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Am 23.01.2025 um 12:12 schrieb Ingo Tessmann über
PhilWeb <philweb(a)lists.philo.at>at>:
Moin Karl,
Du hältst mich wie den ÖRN also für links. Auf welche seriösen Untersuchungen
hinsichtlich der angeblichen Linkslasigkeit des ÖRN beziehst Du Dich?
Da existieren mehrere Studien, wobei die an der Uni Mainz verfasste m.E. die eingängigste
Darlegung bietet. Darin wird die ideologische Grundpositionierung des
öffentlich-rechtlichen Rundfunks allgemein thematisiert und die jeweilig politische
Ausrichtung liberal-progressiv vs. konservativ-autoritär in Betracht gezogen. Demnach
liegt die Verteilung der jeweiligen Formate hinsichtlich ihrer spezifisch anteiligen
Thematisierung für die SPD bei 33%, die Grünen bei 29%, somit für „Linksgrün“ gesamt 62%.
Demgegenüber steht der Anteil von Union bei 19% und FDP mit 12% zusammen dann 31%. Wer
wollte hier noch leugnen, dass bei einem Verhältnis von ca. 60:30 bei 10% für den Rest
(AFD und genuin Linke) unabweisbar eine Linkslastigkeit bei der Berichterstattung über und
zu Parteien dieses Spektrums besteht.
Das mag auch nicht verwundern, da der Löwenanteil des journalistischen Personals, vom
Voluntär bis zum Chefredakteur, einer linksgrün-orientierten Weltanschauung nahesteht.
Auch hierzu gibt es entsprechende Erhebungen.
Im Zweifel „Linksgrün“ steht somit für die benannte Grundhaltung und ist maßgebend für die
tendenziös ausgerichtete Berichterstattung, die sich jedoch vornehmlich auf deren
moderierteren Anteil und allenfalls sublim auf faktenbasierte Nachrichten bezieht.
Diese offensichtliche Unausgewogenheit ist selbstredend auch dem Umstand geschuldet, dass
Linksgrün als Koalitionspartner bisher die Regierungsverantwortung hat und als solche
notwendigerweise im Fokus der Berichterstattung steht.
Eigentlich müssig, diese Zusammenhänge hier zu erörtern, da sie diesem Forum klar vor
Augen stehen. Und wer von uns hier politisch, weltanschaulich deutlich links steht, ist
notwendigerweise blind für diese „Farbe“, resp. hat keine objektive Perspektive darauf.
Doch was sollte eigentlich gegen eine linksgerichtete Geisteshaltung und dementsprechend
ausgerichtete Gesellschaftspolitik stehen, solange diese nicht als verqueere, woke
Ideologie verstanden und durchgesetzt wird.
Soweit ich mich als Befürworter einer breit angelegten politischen Mitte sehe, verstehe
ich darunter in erster Linie den Verzicht auf reaktionäre Denkmodelle, wie sie
gleichermaßen bei den politischen Rändern angelegt sind. Waldemar -lese ich gerade - hat
diesbezüglich natürlich seine für ihn typische Abwertung dieser Position vorgenommen. Hier
geht es aber nicht um die Wertung, sondern um faktenbezogene Attributierung des
thematisierten Sachverhalts.
Kein Bürger wird von sich ehrlicherweise sagen können, sich nicht gelegentlich in
grenzwertiges Denken zu verlieren, wenn es um gesellschaftliche Probleme geht, wie z.B.
Kriminalität (insbes. wie aktuell wiederholt von Migranten verübt). Unter diesem
Gesichtspunkt sachlich, menschlich und gerecht zu urteilen, fällt schwer, da in erster
Linie unterschiedliches Kulturempfinden eine Rolle spielt.
Was dabei die Migration anbelangt, kann es selbstredend nicht nur um wirtschaftliche,
sondern es muss vor allem um kulturelle Integration gehen und da liegt das Hauptproblem
zumeist in der ursprünglich familiären wie insbes, auch religiösen Sozialisation, die in
den Herkunftsländern allermeist auf patriarchal basierten „Wertesystemen“ aufsetzt.
Ein nicht zu unterschätzender Faktor ist die Diskrepanz zwischen dem von aussen
wahrnehmbaren Wohlstand, der hinreichend ordnungspolitischen Situation, der persönlichen
Freiheit der Bürger und dem real existierenden Anspruch des Staates auf Beteiligung am
Sozialsystem (Steuern samt sonstigen Abgaben etc.).
Der Wohlstand dieses Landes fusst (bislang immer noch) auf der Arbeitsleistung des
Löwenanteils der Bevölkerung und entspringt nicht einem gottgegebenen „Schlaraffenland“.
Das eine ist also nicht ohne das andere zu haben und genau dieser Aspekt wird
augenscheinlich vom weit grössten Teil der Menschen, die unbedingt nach Deutschland
migrieren wollen, nicht gesehen, bzw. kann vermutlich aus einem prekären Umfeld der
Herkunftsländer heraus gar nicht gesehen werden. Eher steht der
oberflächliche, von Medien (Smartphones all over the World) und Schleusern vermittelte
Blick im Fokus all der Menschen, die sich in der Hoffnung auf ein besseres Leben auf den
lebensgefährlichen Weg machen. Hier bricht für die meisten eine Illusion in sich zusammen,
ähnlich einer Fata Morgana und dies ist einer der Gründe, warum psychische Probleme
oftmals die drastische Folge dieser Desillusionierung ist.
Und nun nochmal zur Politik. Eben benannte und weitere Gründe für politische Spaltung
liegen u.a. darin, dass die hier angeführten Aspekte von einer extrem konservativ
geprägten Gesellschaftsschicht nicht wahrgenommen werden, einerseits , weil man es nicht
will, andererseits, weil man es oftmals intellektuell nicht vermag.
So wären hiesig politisch Verantwortliche gut beraten, sich dieses Hauptproblems gemeinsam
anzunehmen, um es nach bestem Gewissen und Vermögen soweit zu mindern, dass Bürger dieses
Bemühen erkennen und daher nicht auf von Randparteien postulierte Parolen (auf)setzen.
Eigentlich wollte ich kein Kurzreferat über Migration halten, doch genau dieses Themenfeld
ist „Stein des Anstosses“ schlechthin, wenn es um die Bewertung vergangenen
Regierungshandelns und jener der dafür verantwortlichen Parteien, nicht zuletzt aber um
deren programmatische, resp. ideologische Ausrichtung geht.
Fest steht jedoch für mich, dass - ebenso wie in USA - derzeit das Problem ungeregelter
Migration tief in das persönliche Bedürfnis der Menschen nach Ordnung und Gerechtigkeit
einwirkt und da sind es vornehmlich jene, die Angst haben vor konkurrierenden, resp.
ungeklärten Situationen im persönlichen und kommunalen Umfeld, sowie dem am Arbeitsplatz.
Gut situierte, zumeist akademisch gebildete Zeitgenossen empfinden diesbezüglich weit
weniger Konkurrenz und wählen entsprechend die politische Sparte, aus der sie die meisten
Vorteile für ein liberal „wokes“, selbstbezogenes Leben erwarten können.
Selbst Akademiker, der ich bin, spreche ich hinsichtlich derartiger Attitüde jedoch
ausdrücklich nicht für die eigene Kaste. Und was (gelungene) Migration anbelangt, werde
ich schon morgen wieder ein sehr freundliches Gespräch „über den Zaun“ mit einem Nachbarn
führen, der „noch nicht so lange in diesem Land lebt“. So könnte ich geradewegs auch
„Linksgrün“ wählen, wäre da eben nicht diese queer-woke Dunstwolke, die mir Sicht und Luft
raubt. So wähle ich nicht, sondern lebe „grün“, obendrein auch tatsächlich und
glücklicherweise im Grünen.
KJ