Lieber Karl, liebe Alle,
es ist eigentlich einfach: in die Form der Sprache, und nicht des Fühlens gebracht fehlt
die Sinnebene. Sie kann zwar, wie jetzt eben in meinem Text angesprochen werden, aber
gelebt wird sie nicht im Text, sondern in der tätigen Interaktion mit ihm, in seinem
Verstehen, im Verstehen seines Sinns.
Sinn wiederum ergibt sich aus der Interaktion durch Erzeugen einer Passung als Teil der
Interaktion. Er ist kein äußerlich zuzuweisendes Attribut, sondern etwas Lebendiges, den
beteiligten Innen entspringendes.
Er beinhaltet stillschweigend die jeweils genutzten Perspektiven und die in diesen
Perspektiven angesprochenen Aspekte. Ist die Ansprache erfolgreich, kommen die Aspekte zum
Klingen, und der von beiden Seiten erzeugte Klang geht in das Innen beider oder aller
Beteiligten ein.
Hierbei gibt es für einzelne Sinne ganz unterschiedliche Bedeutungsgewichte – manche sind
eher beiläufig, andere essenziell. Das entsprechende Relevanzprofil in
Verweisungszusammenhängen ist daher nicht plan, sondern uneben. Die „Höhendimension“ der
Relevanz ist im Sprechen und Zeichnen nur anzudeuten, etwa, indem man lauter spricht oder
energisch auf ein Zeichen zeigt, aber sie ist dem Zeichen und Wort nicht als solchem,
bereits als Zeichen und Wort inne. Sie ergibt sich nämlich nicht aus dem Zeichen oder Wort
selbst, sondern erst aus der Interaktion mit diesem, hat also mindestens zwei Quellen. Der
Leser und Hörer taucht im Wort selbst nicht auf, diese Interaktion aber ist es, die den
Sinn entstehen lässt.
Der Sinn wird über Innerliches, Eigenes, nämlich Spüren und Fühlen erstellt und gelebt,
nicht über Bezeichnen. Das Fühlen ist ein Mitfühlen im sinnstiftenden Interagieren, und
das Mitfühlen geschieht auf einer anderen Ebene und erstellt eine andere Ebene
(Relevanzprofil), als es das bloße Bezeichnen und Abbilden etc. tun.
Hier ein kurzer Text dazu:
Bedeutungs-Intensität, Relevanzprofil sind anders als flache Gleichebnigkeit der bloßen,
kategoriale-allgemeinen Mengenzugehörigkeit
Indem die „Dimension“ des Bedeutens, der Bedeutung, des Innen als Sinns hinzugenommen
wird, geht die banale Gleichebnigkeit von zunächst sinnlosen, damit sinn-neutralen
Elementen verloren. Ihre Bedeutung und ihr Innen entfalten und erschließen sich erst in
der Interaktion, und diese ist nicht neutral als „überhaupt Element einer Menge zu sein,
und das wars“, sondern spezifisiert in der jeweiligen Einzelzugehörigkeit zu einzelnen
Interaktionen, als Feinabstimmung einzelner Elemente.
In der üblichen Element-Mengen-Sicht sind die Zugehörigkeiten auch der Elemente nicht
Einzeln-spezifisch, sondern von gemeinsamen Aspekten her gedacht, also kategorial. Im
Bedeutungswirken dagegen verfügt ein DCP über nicht nur allgemeine, sondern sein hier und
jetzt und Interagieren spezifizierende Aspekte, und die Abstimmung erfolgt über allgemeine
ebenso wie übe das moi, ici, maintenant (Eugène Minkowski) schaffende und mitteilende
Aspekte.
Die Orientierung von Aspekten zueinander kann für eine weiter reichend erfolgende
Abstimmung „wichtige“ Interaktionen ermöglichen, eine Abstimmung und Gesamt-Gestimmtheit,
die ohne diese eine spezifische Interaktion, ohne dieses besondere Wort in seinem
besonderen Klang und seinen einzigartigen Assoziationshof nicht erstellt würde. Das Wort
ist dann wie der Schlussstein eines Torbogens, den es ohne ihn nicht gäbe.
Dieser Schlussstein ist aus Sicht weiterer Interaktionspartner bedeutender, relevanter als
andere Steine, er erfüllt eine Schlüsselfunktion in einem Arrangement, das ohne ihn nicht
bestünde.
Die Bedeutung wird also von beiden Interaktionspartnern erstellt, entsteht in ihrer
Interaktion und ist nicht einfach und unspezifisch und unabhängig von der Sicht und den
Bedürfnissen des Interaktionspartners „da“. Ein Relevanzprofil aus Sicht weiterer
Interaktionspartner weist ihr eine hohe Bedeutung zu, es ist uneben, hat Schlüsselstellen,
sowohl im Seriellen als auch im Gleichzeitigen, es betrifft die semantische „Dichte“, die
mögliche semantische „Intensität", wie ich die semantische Energie (als
Jeweiligkeits-Energie, damit als perspektivische, vom Interagierenden zugewiesene, in der
spezifischen Gesamtinteraktion entstehende) Energie künftig nennen möchte.
Viele Grüße,
Thomas
Am 04.02.2025 um 01:17 schrieb Karl Janssen über
PhilWeb <philweb(a)lists.philo.at>at>:
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Am 03.02.2025 um 15:55 schrieb waldemar hammel
über PhilWeb <philweb(a)lists.philo.at>at>:
lieber karl,
auch du, metapysisch engagiert, wirst doch nicht ernsthaft bestreiten wollen, dass unser
gesamtes fühlen und denken, von a-z, von den im hirn etablierten neurotransmittern abhängt
und gesteuert wird,
Das ist unbestritten der Fall und für mich als „Zwitter“ zwischen Homo Faber und
Meta-Physikus stellen die neurologischen Prozesse im Gehirn - unbenommen verschiedener
Modelle der Hirnforschung- den „Hardware-Part“ dar;
Mit jedem entstehenden Gedanken wirken Neuronen-Netze in der Großhirnrinde zusammen, was
neurologisch nachweisbar ist, nicht nachweisbar oder genauer nicht „lesbar“ ist der
Bedeutungsinhalt eines Gedankens. Da sich die prozessuale Verarbeitung von Gedanken
zugleich über das gesamte Gehirn ausbreitet, wird es wohl noch einige Forschungsarbeit
erfordern, bis man - wenn überhaupt jemals - Gedanken lesen kann.
Die von Dir erwähnten Signale sind also nachweisbar, glücklicherweise (oder auch nicht)
kann jedoch kein unmittelbarer (i.Ggs. zu einem Lügendetektor) Bezug zum wirklich
Gedachten hergestellt werden.
Diese bis heute noch nicht restlos geklärten Funktionen von Hirn und ZNS, der zufolge
Lebewesen denken, fühlen, träumen, sich bewegen können, bilden ihre jeweils spezifische
Repräsentation, quasi als ein Gedankenabdruck zumeist im Großhirn ab. Vielleicht wie ein
Stempel zu sehen, dessen gummiartiges Material ein Motiv darstellt. Dabei sind Gummi und
Motiv unterschieden wie „Hard- und Software“ eines Rechners. Dabei gibt es auch noch
substratabhängige wie auch substratunanhängige Software.
womit ein austausch der transmitter-sets ein
völlig andersartiges fühlen und denken erzeugen würde, wie alkohol oder andere drogen, die
lediglich das vorhandene set peripher beeinflussen, schon schlagend beweisen
--
Siehe oben
-
und "gott"? ich "glaube" nicht nur an ihn, ich weiß sogar, dass ich
ihn in mir mit herumschleppe, und zwar als kleinhirn-sub-funktion (verlängertes
rückenmark/ medulla oblongata bereich, denn darin "sitzt" das diffuse
alles-ist-eins,
das allgeborgenheits-gefühl, und das laut wissenschaftlicher befundung, die das
"gott-gefühl" somit neuro-beweist, aber eben NUR und lediglich als
neuro...-funktion wie alle anderen neuro-funktionen, wobei ich das "gott-gefühl"
als
einen der grundlegenden bestandteile unserer allgemeinen selbst-referenz ansehe, also als
eine immunfunktion, genauer: psychischen immunfunktion (gemäß psycho-neuro-immunologie).
das heißt weiterbedacht:
alles, dass man über und zum "gott-gefühl" EXPLIZIT aussagt, ist reiner unsinn,
weil das gottgefühl in uns eben diffus ist und bleibt
Hier sind wir uns ja ein gutes Stück näher gekommen an meinem Beispiel „God is a
Feeling“. Aber wir sind noch längst nicht dort angekommen, wo man naturwissenschaftlich
fundierte Aussagen über die Existenz eines Gottes machen könnte. Ich bleibe dabei, meinem
derzeitigen Kenntnisstand und meiner religiösen Gesinnung folgend, dass es kein Wissen von
einem Gott geben kann (Dekalog), da sich diese Wesenheit sowohl der physischen, wie auch
gedanklichen Wahrnehmung entzieht. Man nennt das theologisch „Das Schweigen Gottes“ (R.
Pannikar). Man kann einen Gott nur glauben oder eben fühlen. Wenn man diese Wesenheit als
Gefühl von Allgeborgenheit wahrzunehmen vermag, wird man auch an sie glauben können, oder
- wie ich - davon überzeugt sein können.
Das Verhältnis zwischen Gottheit und Menschheit ist - unbeschadet der biblischen
Erzählung - vermutlich in seiner Komplexität nicht zu übertreffen. So einfach, wie es
Theresa von Avila sieht, ist es für fast alle Menschen nicht: „Solo Dios basta“. Zu groß
ist das schier endlose Leiden abermillionen Menschen, von Tieren und der gesamten Natur,
dieses scheinbar unabdingbare „Fressen und gefressen werden“.
Wen wundert es, wenn Menschen sich immer schon nach einem Paradies gesehnt haben. Das ist
die eine Seite der Münze, solchermaßen gegen die Sonne gehalten, würde aber alles auf
dieser Seite Gelegene versengen, hingegen auf der Schattenseite erfrieren.
So dreht sich jedes Leben wie eine Münze mal der Sonne zugewandt und wieder von ihr
abgewandt, um eben nicht zu verbrennen und nicht zu erfrieren.
Im Wechsel liegt das Glück: Neues Spiel - neues Glück! Nix is mit ewiger Glückseligkeit
in welchen Himmeln immer. Glück währt immer nur einen Augenblick. Kairos, wer es im
Augenblick erfasst, wird ihm teilhaft.
Alles schon geschrieben hier, doch Du willst es wohl immer wieder hören.
Bester Gruß an Dich und in die Runde!
PS:
Wesen, jede Wesenheit, die den Menschen das Gefühl von Geborgenheit gibt, wird Vertrauen
bekommen. Christen nennen das Gottvertrauen.
Und nochmal zur „kosmischen Intelligenz“ und damit der Frage nach dieser erstaunlich
präzisen Harmonie des (zumindest des bislang erkannten, resp. „vermessenen“) Universums.
Von Einstein bis zu Kosmologen heutiger Zeit herrscht Verwunderung angesichts der
kosmischen Ordnung (Feinabstimmung), die man sich in dieser Form erklären kann. Es liegt
nahe, dass Menschen diese Ordnung nicht dem puren kosmischen Zufallsgeschehen entsprungen,
sondern der Idee einer sog. höheren Macht, also einem übersinnlichen Wesen zuschreiben
wollen. Der Sprung vom historisch notwendig anthropomorphen Bild dieser höheren Macht,
i.a. Gott genannt, zu einer auch hinreichen naturwissenschaftlich haltbaren Erklärung
steht noch aus, es sei denn, Du Bois-Reymond behält recht: „Ignoramus et ignorabimus“
Ganz unabhängig von jetzt hier Geschriebenen: Vergiss doch den Zank unter all den
„Gotteskriegern“! Denke an mein Zitat einer jungen Muslima hier in Bayern:
„Im Namen Gottes/Allahs geschieht unsägliches Unheil, das in der Bewusstheit eines Gottes
nie geschehen würde.“
Kyrill Halleluja- welch wunderliches Himmelfahrtskommando!
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