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Am 18.03.2021 um 13:09 schrieb Joseph Hipp via Philweb
<philweb(a)lists.philo.at>at>:
[Philweb]
Am 18.03.21 um 01:01 schrieb Karl Janssen
Danke Karl, deine Antwort war mir ein Labsal, ich musste gut lachen. Ob die Freude
erlaubt war, das weiß ich nicht. Freude darüber, dass du meine Pein linderst, die ich gar
nicht habe. Hier ist meine Antwort:
Jeder der folgenden Sätze hier ist nur in etwa zitiert:
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Jesus: Ich der Hoffnungsträger, für die anderen kommt Heulen und Zähneknirschen!
Epiktet: Nicht Krankheiten sind schlimm, sondern eure Meinung dazu.
Machiavelli: Es ist eben so wie es ist.
Schopenhauer: Es ist besser, nicht geboren zu werden.
Nietzsche: So nicht, Moral geht fehl, es gibt Horizonte!
Marx: Religion geht fehl, die Ausbeutung ist das Schlimme, vereinigt euch, mein Gespenst
ruft zur Gegenwehr auf.
Oh, diese Sätze verstehen bzw. einordnen zu können, ohne deren genuine Kontexte
gegenwärtig zu haben, fällt mir auf Anhieb sehr schwer. Wie schon mehrfach erwähnt, fehlt
mir offenbar das Vermögen, diesbezüglich eine Verbindung zu dem von mir zuvor
Geschriebenen herzustellen.
Jesus, beispielsweise, mag für viele ein Hoffnungsträger sein - für mich ist er es nicht
unbedingt, denn ich wüsste nicht, welche Hoffnung mir diese im NT überlieferte Gestalt
geben sollte.
Etwa die Hoffnung auf ein Paradies, welches er einem mit ihm Gehenkten versprach: Wahrlich
ich sage dir: Heute wirst du mit mir im Paradiese sein (Lukas 43).
Mit Waldemar könnte man nun ketzerisch fragen, ob es für Jesus lohnend gewesen sei, in ein
Paradies zu kommen, um dieses (fürs erste) nach drei Tagen wieder zu verlassen.
Ernsthaft gesprochen, ist es natürlich nicht angemessen, auf diese Art Exegese zu
betreiben und wie schon mal gesagt: die Bibel ist für mich ein Buch des Lebens; als
solches ein Schriftwerk, wie man es heute mit all seinen Lebensgeschichten ebenso
schreiben könnte - „alter Wein in neuen Schläuchen“, d.h. Wesen und Unwesen der Menschen
in neuer Sprache, in neuen Bildern beschrieben. Und zudem: auch heute würde ein Jesus
wieder gekreuzigt werden.
Und zu Schopenhauer - der wollte lieber nicht geboren sein!? Was würde der Welt doch ohne
sein grandioses Werk fehlen! Und wie sehr hätte ihm sein Pudel gefehlt, wäre dieser nicht
für ihn geboren worden!
Zuletzt noch zu Epiktet: er, bzw. seine Denkschule (oder ist’s doch eher das von Arrian
übertragene Werk) ist mir sympathisch, womöglich auch, weil sein Freiheitsbegriff
(dargelegt u.a. im Encheiridion) im Kern das aussagt, was ich kürzlich hier als
wesentliches Kriterium von Freiheit resp. Freiraum beschrieben habe; demnach diese nicht
als Möglichkeit zu ungehindertem Handeln, sondern durch die geistige Orientierung des
Menschen gegeben ist.
Jedenfalls kann man Parallelen zu Schriften des NT erkennen und wieder würde ich sagen,
dass es sich um Schriftgut handelt, welches das Leben bzw. die Lehre vom „richtigen Leben“
beschreibt. Im schon erwähnten Encheiridon findet sich übrigens der von Dir „frei“
zitierte Satz von den „Krankheiten“, wo aber diesbezüglich vom Tod die Rede ist: „Nicht
die Dinge selbst, sondern die Meinungen von den Dingen beunruhigen die Menschen: So ist
z.B. der Tod nichts Schreckliches ...sondern die Meinung vom Tod, dass er etwas
Schreckliches sei.“
Das hat aber keine Bewandtnis bzgl. Deines „Zitats“, da Du ja (mit Epiktet) ausdrücken
willst, dass uns zumeist nicht die Fakten, sondern die Meinungen darüber schrecken (oder
ggf. auch nur irritieren).
kj: „Waldemar erwähnte nochmal das Elend in
Südamerika. Da stellt sich mir
doch auch die Frage, wer uns was zu welchen Teilen dafür verantwortlich gemacht werden
kann. Wer vernichtet denn die Regenwälder durch brutale Abholzung und Brandrodung?
Sollte man nicht auch in Betracht ziehen, welches Elend und Leid durch dortige
Drogenkartelle in die Welt gebracht wird?“
Diesen Artikel habe ich nun gelesen und ich denke, er drückt das aus, was ich mit obigem
Hinweis aufzeigen wollte. Zudem wirklich fatal: Der brutalen Rodung der Regenwälder steht
die ebenso aggressive Ausweitung von Weideland für Rinderhaltung gegenüber, was zu
erheblicher Mehrung der Treibhausgase führt: eine diese zuvor mindernde Kohlenstoffsenke
(Wald) wird infolge extensiver Tierhaltung u.a. durch Darmgase zur mehrfachen
Emissionsquelle.
Hier bringt Machiavelli ( „ Es ist eben so wie es ist.“) keine Abhilfe. Marx jedoch hat
auch nur kluge Worte, aber eben nicht konkret zur Verbesserung der Welt beitragen können -
und seine kühnen Jünger schon gar nicht (wie weltweit gesehen).
Ach noch ein Hinweis aus Epiktets Nachlass (Encheiridion-siehe da) für Waldemar: „Spare
das Mitleiden ...und wenn es sich gerade schickt, auch mit ihm zu seufzen. Hüte dich aber,
dass du nicht auch innerlich mitseufzest“.
Nun ja, was soll ich dazu sagen? Mir jedenfalls fällt es schwer, angesichts so manchen
Unglücks, nicht auch innerlich zu weinen. Und so enden wir mit Schopenhauer.
Bester Gruß an Dich und in die Runde! - Karl