Am 14.12.2020 um 20:59 schrieb Joseph Hipp via Philweb
<philweb(a)lists.philo.at>at>:
Allein zu hören, dass schon du und vermutlich viele andere sich diese Frage auch
stellten, hat mich riesig gefreut. Eine halbe Flasche getrunken, aber ich liege nicht in
einer Badewanne. Dein zweiter Satz geht in Richtung des Programms ab von der Taxonomie zur
Kladistik, wenn ich dich verstehe, dann bist du schon auf der zweiten Stufe. Und dann
wären alle Bereiche des Wissens durchsät von nutzlosen und historischen Wörtern und
Sätzen, die zum Großteil über Bord geworfen werden können. Die Spreu vom Weizen zu trennen
geht hier nicht, es muss schon "ein wenig" bewiesen werden.
Hi Joseph,
wenn ich mich auf die Evolutionstheorie beziehe, meine ich das zumeist algorithmisch, wie
schon von Darwin beschrieben und von Eigen in Replikatorgleichungen gefasst. Taxonomie und
Kladistik sind nicht mein Fall. Die unendliche Vielfalt der Einzelheiten in Biologie und
Chemie hat mich immer abgeschreckt. Mit dem Periodensystem der Elemente und der Genetik
wurden erste Zusammenschauen möglich! Und die Quantentheorie hat dann die Chemie zum
bloßen Anhängsel der Physik gemacht. Aber noch bleiben Mechanismen und Organismen
geschieden.
Nebenbei gefragt: "keine umfangreiche
Untersuchungen" - kannst du Untersuchungen angeben, die diese Eigenschaft nicht
haben?
Ich meinte das im Unterschied zu den vielen speziellen Untersuchungen, die gemacht werden.
Also frage ich umgekehrt: Kennst Du irgendeine umfangreiche Untersuchung? Dazu zählten
beispielsweise die Aufklärungen der Gesamtvielfalten der Stoffe, Strukturen- und
Funktionen des Hormon-, Immun- oder Nervensystems. Oder das vollständige Verständnis von
Organismen; denn noch nicht einmal der Stoffwechsel einzelner Zellen ist hinreichend
bekannt. Deshalb ja die Metapher vom Tropfen unseres Wissens im Ozean unseres Unwissens.
Auf die Theorie von der Vermeidung kognitiver Dissonanz (VKD) bezogen, heißt das auch, wie
sie sich in unsere kognitiven Leistungen insgesamt einfügt. Wie steht es beispielsweise
mit ihrem Verhältnis zur sensorischen Kontrasverschärfung (SKV) oder der generellen
Differenzialcharakteristik unserer Sinne (DCS). Und wie sind all die kognitiven Prinzipien
aus den Replikatorgleichungen heraus zu verstehen?
Dass wir so denken wie wir denken, war ja einmal zumindest kein Überlebensnachteil. Aber
wie steht es um unsere Zukunft? VKD begünstigt Ideologien und Dogmatismus, SKV fördert
Schwarz/Weiß-Denken, DCS hat Überreaktionen auf Veränderungen zur Folge. Wie den meisten
Naturwissenschaftlern liegt mir die Zukunft am Herzen und ich hasse das Festhalten an
Kulturen, Traditionen, Brauchtum und Gewohnheiten, wenn sie sich als unsinnige Rituale
entpuppt haben. Daher rührt auch mein Hass auf Religionen, die Menschen trennen anstatt
ihre Gemeinsamkeiten zu betonen und die liegen in ihrer Natur, nicht in ihren Kulturen.
Es geht oft um Wahrscheinlichkeit, und kognitive
Dissonanz ist vermutlich in Korrelation mit Opportunismus. Was denkst du dazu?
Wenn äußere Kriterien fehlen, sehe ich das auch so. Die Vermeidung kognitiver Dissonanz
leistet der Ideologisierung Vorschub, wenn die neutrale Kontrolle außen vor bleibt. Auch
in den Naturwissenschaften ist ja die innere Vollkommenheit der Theorien durch die
experimentelle Kontrolle zu ergänzen,
Es grüßt,
Ingo