Danke zunächst, Claus für Deine Stellungnahme, die mich leicht zum
Selbstverständnis dieses philweb-forums überführen lässt.
Und ich fange von Deinem Schluss-Statement her an: „Niemand muss hier
mitlesen“;
das ist zweifelsohne zutreffend, ebenso wird aber anzunehmen sein, dass
hier mitgelesen wird und zwar potentiell weltweit über das Listenarchiv.
Auch hier möchte man anmerken, dass es uns philweb-Teilnehmenden
gleichgültig sein könnte/sollte, ob sich da irgendwo eine (zufällig oder
regelmäßig) mitlesende Person durch (im diesem konkreten Fall) Spott
über Gott und Religion gestört oder gar angegriffen fühlt.
Dieses Argument ist verständlich, wenn es aus der isolierten Sicht,
quasi sich im hermetisch abgeschlossenen Raum einer Mail-Liste wähnend,
angeführt wird; es verliert jedoch definitiv seine Gültigkeit, weil
philweb diesbezüglich eben nicht „geschlossen“ ist.
Das scheint der Listenbeschreibung entgegen zu stehen, die wie
nachfolgend zitiert formuliert ist:
""PhilWeb" ist eine offene, unmoderierte Email-Liste. Sie wurde
ursprünglich von der Internet AG am Philosophischen Seminar der
Universität Hamburg ins Leben gerufen, um PhilosophInnen ein Forum für
den Austausch von Informationen und zur Koordinierung ihrer jeweiligen
Web-Aktivitäten zu bieten.
Die Liste "PhilWeb" entwickelte dann aber ein Eigenleben und wird bis
heute überwiegend als thematisch offenes Forum für philosophische
Diskussionen genutzt.
Technisch wird die Liste von Herbert Hrachovec auf einem Server der
Universität Wien betreut. Die "Listowner" von "Philweb" sind Karl
Janssen und Cyrill Bitterich."
(Anm: Cyrill ist zwar noch in die Teilnehmerliste mit seinem UNI-Account
eingetragen, hat sich aber nie mehr gemeldet. Womöglich ist er längst
mit akademischen Würden in die "Arbeitswelt" entschwunden. Falls nicht -
bitte mal melden, Cyrill!)
Die Kernpunkte der List-Beschreibung sind also „offen“ und „unmoderiert“.
„Offen“ heißt zunächst, dass jede (prinzipiell) weltweit an dieser Liste
interessierte Person sich (ohne Einflussnahme eines Listenverwalters) in
die Teilnehmerliste des Webservers eintragen und damit an den
Diskussionen teilhaben bzw. -nehmen kann.
„Unmoderiert“ bedeutet, dass die Listen-Beiträge nicht über einen
Listenverwalter laufen, der diese ggf. moderiert oder gar zensiert.
Für Philweb gilt also, dass die Listenbeiträge grundsätzlich nicht dem
Einverständnis des Listenverwalters ("Listowner") unterliegen; sehr wohl
jedoch der für die im öffentlichen Raum des Internets und somit auch für
Mail-Listen geltenden Netiquette, als dieser Wortschöpfung aus „Net“ und
„Etiquette“, die vorzugeben im Ermessen des jeweiligen Betreibers
liegt, wie ebenso die Kontrolle der Einhaltung und ggf. Sanktionierung
bei groben Verstößen.
Art und Umfang einer Netiquette wurden für philweb nicht explizit
festgeschrieben, da hierzu von Beginn der Liste an keinerlei
Notwendigkeit gegeben war.
Bis auf wenige kleine „Ausfälle“ (die sogleich korrigiert und abgestellt
wurden) hat philweb über Jahrzehnte ein ganz spezifisches Profil
entwickelt, das sich sehr wohltuend vom Umgangs- und Schreibstil
weiterer im Netz befindlichen Foren absetzt. Jede hier bei uns
teilnehmende Person weiß das zu schätzen und sich danach zu richten.
Warum also (möchte man dann fragen) komme ich dazu, Waldemar die „gelbe
Karte“ zu zeigen (von „Rauswurf“ - unter Brieffreunden - ganz zu
schweigen).
Schlicht und einfach, weil grundsätzlich in den öffentlichen
Kommunikationskanälen des Internets auch Werte Geltung haben sollten;
Werte also (so verschlissen dieser Begriff mittlerweile auch sei), die
sich hinsichtlich der Wortwahl, Achtsamkeit, Respekt,
Einfühlungsvermögen und somit angemessener Zurückhaltung gegenüber
Mit-Foristen bzw. sonstig Mitlesenden ausdrücken sollen.
Dafür sollte philweb ebenso stehen wie ich mit meinem Namen, als der ich
in der Verantwortung als „Listowner“ mich nicht zuletzt auch gegenüber
dem technischen Träger dieser Liste (Server der Universität Wien) sehe.
Wie Thomas zutreffend bemerkt, ist diese Liste bewusst
nicht-hierarchisch aufgebaut, und sollte demnach eine Vielzahl von
Meinungen vertragen; damit verbindet sich selbstredend eine große
Bandbreite an Auffassungen, Einschätzungen und dementsprechenden
Beiträgen oder Stellungnahmen.
Dabei sollten oben erwähnte Werte jedoch nicht außer Acht gelassen
werden bzw. besondere Beachtung für unsere Diskussionen hier finden
(insbes. für das sehr sensible Thema von Religion):
Achtsamkeit, Respekt und ein der Fairness entsprechendes
Einfühlungsvermögen gegenüber Menschen, die (aus welchen Gründen immer)
Religion für sich als „religio“ im Sinne von Rückbindung an eine
spirituell wahrgenommene oder sonstig durch überlieferte Offenbarung
postuliert und angenommene resp. geglaubte transzendente Entität (i.a.
Gott als geistiges Wesen) definieren und ihr Leben danach ausrichten.
Ich sollte hier nicht zum Überdruss wiederholen müssen, dass der
überwiegende Teil religiös geprägter Menschen Religion (gleichermaßen
welcher Ausprägung) auch als Rückbindung an Regeln, Gesetze oder Gebote
versteht und somit einen wesentlichen stabilisierenden
Gesellschafts-Faktor darstellt.
Über allem steht jedoch das Recht jedes Menschen, seine innersten
Überzeugungen bekunden und demnach auch leben zu können, sofern dabei
jegliche Verletzung von Mitmenschen und -geschöpfen ausgeschlossen ist.
Es ist selbstredend auch das Recht von Menschen, die eine atheistische
Weltsicht vertreten.
Diesen Überzeugungen und dementsprechenden Lebensweisen mit
Herabwürdigung und Spott zu begegnen (wenngleich bisweilen indirekt),
kann nicht unserem Anspruch einer offen und vor allem fair betriebenen
Diskursethik entsprechen.
Bester Gruß in die Runde! - Karl
PS: Müßig zu betonen, dass es nicht nur unfruchtbar, sondern absolut
sinnlos ist, Grundsatzdiskussionen religiöser vs säkularer
Gesellschaftsformen und dergl. zu führen. Das bleiben für meine Begriffe
solange zwei unversöhnliche Welten, bis die Menschheit (wie mehrfach von
mir hier geschrieben) durch transdisziplinäre Forschung bislang nach wie
vor tiefsitzende Weltbilder obsolet werden lassen.
Somit sollte man es unterlassen, sich hier gegenseitig in diesbezüglich
jeweilige Denk/-Glaubensrichtungen zu verstricken oder gar diese zu
missionieren.
Ein zutiefst religiöser Mensch wird sich ebenso wenig von seiner
Überzeugung abbringen lassen, wie der von seiner Weltsicht überzeugte
Atheist.
Und nun sollten einige mehr hier dem Waldemar gut zureden, damit er
wieder den „Kampf“ in philweb aufnimmt (möglichst nicht gegen Gott und
Religion, sondern eher - wie meist den fairen „clash“ mit mir).
Am 20.07.2021 um 01:50 schrieb Claus Zimmermann via Philweb:
[Philweb]
Nachdem WH seinen Austritt angekündigt hatte, dachte ich, er wollte einem angedrohten
Rauswurf zuvorkommen. Aber Karl Janssen schrieb in diesem Fall ja nur:
" Ich setze mich aber gewaltig für jene (wo und wann auch immer hier)
Mitlesende ein, die sich von dieser herablassend spöttischen Art von
Religionskritik angewidert abwenden und deshalb die Liste bereits
verlassen haben oder dieses beabsichtigen.
Und zum ebenso wiederholten Male möchte ich anmerken, dass diese
Beiträge hier weltweit über das Archiv zu lesen sind, es sich also nicht
um ein hermetisch abgeschottetes Forum handelt."
Also dieses mal keine gelbe Karte. Bei dieser Gelegenheit bedanke ich mich gleich bei
Karl Janssen für die technische Betreuung der Liste. Das ist bestimmt ein Haufen Arbeit.
Wer sich angegriffen fühlt, kann widersprechen, zurückholzen oder auch sich abwenden oder
die Liste verlassen. Aber ich verstehe nicht die Reaktion auf den Hinweis, daß es zu
letzterem kommen könnte. Wenn es so wäre: na und?
Ich finde nicht, daß wir verpflichtet sind, auf ein Publikum Rücksicht zu nehmen. Niemand
muss hier mitlesen.
Beste Grüsse
Claus
_______________________________________________
Philweb mailing list
Philweb(a)lists.philo.at
http://lists.philo.at/listinfo/philweb