Achtung, langer Text, Teil 2 ohne Ingos Antwort,. …
Zurück zu Information einschließlich Informationsverarbeitung: ein akustisches Signal kann
man sich nicht zeitlos denken, weil Akustik ein Geschehen in Zeit ist. Ein z. B. in
Tonscherben eingedrücktes, dann gesehenes Zeichen kann man sehr wohl so denken, dass die
Zeitlichkeit nur im Vorgehen namens Denken und Sehen stillschweigend beinhaltet ist, dem
gedachten Zeichen selbst aber abgesprochen wird. Die Dominanz des Sehsinns über alle
anderen Sinne verstärkt die kategoriale Ausgrenzung von Dynamisch-Sein zu Gunsten des
sprichwörtlichen (Blick, Augen…) im-Augen-Blick Sein. Sie verstärkt die Illusion oder den
Glauben, dass nur das Augenblickliche wahr und bewahrheitet sei.
Und tatsächlich hebt die stoffliche Fixierung eines Zeichens das genuin Zeitliche,
Vergängliche auch des Augenblicks auf, weil es, anders als ein Geräusch oder Klang auch im
nächsten Augenblick noch zu sehen ist. Allem Anschein nach kann daher Zeit zu Gunsten von
rein räumlicher Erstreckung und Raum allgemein vergessen werden. Das wiederum führt dazu,
dass man denkt, Zeit rückwirkend vom Raum aus denken zu können. Ganz im Gegensatz zur
empirischen Realität von Vergehen und Ändern von allem, das in der verräumlichten Zeit
beinhaltet ist wird ihr als raumgleiche Hülle ein Unbeteiligtsein und damit eine
Teilnahmslosigkeit und letztlich Zeitlosigkeit im Sinn einer absoluten, unbedingt und
voraussetzungslos gegebenen eigenständigen Existenz als dann dimensional gedachte
Kontinuität zugestanden.
Die ersten Zeichen im Sinn von Schrift bezogen sich auf überzeitliche, das heißt
kategoriale Aspekte von Jeweiligem, also auf dessen Zählbarkeit im Sinn einer abzählbaren
Zugehörigkeit zu einer Menge namens Kategorie. So wurden Unterkategorien der Kategorie
„Holz“ gebildet und innerhalb dieser Unterkategorien alias Holzarten gezählt. Dasselbe
wurde mit anderen, Organisations-wichtigen „Gegenständen“ alias Kategorien gemacht. Zudem
wurden Anordnungen in Hierarchien und sequenziellen Listen erstellt. Was sich nach
räumlichen Konturen kategorisieren ließ, wurde in Keilschrift, Hieroglyphen und der
chinesischen Schrift der Shang-Dynasite in diesen Konturen dargestellt.
In Allem dienten Kategorien als zeitlose Hüllen, und sie fanden ihren entsprechenden
Ausdruck in den Zeichen, die sie bezeichneten. Das Denken in Zahlen, Zeichen und
Kategorien gewann Eigenmacht und in vielerlei Hinsicht Übermacht, Inhaltlichkeit,
Jeweiligkeit, genuine Zeitlichkeit gerieten demgegenüber ins Hintertreffen. Auch ein
Denken über das, was jenseits der Vergänglichkeit liegt schien überflüssig geworden, weil
die als beständige Hüllen gebrauchten Zeichen und Kategorien ja die Antwort gegeben zu
haben schienen.
Das Berücksichtigen von Potenzialität als einer der zwei zu unterscheidenden Formen der
Zeitlichkeit geriet ebenfalls aus der Mode, perceptio clara et distincta war das Gebot der
Stunde.
Natürlich ist auch unser Konstrukt von Information eine Kategorisierung, es nutzt
algebraische Zeichen und trennt im Zuge der Kategorisierung in zwei künstlich getrennte
Kategorien, die der Augenblicklichkeit und die der Potenzialität….
Danke für die Anregung und viele Grüße,
Thomas
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