Am 29.07.2024 um 17:19 schrieb Claus Zimmermann über
PhilWeb <philweb(a)lists.philo.at>at>:
Die Melodie ist eine Einheit, Ingo! Da werden keine Schritte gezählt. Deshalb kann man
sie sich ja leicht merken, als Einheit eben, ohne an die einzelnen Töne zu denken. Während
ein Dutzend unzusammenhängender Töne nur schwer im Gedächtnis zu behalten wären. Eine
Melodie oder auch ein ganzes Stück strengt das Gedächtnis nicht mehr an als ein einzelner
Ton.
Mensch Claus, was als Einheit betrachtet wird, ist ja wohl Konvention. Je nach Musikalität
und Übung können auch Sätze oder Sonaten als Einheit wahrgenommen werden. Und natürlich
sind sie alle in Töne zerlegt hör-, notier- und spielbar.
Überschaubare Anzahlen sind auf einen Blick erkennbar.
Man kann aber immerhin nachzählen oder auch in der Grundschule vorzählen.
Ebenso lassen sich Melodien in der Grundschule nachspielen.
Tonhöhen sind als Höhen von Tönen - das ist die
variable Qualität - nicht "rein quantitative Empfindungen". Wenn sich ein Kind
die Ohren zuhält, wird es ihm natürlich "zu viel", aber nicht etwa zu heiss oder
zu schnell, sondern zu laut.
Die Sinnesempfindungen werden nach Modalitäten unterschieden und sie werden jeweils
ortsgebunden in den entsprechenden Projektionszentren weiter verarbeitet. Dort kommen sie
aber alle einheitlich als Impulsfolgen, sog. spike trains, an. Die Synästhesien bei
manchen Menschen deuten darauf hin, dass sie in einheitlicher Weise verarbeitet werden.
V.S. Ramachandran and E.M. Hubbard leiten ihren Artikel „Synaesthesia — A Window Into
Perception, Thought and Language“ ein mit den Worten: "Synaesthesia is a curious
condition in which an otherwise normal person experiences sensations in one modality when
a second modality is stimulated. For example, a synaesthete may experience a specific
colour whenever she encounters a particular tone (e.g., C-sharp may be blue) or may see
any given number as always tinged a certain colour (e.g., ‘5’ may be green and ‘6’ may be
red).“
Wenn Computer "musizieren", kommen dabei
meist nur Industrieprodukte heraus, die nach nichts schmecken. Zufallstreffer wären nicht
auszuschliessen, wenn die Zahl der Versuche gross genug ist, ohne dass die Maschine den
Treffer vom nichtssagenden Rest unterscheiden könnte. Beides dürfte daran liegen, dass es
dafür keine Regel gibt.
Dass sich in der Musik Intuition und Methode ergänzen können und ein Musiker durchaus
auch, aber nicht nur methodisch arbeiten kann, mag so sein.
Computer scheitern gleichermaßen am originellen Komponieren wie am originellen Beweisen.
Wie Joachim habe ich ja gar nichts gegen Mathematik
einzuwenden, solange mir nicht erzählt wird, dass sie das einzig wahre ist.
Wer erzählt Dir denn, was das Wahre sein soll? Ich schreibe doch Kunst und Wissenschaft
gleichermaßen das Wort, scheue mich aber nicht, besonders auf die Schwächen der
Umgangssprache hinzuweisen. Beim späten Wittgenstein ist das noch nachvollziehbar,
Heidegger aber verliert sich mit Sprachgirlanden in Begriffsgymnastik.
IT