Am 02.11.2021 um 02:26 schrieb waldemar_hammel via Philweb:
[Philweb]
Am 02.11.2021 um 01:16 schrieb K. Janssen:
Anders kann man v.Foersters Stellungnahme zum Wahrheitsbegriff nicht
deuten:
„Wenn ein Mensch sagt, dass er die Wahrheit gefunden hat, wird er zu
einem gefährlichen Tier!“
oh ja !
und zb auch ideologien, die meist mit ganzen anzahlen von angeblich
gefundenen wahrheiten daherkommen,
sind lebensgefährlich, sowohl für mensch, als auch für umwelt und
mitlebewesen,
wie durch die ganze geschichte hindurch und bis heute bewiesen
"wahrheiten" sind immer kontexte-abhängig, daher "spektral", und
niemals "absolut",
selbst 1+1=2 gilt nur unter einem ganzen satz von randbedingungen =
kontext,
indes sind menschen (auch) diesbezüglich unbelehrbar ...
Es ging in meiner diesbezüglichen Ausführung nicht primär um
"Wahrheiten"; diese können per se nicht als absolut gültig angenommen
werden. Ich hatte v. Förster mit seinem Begriff von Wahrheit zitiert,
eher um zu verdeutlichen, mit welcher weltfremden Abgehobenheit aus den
Elfenbeintürmen einer gewissen "vergeistigten" Elite auf Menschen und
ihre Lebenswelt gesehen wird.
Wenn sich Protagonisten des Konstruktivismus zudem als die eigentlich
Wissenden präsentieren, obgleich sie dem subjektiven Wissenserwerb
geradezu jeglichen Bezug auf die reale Lebenswelt absprechen, nimmt der
damit aufscheinende Widerspruch groteske Formen an; Diese Leute sind
unbelehrbar, schmoren gewissermaßen in ihrer eigenen Soße - ganz gemäß
ihrem Diktum von Selbstreferenz!
Wie Recht hatte doch H.J. Niemann mit seiner (hier kürzlich von mir
zitierten) Aussage!
Durchaus einer Belehrung zugänglich sind hingegen Menschen mit
eindeutigem Bezug auf ihre real existierende Umwelt, einerlei, ob dabei
(etwa durch Messergebnisse) objektiv gesicherte Faktizität bisweilen
durch eine fehlbare Interpretation der Wahrnehmung verfälscht ist.
Im durch und durch von Lebensrealität durchsetzten Alltagsgeschehen
erhebt sich schlichtweg nicht die Frage "wie wirklich ist die
Wirklichkeit", wie sie Watzlawik als ebenso strammer Konstruktivist in
den Raum stellt:
Die nette wie amüsante Darstellung kognitiver Fehlinterpretationen einer
Wahrnehmung (etwa bei der Betrachtung von Kippbildern) hat definitiv
keinen Aussagewert über die größtenteils konkret stattfindende
Perzeption der Faktiziät dieser Lebenswelt. Dabei ist es unerheblich,
mit welchen Mechanismen das Gehirn letztlich diesen überlebenswichtigen
Realitätsbezug herstellt.
Der von Glaserfeld artifiziell angelegte Begriff von Viabilität mag dem
irrationalen Konzept des radikalen Konstruktivismus angemessen sein;
Nützlichkeit, Gangbarkeit oder sonstig definierte Funktionalität sind
Begrifflichkeiten, die vermutlich seit Menschengedenken (zumindest
unbewusst) die Umsetzung von wahrgenommener Lebensrealität begleiten und
in sofern keinerlei konstruktivistischer Deutung bedürfen.
Beste Grüße! - Karl
PS: Ich denke, das Thema könnte uns hier noch eine Zeit begleiten und so
versuche ich, gelegentlich noch auf das eine oder andere diesbezügliche
Faktum einzugehen. Das wird aber nicht gelingen können, wenn alle
Diskussion immer wieder nur mit dem lapidaren Hinweis auf eine strikte
systemische Abgeschlossenheit im Sinne von Autopoiesis oder
Selbstreferenz abgewürgt werden; das ist auch eine Form von
Unbelehrbarkeit (wobei es definitiv nicht um ein Belehren, sondern
ausschließlich um Erweiterung eines Wissenshorizonts bzw. Validierung
subjektiver Erfahrung durch Austausch derselben gehen kann).
wh.