Grade habe ich für einen Moment Zugriff aufs Internet (diesen nicht zu haben, ja nun
ebenso sehr erquickende Momente mit sich bringen), so also ich nun sehr kurz auf Deinen
Breitrag antworten kann:
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Am 12.09.2021 um 19:03 schrieb Ingo Tessmann
<tessmann(a)tu-harburg.de>de>:
Am 10.09.2021 um 03:31 schrieb K. Janssen via
Philweb <philweb(a)lists.philo.at>at>:
Ausdehnung (des Universums) bewirkt Negentropie und damit "Ordnung" und damit
Information. It's all about information, wie ich zu sagen pflege. Wohin dehnt sich das
Universum (als Raum gesehen) exponentiell aus? Wohl gegen eine Grenze, über die keine
Materie, keine Energie, lediglich masselose Teilchen gelangen. Das ist Unendlichkeit,
daher weder zu ermessen, noch zu erdenken; schlichtweg das Nichts, Leere, quasi erstarrt
in absoluter Symmetrie, aus der sich (wie oben angeführt) aus Symmetriebrüchen das Ur-Atom
oder primordial atom bildet, wie Friedmann und Lemaître es nannten: Neues Spiel, neues
Glück!
Hi Karl,
kosmologische Modelle gibt es viele, der Standard wird beschrieben in Hawkings „The large
scale structure of space-time“ (1973) und Weinbergs GRAVITATION AND COSMOLOGY (1972) sowie
COSMOLOGY (2008). Hawking hebt zunächst hervor: "In our neighbourhood of space-time
there is a well-defined arrow of time given by the direction of increase of entropy in
quasi-isolated thermodynamic systems. It is not quite clear what the relationship is
between this arrow and the other arrows defined by the expansion of the universe and by
the direction of electrodynamic radiation.“
Wenn die Entropie stets zunehmen soll, muss sie anfangs klein gewesen sein. Das
gewährleisten gerade die Singularitäten; denn "the existence of such singularities
would produce a Cauchy horizon and hence a breakdown of one's ability to predict the
future. In fact this could provide a way of overcoming the entropy problem in an
oscillating world model since at each cycle the singularity could inject negative
entropy.“
Vielleicht muss man mehr als üblich, zwischen dem Zeitpunkt des „Urknalls“ und der Zeit
danach (Ausprägung des CMB) unterscheiden. Erstaunlich paradox erscheint doch tatsächlich,
dass dieses uns heute mittlerweile allgegenwärtige „Abbild“ der kosmischen
Hintergrundstrahlung als in seiner Verteilung äußerst zufällig (pure random) vorsteht;
damit eigentlich von einem hohen Grad an Unordnung und damit entsprechend hohem Maß an
Entropie zeugt. Auf diesen Zusammenhang hat Roger Penrose hingewiesen und sein Erstaunen
ausgedrückt, dass dieses Paradoxon so wenig, wenn überhaupt von der Fachwelt beachtet
resp. diskutiert wird.
Ich habe Cordon McCabe nicht gelesen, womöglich geht er in seinem Werk ja darauf ein. Wie
denkst Du darüber?
Weinberg schätzt die Entropien für Temperaturbereiche
zwischen (10 hoch 11) K bis unter 3 K in der kosmischen Geschichte für das jeweilige
Strahlungs-Materie-Gleichgewicht bis heute ab. Dabei widersprechen einer globalen
Entropiezunahme nicht lokale Schwankungen zu- und abnehmender Entropie in galaktischen
Nischen wie unserem Sonnensystem. Unklarheit herrscht aber natürlich über die Höhe der
kosmischen Anfangsentropie. Auf welche Quelle beziehst Du Dich mit der These: „Ausdehnung
(des Universums) bewirkt Negentropie“? Vielleicht auf David Layzer: Cosmogenesis?
Um Klärung einiger kosmologischer Entropieprobleme hat sich Cordon McCabe 2017 bemüht in:
"Cosmology and entropy: in search of further clarity: The paper begins by making a
clear distinction between the entropy density and the entropy of a comoving volume. The
different behaviour of these two quantities in Big Bang cosmology is explained and
identfied. A second distinction is drawn between the different behaviour of radiative
entropy and the entropy of matter, and a third distinction is made between actual entropy
and maximum possible entropy.“
Hinsichtlich der Ausdehnung des Universums weist McCabe auch auf den damit verbundenen
Informationszuwachs hin: "(i) The universe is expanding, and the density of matter
and radiation is falling, hence the entropy density is decreasing, and the information
content of the universe is increasing. (ii) The expansion knocked the matter content of
the universe out of equilibrium, and increased its maximum possible entropy.“
Hierzu sind auch die (von mit hier des öfteren schon erwähnten) Ausführungen von Max
Tegmark sehr lesenswert (oder - bequemer zu „konsumieren“ seine Lectures per YT).
Eine Nichtstandard-Kosmologie hat Ted Jacobson 1995
formuliert in: "Thermodynamics of Spacetime: The Einstein Equation of State.“
Einleitend fragt er sich: "The four laws of black hole mechanics, which are analogous
to those of thermodynamics, were originally derived from the classical Einstein equation.
With the discovery of the quantum Hawking radiation, it became clear that the analogy is
in fact an identity. How did classical General Relativity know that horizon area would
turn out to be a form of entropy, and that surface gravity is a temperature?“ Seitdem
werden der “gravity-thermodynamics” conjecture folgende Modelle diskutiert.
Der alte Weizäcker! Einfach verstörend, wie
großkotzig Du über diese Leute sprichst. Vermutlich hast Du seine Bücher nicht gelesen.
Ich habe das getan und versucht, mich in seine Denkmodelle einzuarbeiten und somit ein Für
und Wider seiner Thesen zu ergründen. Deshalb macht mich diese von Dir geübte,
herablassende sowie unsachliche Kritik einfach nur wütend!
Vermutlich hat Waldemar nichts von von Weizsäcker gelesen. Wenn überhaupt bezieht er sich
auf Quellen aus zweiter oder dritter Hand. „Über Elementumwandlungen im Innern der Sterne“
(1937), „Zum Weltbild der Physik“ (1943), „Die Geschichte der Natur“ (1946), „Die Einheit
der Natur“ (1971), „Auflau der Physik" (1985), „Zeit und Wissen“ (1992) sowie den von
von Weizsäckers Mitstreitern ergänzten Aufbau: „The Structure of Physics“ (2006): Alles
anregend zu lesen.
Eher als Einstein, Bohr, Heisenberg, von Weizsäcker folgte ich Einstein, de Broglie,
Schrödinger, Bohm; Idealismus vs. Materialismus eben. Aber bemerkenswert daran ist, dass
Bohm mit seiner „impliziten Ordnung“ (ähnlich wie H. P. Dürr mit seinen „Wirks“ und Heim
mit seinem „Hyperraum") am Ende nicht mehr weit von den Ur-Alternativen entfernt
gewesen sein dürfte. Hast Du die Vier vielleicht einmal zusammen zu denken versucht? Mir
liegt demgegenüber Arto Annila mit seinem „Back to Reality“ näher oder Detlef Dürr mit
seiner „Quantenphysik ohne Quantenphilosophie".
Das war exakt auch mein Weg; erstere eher durch die Schule vermittelt, kamen dann
„natürlich“ Bohm, de Broglie, Everett und weiter vielleicht zu H.P. Dürr (mit teilweise
den gleichen Vorbehalten, wie Du sie her geschildert hast). Schriften seines Namensvetters
habe ich kürzlich (mit einiger Affinität zu seinen Darstellungen) gelesen. Annila kenne
ich nicht; „back to reality“ annähernd anbelangend, jedoch Smolin und seine
bemerkenswerten Bücher (auch bequemer seine Lectures auf YT - wenn es hier von Interesse
sein sollte).
Um auf die Entropie zurück zu kommen: In „The
Structure of Physics“ wird sie mit immerhin (10 hoch 120) bits für den gesamten
Informationsgehalt des Universums abgeschätzt. Jetzt ist nur noch die
Informations-Entropie der Ur-Alternativen bzw. der Nullifying Information Elements NIEs
mit den physikalischen Entropien der kosmischen Strahlungs-Materie-Verteilungen zusammen
zu bringen. Solange wir aber keine konsistente Quantengravitation haben, bleiben wir auf
Spekulationen angewiesen.
Und wir sehen, dass uns das von uns hier vor einiger Zeit diskutierte Thema
„Ignoramus et ignorabimus!“ immer wieder begegnet.
Soeben habe ich wieder einmal Goethes „Dichtung und Wahrheit“ gelesen und es ist mir dabei
zum ebenfalls wiederholten Male deutlich vor Augen gekommen, dass uns das Leben immer
wieder und einmal mehr, geprägt durch die so typische Art und Weise des Menschseins auf‘s
Neue begegnet: als „neuer Wein in alten Schläuchen“.
Nietzsches „Die ewige Wiederkehr des Gleichen“ gibt immer noch und stets wieder zu
denken!
Doch was kehrt denn da wirklich immer wieder!? Selbstredend die technologischen Prinzipien
der „Organverlängerung“ und Grundwerkzeuge der Domestizierung als Hebebalken, Zündstein,
Pfeil und Bogen etc. selbstredend in nun bis zur Perfektion optimierten Ausfertigungen.
In Summe also ein gigantischer technologischer Fortschritt, der womöglich auch nur durch
den globalen Austausch von Ideen, Wissen und Fertigkeiten möglich wurde; ein an sich
positiver Effekt, der sich gleichermaßen dadurch wieder neutralisiert, dass sich die
Menschheit als Ganzes nicht einem neuen Denken (Paradigmenwechsel) öffnen kann und sich
somit die (in vergangenen Epochen durchaus überlebenswichtigen) egoistisch angelegten
Wesensarten und vor allem auch befördert durch Religionen (im Sinne von
Jenseitsverheissungen sowie - erwartungen) aufrecht erhalten.
Dies alles umso mehr, als sich der irrsinnige Zuwachs der Weltbevölkerung offenbar nicht
eindämmen lässt. (U.a. durch einen Grosskalif dem Wiener Kardinal König prophezeit:
zuletzt konntet ihr uns mit Kanonen abhalten, diesmal nicht mehr - unsere Kanonen sind nun
unsere Penisse).
Das derzeit allgegenwärtige Klimaproblem ist langfristig nicht das Kernproblem, sondern
ein nicht mehr beherrschbarer Bevölkerungszuwachs und damit die Schöpfung resp. Verteilung
und Rückführung (Recycling) lebensbedingender Ressourcen.
Deshalb „geht die Welt nicht unter“, es wird nur etwas ungemütlich und die Frage bleibt,
was uns vom technologischen Fortschritt, vom erworbenen Wissen, von Erkenntnissen bleibt,
schlichtweg: von welcher Basis aus werden Menschen Spekulationen betreiben, wie wir diese
hier gerade diskutieren.
Bester Gruß an Dich und in die Runde! - Karl
IT