Gemeinsamkeiten, die ja auch ausgiebig in der Pharmakologie und Medizin
genutzt werden. Dass kultureller Wandel von Hinterwäldlern stets bekämpft wird, ist
politischer Alltag. Gleichwohl sollten alle Kinder gleichermaßen respektiert werden, egal
wie sie gezeugt wurden. Und wenn Kulturen gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoßen, sind
sie zu überwinden. Transzendenten Schöpfungsgedanken kann nachhängen wer will; bleibt das
Klonen doch freiwillig. Was mich nervt, ist die ständige bloß autoritär selbstherrliche
metaphysische oder religiöse Bevormundung der Menschen.
Ich glaube - obgleich als Katholik - auch nicht an
Schöpfung, sehe die biblische Genesis als (historisch bedingt) metaphorische Darlegung
evolutionärer Entwicklung (inkl. koevolutionäer Einwirkungen) an, doch ich bin überzeugt
von der Existenz einer kosmischen Intelligenz, deren unbegrenztes Wissenspotential in
Informationspeichern des Universums (etwa in Ereignishorizonten schwarzer Löcher) abgelegt
ist.
Was Du über die Mathematik hinaus als kosmische Intelligenz ansiehst, bleibt Dir
unbenommen. Auf jeden Fall aber vermag sie mehr zu ermöglichen als Du zu träumen vermagst.
IT