Am 10.08.25 um 17:17 schrieb Ingo Tessmann über PhilWeb
viel von dem neuen schon lange Bekannten, er hat das gut beschrieben.
Lorenzen hat ja „Regeln vernünftigen Argumentierens“
angegeben, nach
denen aus dem Zählen und Folgern die Mathematik entwickelt werden
kann. Die Ratio reicht dabei nicht weiter als die diese Regeln.
Ja, und das ist schade, dass dort nicht weitergefahren wurde, wenn dem
so ist.
Darüber hinaus geht nach Einstein die Intuition, d.h.
die Ahnungen und
Einfälle, nach denen neue Strukturen vermutet und bewiesen werden
können, die weit über die Lebenswelt hinaus die kosmische Welt der
Ereignisse einbeziehen.
Ob sie unbedingt als "Ahnungen und Einfälle" angesehen werden müssen,
lasse ich offen. Jedenfalls ist es eine andere Sache, ein anderes
Denken, wenn Wissen aus einem Bereich in einen anderen versuchsweise
übernommen wird. Oder Unwissen, Versuchswissen. Und das geschieht nicht
unbedingt selten: Die Obsessionen der einfachen Personen treffen auch im
Alltag auf andere, und das Resultat ist je nach Wissensstand,
Erlebensstand oder gar Verderbtheit unterschiedlich, bis hin zum
kriminellen Ständen. Bei alledem spielt auch die Freiheit eine Rolle,
nicht als Instanz, sondern als Gebote und Verbote, die bei der Person
wirken, und sie unfrei machen. Mathematik, wenn sie gekonnt ist,
ermöglicht die sofortige innere Prüfung und die Prüfung auf Papier.
Ich bin immer wieder erstaunt und begeistert darüber,
was aus dem
trivialen Zählen heraus alles an Strukturen entwickelt worden ist. Mit
Kato hatten wir ja die Struktur der „Garben“ erwähnt, mit denen Jean
Leray bemerkenswerterweise während der 1940er als Franzose in
deutscher Gefangenschaft die algebraische Geometrie erweiterte. So wie
Gärten auf verschiedenem Land wachsen können, gibt es Garben über
unterschiedlichen mathematischen Objekten. Zahlenräume werden zu
Körpern verallgemeinert, über die Vektorräume gebildet werden, die
wiederum zu Fasern von Vektorraumbündeln werden können. Und
Verktorraumbündel werden zu Garben, wenn ein Vektorraum durch eine
abelsche Gruppe ersetzt wird. All das ermöglicht die
Kategorientheorie. Also schematisch: Zählen —> Zahl, Zahlenraum —>
Körper, Vektor —> Vektorraum, Vektorraum —> Vektorraumbündel,
Faserbündel —> Garbe.
Das Faszinierende dabei ist, dass mit Garben aus lokalen
Überschneidungen globale Zusammenhänge erschlossen werden können,
weshalb auch schon mathematisch Philosophierende und KI’ler an der
Garbentheorie gefallen gefunden haben:
ich lasse diesen bemerkenswerten Zeilen so wie sie sind.
2. Dass eine
Person ab einem bestimmten Zeitpunkt auch ohne äußere
Empfindungen und demnach ohne Empirie denkt, verhindert das den
Gedanken, dass die innere Empirie, also das innen ehemals von außen
bewirkte, dann wirkt? Dazu gehören würden nicht nur das
Alltagserleben, sondern auch das hochstilisierte Erleben eines
Immanuel Kant oder das von dir so gedachte "mathematisch
hochstilisierte Erleben"?
Ich halte die Unterscheidung von Alltags- und Wissenschaftserfahrung
für sinnvoll.
Grenzen und Unterscheidungen sind von vornherein beliebig erlaubt.
Letztere meine ich mit Empirie, die sich auch
mathematischer und
technischer Verfahren bedient, während die Alltagserfahrung schlicht
erlebt wird und damit ohne Empirie gedacht werden kann.
Das geht mir dann zu weit, es zeigt selbst den Mangel der Unterscheidung
von vorhin.
Es gibt ja nicht nur die äußeren, sondern auch die
inneren
Empfindungen und die äußeren ließen sich nur in einer Isolationskammer
minimieren.
Richtig, und das habe ich auch geschrieben. Diese können so sehr
überwiegen, dass sie der Person sogar zu viel werden. Des Guten oder des
Bösen? Dass die Personen dann durchdrehen und sich zurückziehen? Darf
ich an Alexander Grothendieck und viele andere denken? Du könntest eine
Geschichte von diesen Personen schreiben. Übrigens hättest du
Grothendieck treffen können, er lebte bis 2014.
„Mathematisch hochstilisiertes Erleben“ ist kein
Erleben mehr,
Die Wörterfolge hast du eingebracht, ich übernahm sie nur. Warum sollte
dies kein Erleben mehr sein?
da zwar von ihm ausgegangen, dann aber von ihm
abstrahiert wird.
Wie so oft bedarf es des genauen Zugehens zu den Sachen. Ich benutze
vorläufig das Wort "abstrahieren" nicht mehr, bis ich etwas Zusätzliche
mit ihm denken kann, im Vergleich zum "Ceteris paribus". Ersteres hast
du schon oft besprochen, auch in deinen Texten. Ist es wirklich
erforderlich? Bringt es etwas anderes und etwas mehr als das C.p.? Die
letzte Zeit genügte mir im Denken das C.p.
Empirisch mathematisch strukturiert sind nur
Ereignisse (der
Außenwelt), während Erlebnisse (der Innenwelt) Erfahrungen basieren.
Das könntest du expliziter anders schreiben. So ist es mir zu
umständlich formuliert, und vielleicht irrtümlich. "Erlebnisse der
Innenwelt basieren auf Erfahrungen" forme ich um mit Benutzen der
Betrachterfiktion und der Präsentismusfiktion: Der aktuellen Stelle der
Person liegen Sachen von außen und solche von innen vor, wobei die einen
oder anderen überwiegen können.
Aber es gibt ja Überschneidungen zwischen ihnen, wo
die Garbentheorie
als Bewusstseinstheorie ins Spiel kommt. Ich stecke damit aber noch in
den Anfängen …
So weit bin ich noch nicht, und werde sicher nicht so hoch steigen.
Wie dem auch
sei, oder wie deine Antwort auch ausfällt, betone ich
immer als Mensch von der Straße, dass ich hochstilisiertes Denken
anderen überlasse, bei dem ich mich nicht einmische.
Meinst Du etwa, dass philosophische Fiktionen (auch wenn sie nur
sprachlich erfolgen) keine immer schon hochstilisierten
Alltagsvorstellungen sind?
Doch doch, da stimme ich zu. Abgesehen davon fehlt sicher eine Darlegung
aller Sachen wie Fiktionen, Annahmen, Hypothesen, sozusagen eine Theorie
dazu, Vaihinger ist nicht mein Gott. Du magst das alles als
Bewusstseinstheorie bezeichnen, ich nicht, weil ich nicht von oben nach
unten gehe. Wenn du meinen letzten Text gelesen hast, siehst du warum.
Am Folgetext, der aufschlussreicher sein wird, muss ich mich noch
abarbeiten.
Voll des Lobes dir und allen gegenüber!
JH