Karl Janssen
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Am 02.08.2024 um 21:21 schrieb Ingo Tessmann über
PhilWeb <philweb(a)lists.philo.at>at>:
Am 02.08.2024 um 02:56 schrieb Karl Janssen über
PhilWeb <philweb(a)lists.philo.at <mailto:philweb@lists.philo.at>>:
In diesem gefüllten und aus seiner Fülle lebenden
Zeitraum erzeugt die Konsekution eine „semantische Achse“, die das parallel und
sequentiell Ganze, z. B. einer Melodie oder eines Gedichts oder einer Erzählung
charakterisiert.
Mit dem sich entlang dieser „semantischen Achse“ für jedes neue Leben auftuenden
subjektiven (oder eben Eigen-) Raumzeitwürfel zeigt sich somit subjektive Bedeutung und
somit ein Sinngehalt jedes Lebens. Daher ist Leben keinesfalls sinnfrei oder dem puren
Zufall unterworfen, denn immer gilt: „Zufall und Notwendigkeit“, wie das hier kürzlich
auch unter dem Aspekt von Kohärenz (Zufall) und notwendiger Dekohärenz (Notwendigkeit)
erwähnt wurde.
Moin Karl,
ich hatte am 29. Juli an JL geschrieben: „Als Ökoliberaler versuche ich, Freiheit und
Notwendigkeit zusammenzudenken. Sartre dominierte die Freiheit, mit der Natur wusste er
nichts anzufangen. Einstein war weniger beschränkt, wie Pais in seiner Biographie
hervorhebt: ”Er war der freieste Mensch, den ich jemals kennengelernt habe. Er verstand
besser als alle vor oder nach ihm, Invarianzprinzipien zu erfinden und statistische
Schwankungen anzuwenden.“ Einstein verstand es offensichtlich in seinem Leben, zugleich
persönliche Freiheit zu erstreben und der Naturnotwendigkeit zu folgen.“
Menschliche Freiheit profitiert von Zufall und Notwendigkeit in der Natur gleichermaßen.
Den Myriaden von Zufällen ihrer Herkunft folgend versuchen Menschen ihrem fortdauernden
Leben Sinn zu verleihen. Wie Du darüber hinaus zu „dem Aspekt von Kohärenz (Zufall) und
notwendiger Dekohärenz (Notwendigkeit)“ gelangst sehe ich nicht, habe aber vielleicht was
überlesen.
Na also, Du sagst es und mehr gibt es diesbezüglich auch nicht zu sagen, außer vielleicht
zu fragen, was denn der Sinn des Lebens sei. Doch diese banale Frage, mit der sich
Philosophen, wie eigentlich die Mehrzahl aller Menschen beschäftigen entpuppt sich sehr
schnell als kaum allgemeingültig zu beantworten.
Vor Zeiten schrieb ich hier dazu, der Sinn des Lebens sei schlichtweg zu leben. Da wusste
ich gar nicht, dass der von mir hoch geschätzte Goethe diese Frage auf die gleiche Art
beantwortet hat: „Der Sinn des Lebens ist das Leben selbst.“
Gerade eben habe ich Waldemars jüngste Einlassung dazu gelesen und sie ist die immer
gleiche: Das Leben ist (auf Planetenoberflächen von außen her betrachtet) sinnfrei, ein
ohne „höheren Sinn und Zweck ablaufender sinn-freier Prozess“.
Ich denke, hier muss man nun zuerst mal fragen, was Menschen denn unter Sinn und Zweck
verstehen. Dabei sollte konsensfähig gelten, dass Sinn ein Beweggrund für einen gewissen
zielgerichteten Vorgang ist, der zu einem bestimmten Zweck erfolgt.
Und nun zum kosmischen Geschehen. Wer glaubt, dass da in den Weiten des Universums
zahllose Gebilde umherschwirren, ohne Bezug auf irgendeine Bewandtnis, sollte zuerst mal
in aller irdischen Bescheidenheit die Leibniz-Frage für sich beantworten, warum überhaupt
etwas existiert und vielmehr nicht nichts.
Waldemar weiß viel - auch wenn er hier stets das Gegenteil behauptet, aber er kann aus
dieser irdischen Perspektive unmöglich eine Aussage treffen, die eine Sinnhaftigkeit
dieses Universums infrage stellt. Dieses Universum hat sich mit der modernen
astrophysikalischen Forschung in einem erstaunlichen Maß dem menschlichen Wissen eröffnet
und damit zu Erkenntnissen geführt, die es schlichtweg ausschließen, von Sinnfreiheit des
Universums zu sprechen, alleine schon dessen hochpräzise Feinabstimmung zeugt von Sinn und
Zweck des kosmischen Raumes.
Wenn Waldemar mit sinnfrei jedoch vornehmlich die sich damit ergebenden Freiheitsgrade in
der Ausgestaltung habitabler Zonen dieses Universums meinst, stimme ich zu und es schließt
sich der Kreis zu Goethes Aussage zum Sinn des Lebens: Der Sinn des Lebens ist Leben;
Dieses wird durch die feinabgestimmten Naturkonstanten des Kosmos mit spezifisch
physikalischen Zuständen in dessen habitablen Zonen ermöglicht, als Lebensräume für
unzählige Arten und Formen von Lebewesen. Sinnhaftiigkeit und Zweckmäßigkeit schlechthin!
Wer nun einen Gott dafür verantwortlich machen will, müsste zunächst dessen üblicherweise
angenommene anthropomorphe Gestalt hinterfragen - ketzerisch gefragt: Auf welchem Gestirn
in den Weiten des Universums sollte er residieren?
Pure Wiederholung hier: Wenn ein GOTT existieren soll, dann kann es sich nur um eine
omnipräsente Wesenheit handeln, die selbstredend gestaltlos allenfalls als „Kosmische
Intelligenz“ zu begreifen wäre, die eben diese kosmischen Weiten durchdringt, im Begriff
von Religion als JAHWE schlichtweg existiert.
Noch vor wenigen hundert Jahren hatten Menschen gar keine andere Möglichkeit, die ihnen
aufscheinenden Phänomene der Natur, des „gestirnten Himmels“ über ihnen, anders als mit
mystischen Erklärungen und eben mit Vorstellungen von einem übergeordneten Wesen, das sie
Gott nannten, zu deuten. Heute wäre es dringend an der Zeit diesen Gottesbegriff neu zu
definieren. Dann würdest Du endlich Ruhe finden, Waldemar und alle anderen
Wissens-Schaffenden sich mathematischen Spielchen, z.B. der KI widmen.
Kohärentes Licht wird bspw. mit einem LASER erzeugt, aber nicht zufällig, sondern
technisch erzwungen und der Lasertheorie folgend notwendig. Die Dekohärenz des Laserlichts
erfolgt dann außerhalb des LASERs, aber zufallsverteilt diffus. Beim Vermessen des
Mondabstandes kommen trotz der großen Entfernung des Mondes, der Signalabschwächung durch
die Atmosphäre und den Beugungseffekten an den Reflektoren die Laserpulse noch sagenhaft
genau messbar wieder auf der Erde an: "The Apache Point Lunar Laser-ranging Operation
(APOLLO) has been collecting lunar range measurements for 15 years at millimeter
accuracy.“
Nun, das sollte ich alles schon gehört und begriffen haben. Die Begriffe von Kohärenz und
Dekohärenz werden aber nicht nur natur- sondern auch geisteswissenschaftlich verwendet.
Ich meinte diesmal letztere im Sinne des Aquinaten, allerdings schon auf QM bezogen, da
jedes Quantensystem im Zustand der Kohärenz notwendigerweise sofort in Dekohärenz
übergeht. Schaue Dir mal die diesbezüglichen Vorlesungen von Ph. Ball an. Oder bedenke,
welch großen Aufwand (Kühlung, Abschottung, etc.) man betreiben muss, um Quantensysteme
(Q-Bits) herzustellen bzw. diese aufrecht zu erhalten.
https://arxiv.org/abs/2304.11174
Aber Lichtwellen mit festen Phasenbeziehungen, die definitionsgemäß auch als kohärent
bezeichnet werden, meinst Du wohl nicht, sondern die Quanten-Kohärenz bis hin zur
Verschränkung. In der Theorie der Dekohärenz werden ja im Anschluss an die
Ensemble-Interpretation der reinen Zustände die Kohärenzen genannten
Außerdiagolalkomponenten des Dichteoperators einfach Null gesetzt. Erklärt wird der
Kollaps damit aber nicht, geschweige denn seine Notwendigkeit. Was hast Du Dir also bei
Deiner notwendigen Dekohärenz gedacht? Dass reine Zustands-Ensembles einer unreinen
Umgebung ausgesetzt faktisch zerfallen?
Die algebraische Diagonalisierung einer Matrix zur Auszeichnung reiner Zustände in der
Physik ebenso wie die Faktorenanalyse in der Stochastik entsprechen mathematisch ja der
Hauptachsentransformation in der Geometrie. Und ich frage mich dabei, ob auch Thomas sich
bei der seiner angenommenen Konsekution einer „semantischen Achse“ von der anschaulichen
Geometrie hat inspirieren lassen. Verständlicher würde mir seine auch Systemenergie
genannte „Semantische Energie“, wenn er sie nicht nur bruchstückhaft, sondern einmal
stringent folgerichtig präsentierte.
Das hat Thomas m.E. in seiner Terminologie (seinem Fachgebiet entsprechend) doch
unternommen! Vermutlich ist es aber nicht so einfach, die entsprechenden Bezüge in einer
fachfremden Darlegung herauszulesen. Was mit „Kohärenz-Konvergenz“ gemeint ist, wird für
jene sofort ersichtlich sein, die Teilhard de Chardins These zur Konvergenz begriffen
haben.
Thomas schrieb: „Semantische oder System-Energie ist somit die zurückgreifende, um sich
greifende und vorausgreifende Kraft einer Melodie, eines Gedichts, eines Systems als
Ganzer und als Ganzem, zusammengesetzt aus der Dynamik als Kohärenz-Konvergenz seiner
dynamischen Elemente. Es ist die Kraft ein der Aufnahme, Realisierung und Fortschreibung
je eines Systems, in der Zukunftsgestaltung als System.“ So ähnlich könnte metaphorisch
auch über die Quanten-Kohärenzen geschrieben werden.
Exakt, Metaphorik als ein Ganzes dieser Thematik gesehen und eben keine Einschränkung auf
pure Physik. Das nennt man Metaphysik und diese ist dem materialistisch geprägtem Denken
schwer - wenn überhaupt - zugänglich.
Der sprachliche Übergang von Semantischer oder
Systemenergie zu einer Kraft ergäbe in der Physik allerdings keinen Sinn; denn Kraft und
Energie können nicht gleichgesetzt werden, da zumindest die konservative Kraft als
räumlicher Gradient potentieller Energie definiert ist. Und die über ein Zeitintervall
integrierte Kraft wird ja Kraftstoß genannt.
dito
KJ