Am 29.01.2022 um 04:16 schrieb waldemar_hammel via Philweb:
[Philweb]
Am 29.01.2022 um 02:01 schrieb K. Janssen via Philweb:
Damit verbindet sich doch geradewegs die Kernfrage nach dem „warum
des Lebens“, eng verknüpft mit Grundfrage der Philosophie: Warum ist
überhaupt etwas und nicht vielmehr nichts? Leibniz wird sie nicht als
einziger und erster gestellt haben, sondern die Menschen stellten sie
seit der Antike bis zur gegenwärtigen Epoche; dennoch bleibt sie im
Kern unbeantwortet, gleichermaßen, ob man sie aus philosophischer
oder naturwissenschaftlicher Perspektive stellt. Letztere kommt
mittlerweile dem „wie“ der Entstehung des Universums und des sich
darin entwickelnden Lebens beachtlich nahe, doch das „warum“ bleibt
im Dunkeln der Spekulation oder wird im Lichte der Religionen verklärt.
hallo karl,
die frage, warum ist etwas, und nicht nichts,
1) scheint mir keine echte-frage zu sein, denn wenn nichts wäre, gäbe
es den fragenden und die frage nicht = der fragende muss "da-sein",
um diese quasi übers sein hinausgehende "leere" frage stellen zu
können, die dann, innerhalb des seins, aus logischem grund keine
antwort hat
Dieses hypothetische Argument gegen die Grundfrage, warum überhaupt
etwas und nicht vielmehr nichts existiert, muss in‘s Leere laufen: wo
nichts ist, kann es natürlich keinen Fragenden geben und damit auch
keine Frage nach irgend etwas. Da jedoch für Mensch, Tier und sonstige
Lebensformen erkennbar dieser irdische Lebensraum und damit etwas
existiert, ist es doch folgerichtig, dass jene, die das Bedürfnis und
das Vermögen haben, den Grund dieses „Daseins“ zu hinterfragen, dieses
offenbar auch tun.
Davon abgesehen, dass ich Dein Argument oder irgend einen Zusammenhang
falsch verstanden haben könnte, möchte ich nochmal kurz auf die mir
logisch erscheinende sog. „Warum-Frage“ des eingehen.
Kurzum: Der Mensch erkennt, dass etwas existiert und möchte wissen warum.
Daran schließt sich sogleich die Frage an, warum es nach all den
vergangenen Jahrtausenden menschlicher Existenz keine schlüssige,
allgemein akzeptierte Antwort zu diesem „Warum“ gibt, andernfalls man
doch endlich aufhören könnte/sollte, weiterhin in diese Richtung zu fragen.
Nun ist es ja nicht so, dass es keine Antworten gäbe, nur sind sie eben
nicht allgemeingültig, es gibt erkennbar keinen allumfassenden Konsens
und somit steht diese Grundsatzfrage weiterhin im Raum; zumindest für
all jene, die sich weder mit religiösen oder fragwürdigen Antworten der
Metaphysik noch mit lapidaren Hinweisen von Atheisten auf einen pur
zufälligen, sinnfreien Ablauf des Weltgeschehens zufrieden geben wollen.
Warum gibt es also etwas und insbesondere Leben? Diese Frage scheint so
simpel wie gleichermaßen hochkomplex, je nachdem, von wem und wie sie
gestellt wird. Und es bleibt wohl dabei: die einen stellen sie sich erst
gar nicht, die anderen verfangen sich darin, nicht wenige verzweifeln daran.
Um sich nicht zu verfangen oder gar zu verzweifeln, könnte man sich noch
einmal Kants Grundfragen der Philosophie ins Gedächtnis rufen und eine
nach der anderen ganz persönlich für sich reflektieren:
"Was kann ich wissen?"
Mittlerweile sehr viel, womöglich sogar zuviel, um dabei den Blick für
das Wesentliche zu verlieren, doch was ist überhaupt wesentlich? Für den
einen dies, für den anderen das; gibt es darüber hinaus für alle
Menschen ein grundsätzlich Wesentliches und demnach hinreichend
bedeutsam es zu wissen zu wollen resp. zu sollen?
Wie gelangt man an dieses Wissen und ist es überhaupt ratsam, alles
mögliche wissen zu wollen? Sicher nicht, denke ich, denn Wissenserwerb
hat seine Grenzen: mit Allwissenheit könnte kein Mensch leben, mit zu
wenig Wissen kann Leben sehr beschwerlich, wenn nicht sogar gefährlich
werden.
Schiebt man die „Wissensfrage“ beiseite, könnte man sich der Frage zuwenden:
"Was soll ich tun?"
Diesmal nicht nach moralischem Handeln fragend, sondern ganz lebensnah
nach Handlungsoptionen.
„Probieren geht über Studieren“ sagt der Volksmund und liegt (bedingt)
richtig damit. Obgleich überwiegend so gehandhabt, kann und sollte
längst nicht immer nach dem Prinzip „trial and error“ gehandelt werden,
denn bisweilen ist bzw. wäre ein allererster Versuch auch zugleich der
ultimativ letzte.
Da jedes Handeln Konsequenzen nach sich zieht, ist für meine Begriffe
die Frage nach dem Tun sehr eng mit der Frage nach dem Wissen verknüpft,
diesmal jedoch nicht im philosophischen Kontext sondern eindeutig auf
das reale Leben bezogen: was muss ich wissen, damit ich das richtige tun
kann.
Nicht selten bleibt dann nur die Hoffnung, das richtige getan zu haben.
Die Frage
„Was darf ich hoffen“
siedelt Kant offensichtlich im Bereich der Religion an und zwar in dem
Erhoffen von Glückseligkeit nachdem sich der Mensch als „glückswürdig“
durch sittlich moralische Haltung erwiesen hat. Für Kant steht die Frage
eindeutig im Kontext von Moralität, also dem Einhalten persönlicher wie
gesellschaftlicher Pflichten. Für meine Begriffe versteht sich das von
selbst und man braucht dazu keine Religion (wie diese üblicherweise
gelebt und gelehrt wird). Allenfalls würde ich einen Gottesbezug mit dem
auffordernden Spruch des Volksmunds herstellen: Hilf dir selbst, dann
hilft dir Gott! Und überdies wird gelten: Helfe dir und anderen und
nicht zuletzt allem Lebenden, dann sind dir auch Gottes Hilfe und ein
Hauch von Glückseligkeit (als Himmel auf Erden) gewiss. Den
Gottesbegriff definieren zu wollen, sollte man tunlichst vermeiden, er
steht für etwas, was wir nicht wissen sondern bestenfalls erspüren können.
Wie öfter schon erwähnt, erachte ich es als ein schwaches, lediglich
jämmerlich egoistisches Motiv für moralisches Handeln, indem man sich
einen sicheren Platz in einem irgendwie vermuteten Jenseits erhofft (sei
es der Schamajim der Juden, der Himmel der Christen, Dschanna oder das
Nirvana usf.). Diese Art Hoffnung ist mir sehr befremdlich geworden.
Was ich entgegen hoffe, ist die Fortentwicklung der Menschheit zu dem,
was sie sein könnte und vor allem sein sollte. Hier geht es nicht um das
Wohl des Einzelnen und sein erbärmliches Kalkül, in einem geglaubten
Jenseits Glückseligkeit zu erfahren sondern darum, diesen (gewussten)
Lebensraum hier so zu gestalten, wie dies potentiell möglich wäre.
Dann bleibt noch die Frage:
„Was ist der Mensch?“
Auf eine ganzheitliche Antwort darauf wird die Menschheit wohl noch
lange warten müssen.
Bester Gruß an Dich und in die Runde! - Karl