Am Di., 26. Okt. 2021 um 17:27 Uhr schrieb waldemar_hammel via Philweb
<philweb(a)lists.philo.at>at>:
grund nur die feststellung, dass wir
hirngemachte-realtität als "echte
realität" zwangsweise referenzieren müssen, weil uns jeder zugang
zur wirklich "echten realität" nicht gegeben ist, und additiv dazu kommt
dann noch, dass wir wie alles leben eh selbst-referentiell
funktionieren/ablaufen, was mögliche verwerfungen aus unserem
referenzieren der hirnrealität statt "echter realität" in grenzen hält,
Dabei entsteht allerdings ein Problem: Wenn wir zwischen "echter
Realität" ("Ding an sich", meint das selbe) und "Welt der
Erscheinungen" unterscheiden, dann können wir niemals die echte
Realität sehen.
Die Frage ist dann nur: Wenn es wirklich so ist, dass alle
Wahrnehmungen, Gedanken usw. vom Gehirn gemacht sind, gilt dann nicht
"Hirnkonstrukt" = Realität?
Die wahre Realität müsste damit eine Art transzdente Realität,
jenseits der gewöhnlichen Wahrnehmung sein. Im Grunde unentscheidbar.
Das Ganze erinnert dann an:
Wie ich schon schrieb: Aus meiner subjektiven Sicht hat der
Skeptizismus einige sehr gute Punkte. Das "Miracle"-Argument kann
diese nicht vollständig auflösen. Falls wir beispielsweise in einer
simulierten Realität leben, werden die Erschaffer diese Simulation mit
hoher Sicherheit mit einer Art eigenlogik ausstatten. Wir können seit
einem halben Jahrhundert weniger ambitionierte Simulationen
durchführen, die ebenfalls regelbasiert sind. Diese Regeln kann man
erlernen und sich ihnen entsprechend verhalten.Siehe "Game of life".
Das Miracle-Argument ist nur stark gegen gewisse Varianten
esoterischer oder verschwörungstheoretischer Weltanschauungen, gegen
den reinen Skeptizismus versagt es.
(Aber das reicht uns in der Regel ja auch, weil der Skeptiker
normalerweise sogar beschrieben werden kann als den Regenwurm des
Erkenntnisbodens.)
können wir, und wenn ja wie einen adapter
konstruieren, der in der lage
ist "wirkliche wirklichkeit" in form eines abbildes derselben 1:1 zu
liefern? anwort: nein, denn auch dieses 1:1 abbild müsste,
selbst wenn es gelänge, um rezipiert und verstanden zu werden, durch
unser hirn laufen, und spätestens damit wäre der ganze vorherige aufwand
sinnlos.
Das stimmt vielleicht für Neil Harbisson, der die Grenzen des
Menschenmöglichen erweitert, aber was ist, wenn sein Nachfolger es
nicht bei Sinneserweiterungen lässt (wobei es schon cool ist, Infrarot
und UV zu sehen), sondern das Gehirn selbst boostet?
Das Problem bleibt doch bei anderer Stelle: Worauf werden diese Dinge
denn geeicht? Letztlich bliebt die menschlichen Sinneswahrnehmung der
Ausgangspunkt.
Am Mi., 27. Okt. 2021 um 11:59 Uhr schrieb Ingo Tessmann via Philweb
<philweb(a)lists.philo.at>at>:
Und wenn wir an „Unteilbares“ denken; dann trifft das
physikalisch noch auf Quarks und Leptonen zu und gilt chemisch nach wie vor allgemein
für Atome; aber auch für Menschen. Auf Wörter kommt es in Physik und Biologie nicht an;
reicht es doch bspw. von Teilchen und Lebewesen
zu schreiben. Es gibt schlicht teilbare und unteilbare Teilchen und Lebewesen.
Dem stimme ich zu.
Die Streitfragt beginnt in der Mathematik.
Am Do., 28. Okt. 2021 um 16:01 Uhr schrieb Ingo Tessmann via Philweb
<philweb(a)lists.philo.at>at>:
ich wundere mich immer wieder darüber, wie stark die
meisten Menschen an der Umgangssprache hängen, dabei geht das Vermögen zum Zählen und
Folgern dem zum Sprechen voran. Und Axiome werden genau genommen rein logisch formuliert.
Auch das in der Mathematik übliche methodische Abstraktionsverfahren scheint in der
Philosophie nicht verbreitet zu sein. Wir sollten uns aber nicht ständig wiederholen, denn
über die angebliche Sprachgebundenheit der Mathematik haben wir in Philweb schon häufig
ergebnislos aneinander vorbei geschrieben.
Ich will nicht bestreiten, dass diese Aussage wahr ist, aber wie
erklärt man sich dann solche Dinge:
"Im zweiten Experiment wurden zuerst zehn Gegenstände hingelegt, dann
wurde einer weggenommen. Nun antwortete einer der Pirahã „hói“ (das
als „eins“ gedeutete Wort). Nachdem man drei weitere Gegenstände
entfernte, stimmten alle Befragten darin überein, „hoí“ zu benutzen.
Frank und seine Kollegen vermuteten nach diesen unterschiedlichen
Mengenangaben, dass es sich also nicht um Zahlwörter, sondern eher um
relative Mengenbezeichnungen handele.
Darüber hinaus gibt es im Pirahã keine Numeri und daher keine
Möglichkeit, anzugeben, ob es sich um Einzahl oder Mehrzahl handelt."
Seite „Pirahã“. In: Wikipedia – Die freie Enzyklopädie.
Bearbeitungsstand: 25. September 2021, 11:24 UTC. URL:
https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Pirah%C3%A3&oldid=215878450
(Abgerufen: 30. Oktober 2021, 09:28 UTC)
Das lässt demnach die Deutung zu, dass wir gewisse Dinge, wie
Mengenunterscheidungen, nicht verbalisieren können, sondern es erst
lernen müssen.
Am Fr., 29. Okt. 2021 um 11:25 Uhr schrieb K. Janssen via Philweb
<philweb(a)lists.philo.at>at>:
Hier wird aber doch beispielhaft deutlich, dass die
Welt der Zahl immer
Impliziert das nicht eine Art Platonismus, Poppers Welt 3?
Wobei der Relativismus, gleichgültig wie die eigenen Sympathien auch
liegen, einer gewissen Berechtigung durchaus nicht völlig entbehrt:
Ich meine eine gewisse Tendenz festzustellen, dass etwa Ingenieure
dazu neigen, Probleme als lösbare Herausforderungen zu betrachten,
Intellektuelle eher Diskussion und Meinungsäußerung befürworten,
Mathematiker eher logische Strenge und saubere Definitionen mögen
usw.usf.
Ich vermute, dass man hier schon gewisse Denkstile auseinanderhalten sollte.