Am 01.04.2021 um 15:50 schrieb Dr. Dr. Thomas Fröhlich
via Philweb <philweb(a)lists.philo.at>at>:
A new polycontextural model of biopsychosocial interaction
Hi Thomas,
ich bleibe bereits an Deiner Überschrift hängen, speziell dem Wort „polycontextural“. Bei
Gotthard Günther beruht die polykontexturale Logik ja auf einer Theorie der Form, die er
Morphogrammatik nannte. Dabei knüpfte Günther ja vornehmlich an Hegels Logik an und ich
frage mich, warum bis heute derartige Holzwege verfolgt werden und nicht die von Gauss
ausgehenden Königswege, die über Riemann, Grassmann, Clifford u.a. zu vielerlei
Formtheorien geführt haben. Weißt Du, warum Günther sich seinerzeit auf Hegel und nicht
etwa auf seinen Zeitgenossen Grassmann bezog, der ebenfalls dialektisch argumentierte?
Andererseits ist es trivial, davon auszugehen, dass sich alles im Kontext, letztlich
innerhalb des Universums hier auf der Erde, abspielt. Und so wie jede Handlung bei
Existentialisten etwa in Situation vollzogen wird, laufen auch die Experimente der
Physiker im gesellschaftlichen Kontext ab und zu ihren Veraufsgesetzen gehören die
Einschränkungen durch Anfangs- und Randbedingungen. Polykontexturalität gehört also
bereits seit Galilei zur Naturforschung und hat sich seitdem einige der vielen
mathematischen Ausdrucksweisen zu eigen gemacht.
Vielleicht hilft uns das Beispiel eines historisch folgenreichen Experiments weiter, auf
das ich wiederholt verwies: "Oerstedt demonstriert die Ablenkung der Magnetnadel
durch den elektrischen Strom“:
https://www.akg-images.de/archive/Oerstedt-demonstriert-die-Ablenkung-der-M…
<https://www.akg-images.de/archive/Oerstedt-demonstriert-die-Ablenkung-der-Magnetnadel-durch-d-2UMDHUWZM17A.html>
Auch Oersted stand unter dem Einfluss der Dialektik in seiner romantischen
Naturphilosophie und sah den elektrischen Konflikt im stromdurchflossenen Leiter gleichsam
in der Kreisbewegung der Magnetnadel aufgelöst. Faszinierend ist ja, was das so einfache
wie geniale Experiment europaweit ausgelöst und zu was es bis heute geführt hat! Aber wie
sähe die Analyse des Experiments morphogrammatisch in polykontexturaler Logik aus und was
hätte daraus gefolgert werden können? Die dialektische Beschreibung Oersteds ist klickbar
und Du als Altsprachler verstehst wohl noch den Originaltext: "Experimenta circa
effectum conflictus electrici in acummagneticam“:
https://la.wikisource.org/wiki/Experimenta_circa_effectum_conflictus_electr…
<https://la.wikisource.org/wiki/Experimenta_circa_effectum_conflictus_electrici_in_acum_magneticam>
IT