Am 02.12.2020 um 23:51 schrieb Karl Janssen
<janssen.kja(a)online.de>de>:
Ich kenne den Kontext des Satzes nicht und insoweit kann ich mich nicht auf eine
Interpretation fixieren.
Hi Karl,
dem kann natürlich rasch abgeholfen werden, es handelt sich um Abschnitt 36 in den PU. Den
zitierten Satz hatte ich während meiner Studienzeit rot unterstrichen. Darüber steht:
„Weil wir nicht e i n e körperliche Handlung angeben können, die wir das Zeigen auf die
Form (im Gegensatz z.B. auf die Farbe) nennen, so sagen wir es entspreche diesen Worten
eine g e i s t i g e Tätigkeit.
Wo unsere Sprache uns einen Körper vermuten lässt, und kein Körper ist, dort, so
möchten wir sagen, sei ein Geist.“
Im Kontext gelangt Wittgenstein von körperlichen Handlungen über eine geistige Tätigkeit
zum Geist. Damit könnte man so etwas wie „Geist“ wohlwollend als stufenweise methodisch
abstrahierbar aus einer Äquivalenzrelation zwischen körperlichen Handlungen auffassen und
mit dem Wort Geist fortan invariant bzgl. dieser Handlungen reden. Gegen einen derart
fingierten Geist hätte ich ebenso wenig einzuwenden wie Ryle, der in seinem „Concept of
Mind“ bzw. "Der Begriff des Geistes“ ja einen semantischen Behaviourismus
ausbuchstabiert. Bemerkenswerterweise waren beide Philosophen mit ihren Schriften 1949
fertig geworden. Vergleichende Analysen dürften sicher schon mehrfach vorgenommen worden
sein, sind mir aber nicht bekannt. Wir hatten damals beide Werke in Lektüreseminaren
einzeln behandelt.
Es grüßt,
Ingo