Am Mi., 10. Juli 2024 um 15:53 Uhr schrieb Landkammer, Joachim über PhilWeb
<philweb(a)lists.philo.at>at>:
2.) Fand ich interessant, daß diese CSR (cognitive
science of religion)
Glauben und Unglauben vollkommen „symmetrisch“ behandelt (wie es ja auch
mal in leicht anderem Kontext das „strong programme“ der Wissenssoziologie
gefordert hatte): nicht nur Religiösität, sondern auch der Atheismua hat,
so wird hier gesagt, seine nachvollziehbaren psychologischen (und
mindestens genauso tendenziell pathologischen!) Hintergründe. Auch der
Atheist muß sich also (von der CSR) „vorwerfen“ lassen, daß er nur aus
allzumenschlichen Gründen der Schwäche, der Veranlagung, des fehlenden
Weltvertrauens (oder was sie sonst alles anführen mögen, offenbar gehört
z.B. „Urbanität“ dazu…) nicht glauben mag.
Nun bin ich zwar nicht angesprochen, möchte an dieser Stelle aber noch
nachfragen:
Ist es nicht nur zu erwarten, dass auch Atheisten psychologische Gründe für
ihre Weltanschauung haben, wenn wir dieses bei jedem Menschen unterstellen?
Häufig haben wir das Problem, dass man beim *"Gegner"* nur die irrationalen
Gründe für seine Überzeugung sieht, sich selbst aber als der Nabel der
Vernunft erscheint. Man selbst hat Gründe, der Andere hat nur Hintergründe.
Ich möchte jedoch einen Einwand erhebe:
Wenn Veranlagung bei der Frage des Glaubens so eine Rolle spielt, wieso
konnte die Anzahl der Atheisten innerhalb einer Generation nach
Erkenntnissen der empirischen Sozialwissenschaften steigen?
Wie kann es sein, dass unter anderen historischen Umständen, namentlich das
18. Jahrhundert, Menschen aus heutiger Sicht fast fanatisch religiös waren,
während sie bis ins 20. Jahrhundert hinein eine säkulare Haltung
entwickelten?
Für mich sieht es, naiv gesagt, eher so aus als hätte das Vertrauen in die
Welt der Religion ihre Grundlagen entzogen.
Und jetzt lese ich mal bald noch Gödels Gottesbeweis
nach, denn den hab
ich auch bisher versäumt.
Interessant.