Am 11.08.2025 um 17:17 schrieb Ingo Tessmann über
PhilWeb <philweb(a)lists.philo.at>at>:
Es ist bereits angeboren, dass fünf Äpfel oder Kirschen oder was sonst als Anzahl erkannt
werden kann. Anzahlen unterliegen aber nicht C.p., sie sind Wahrnehumngs-Invarianten
variierender Situationen. Das hatten wir hier schon mehrfach thematisiert. Mit dem Zählen
werden Zahlen aber nicht erkannt, sondern konstruiert — auch beliebig groß. Ebenso wird
Obst durch Äquivalenzklassenbildung abstrahiert und hat nichts mit C.p. zu tun.
Von Wygotski habe ich noch nichts gelesen. Gemäß ChatGPT ist Abstraktion für ihn „kein
passives Weglassen, sondern ein aktiver, sprachlich gesteuerter Denkprozess, der vom
sozialen Kontext geprägt ist und den Übergang vom Konkreten zum Allgemeinen ermöglicht.“
Wie bei der Invariantenbildung ging es ihm wohl um das „Hinsehen auf" und nicht ums
„Wegsehen von“.
Neben „Abstraktion" und „Ideation" ist es ja auch das Wort „Ideologie“, das Du
zu vermeiden neigst, Joseph, mir als Ideologiekrititker aber wichtig ist. Interessant dazu
die Diplomarbeit von Michaela Hähling: "Ideologie und ökonomische Theorie.
Reflexionen im Umfeld von Wirtschaftsphilosophie“:
https://unipub.uni-graz.at/obvugrhs/download/pdf/253564
Darin ist zu lesen: "Das ideologische Denken ist keine Erfindung der Neuzeit;
vielmehr können derartige Gedankensysteme bis in die Frühzeit der Menschheitsgeschichte
zurückverfolgt werden. Der Begriff Ideologie wird jedoch erstmals 1796 von Antoine Destutt
de Tracy (1754–1836) verwendet und bezeichnet eine „Grundlagenwissenschaft (‚science des
idées„), welche das menschliche Erkenntnisvermögen streng (natur-)wissenschaftlich
untersucht und die Basis für eine vernünftige Gestaltung des sozialen Lebens abgeben
soll“. Aufgrund politischer Differenzen zwischen Vertretern dieser Lehre und Napoleon, der
diese als Ideologen bezeichnete, erhielt der Ideologiebegriff seinen auch heute noch
negativen Bedeutungsakzent.“
Und zu Deinem Steckenpferd „ceteris paribus“ habe ich gelesen in "Retrospectives
Ceteris" Paribus by Joseph Persky: William Herschel "was an outstanding
researcher in his own right, but he is probably best known today for being buried next to
Isaac Newton in Westminster Abbey. In any event, he was also the author of A Preliminary
Discourse on the Study of Natural Philosophy, a methodological discussion which was quite
influential after its publication in 1830. Mill as well as Cairnes drew heavily on
Herschel's treatment and especially his discussion of "residual phenomena.“ And
in Herschel we find at least one use of our phrase: "the total annual amount of solar
radiation will determine, caeteris paribus, the general climate of the earth.“ Perhaps
this spark ignited the modern use of ceteris paribus in political economy.“
IT