Am 15.12.2019 um 22:36 schrieb Rat Frag:
Am Do., 12. Dez. 2019 um 16:05 Uhr schrieb Claus
Zimmermann
<mail(a)clauszimmermann.de>de>:
Was könnte man unter einem Satz verstehen, dessen Wahrheitsgehalt
niemand feststellen kann?
"Das Universum ist unendlich groß in seiner Ausdehnung, sowohl im Raum
als auch in der Zeit".
Unverständlich? Ich denke nicht.
Ich verstehe eine Zuschreibung nur, wenn ich ihre Bedingungen kenne. In
diesem Fall: "hat keinen Anfang und kein Ende in Raum und Zeit". Aber
wie soll ich das feststellen? Dazu müsste ich 1) wissen, wie ich mir den
Anfang und das Ende vorzustellen hätte und 2) die Unendlichkeit bis zum
Ende durchsucht haben, denn sonst könnte mir ja etwas entgangen sein.
(Meine Güte , was für eine scholastische Haarspalterei!)
Also: eher unverständlich, auch wenn es wie normales Deutsch klingt.
Aber gibt es nicht doch verständliche Behauptungen, die prinzipiell
unbeweisbar sind?
Der Beweis der Nichtexistenz ist nicht möglich, sagen wir. Aber das
bedeutet nur, daß wir die Bedingung für den Beweis der Existenz ernst
nehmen und die Behauptung der Nichtexistenz zurücknehmen, sobald ein
Exemplar der Gattung oder der Träger des Namens präsentiert wird.
Nichtexistenz kann zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort ("In
diesem Raum befindet sich kein Elefant") ebenso bewiesen werden wie
Existenz und beide Beweise gelten nicht ein für allemal. Ob der Beweis
für den ganzen Planeten erbracht werden kann, ist nur eine Frage der
Leistungsfähigkeit der Suchmaschine. Prinzipiell unmöglich wird es erst
wieder bei einem "grenzenlosen Raum". Aber ist das nicht ein
Selbstwiderspruch, wenn ein gegebener Raum (im Gegensatz zu einem
konstruierten) durch seine Grenzen definiert ist?
Einen konstruierten oder ausgedachten Raum (wie etwa die Zahlenreihe)
kann man begrenzen oder auch nicht, ohne auf einen tatsächlich
vorhandenen Baumaterialvorrat angewiesen zu sein. Es ist ja bloß eine
Gedankenoperation oder Luftnummer. Das wäre dann wohl die (nicht
selbstwidersprüchliche) "potentielle Unendlichkeit".
In der Mathematik gibt es ja auch unentscheidbare Sätze, die dennoch
sinnvoll sind, sie können als Axiom einem System hinzugefügt werden
oder eben nicht.
Von Mathematik verstehe ich leider nichts.
Wenn Axiome für gültig erklärt werden, sind sie Beweismittel und nicht
zu beweisende Sätze. Ähnlich wie mit " 'Schimmel'='weisses Pferd'
"
nichts behauptet wird, das zu beweisen wäre, sondern lediglich eine
Zeichenbeziehung eingeführt wird, anhand derer festgestellt werden kann,
ob korrekte Implikationen mit dem Begriff "Schimmel" verbunden wurden.
Vielleicht
verstehe ich die Erklärung in einem komplizierteren Fall
nicht auf Anhieb.
Genau das möchte ich in diesem Fall nicht ausschließen. Es könnte
sein, dass ich selbst keine Ahnung habe und irgendwas grundsätzlich
nicht verstehe.
Würde ich auch nicht ausschliessen. Wäre aber etwas anderes als
prinzipielle Unbeweisbarkeit, die ja durch keine Erklärung von
Beweisbedingungen aus der Welt geschafft werden kann.
Das gleiche
gilt für den Satz "Auf dem Berg B wächst die Pflanze P.".
Die Überprüfung seines Wahrheitsgehalts könnte aber daran scheitern, daß
es niemand schafft, auf diesen Berg zu klettern. Dann hätten wir es mit
einem Satz zu tun, dessen Wahrheitsgehalt wir derzeit nicht überprüfen
können, aber nicht mit einem prinzipiell nicht nachprüfbaren.
Man kann quasi 5 mögliche Ausgänge entscheiden:
1. Die Aussage ist wahr.
2. Die Aussage ist falsch.
3. Der Wahrheitswert der Aussage ist ungeklärt.
4. Der Wahrheitswert der Aussage ist prinzipiell unentscheidbar.
5. Der Wahrheitswert der Aussage ist ungeklärt und kann aus
praktischen Gründen nicht mehr entschieden werden.
Wenn man das theoretisch korrekt fassen will, müssen man noch zwischen
Entscheidbarkeit und Vollständigkeit unterscheiden. Spielt aber für
diesen groben Überblick keine Rolle.