Whow.
nur der Lesbarkeit halber, keineswegs als Kritik, sondern nur als
Anregung für weitere
Exkursionen nach anno dunnemals eine rein technische Formatierung.
ich weiss nicht ob es nur an meinen Einstellungen in meinem
Email-Programm (Thunderbird)
liegt, dass Ihr Text als "Bleiwüste" erscheint und aus diesem Grund für
mich nur
sehr mühsam zu lesen ist.
ich habe mir erlaubt Ihren Text händisch zu formatieren um Ihnen einen
direkten Vergleich
(was genau ich als "lesbar" empfinde) zu liefern.
danke, gruss ingo mack
Hier nurmal ein paar erste Überlegungen zum allerersten Absatz des
besagten Kapitels (6.1).
Interessiert ja wahrscheinlich niemanden hier, weil man offenbar lieber
freidrehende
Allerweltszeitdiagnosen verkündet; ich schreib das hier dann einfach vor
allem für mich
selber auf. (Und bin erst bei der ersten Seite des40-seitigen Kapitels...)
Clausewitz (ab jetzt Cl.) will offenbar v.a. darauf aufmerksam machen,
daß die
konventionellen Kriegsbeschreibungs-Begriffe viel zu unscharf sind, um dem
uneindeutigen Geschehen auf dem „Kriegstheater“ (Cl.s Ausdruck) gerecht
zu werden;
das gilt schon für den scheinbar elementar-einfachen Begriff der
„Verteidigung“.
Das damit Gemeinte (also: nur reagieren, nur den „Stoß“ des anderen
abwarten)
muß relativiert werden, denn wenn sich Verteidigung darauf vollständig
beschränken
würde, wäre das eben jene (schon angesprochene) märtyrerhafte Option der
völligen
Gewaltlosigkeit, die verhindert, daß es zu einem „Krieg“ überhaupt kommt
- freilich
mit dem hier bereits diskutierten Risiko der vollständigen
„Auslöschung“: aber
selbst das wäre eben dann "einkalkuliert"; man will dann lieber tot sein
als sich
dem Odium der eigenen (!) Gewaltausübung auszusetzen (will sich „die
Hände nicht
schmutzig machen“); man kennt die Fälle, in denen jemand, der einen
lebensbedrohlichen
Angreifer in reiner „Notwehr“ getötet hat, trotzdem lebenslang
Gewissensbisse hat.
Daher meint Cl., daß das „Merkmal des Abwartens und Abwehrens“ nur
relativ ist,
es kann auch schon zur Kriegsstrategie gehören (es kann also schon
echter „Krieg“
sein), wenn man einen Angriff abwartet (in einer wohlpräparierten
Festung oder
Gefechts-Stellung z.B.): denn man hat sich ja damit schon zur
Gewaltanwendung
längst entschlossen, man wartet nur noch den „richtigen“ Moment ab, weil
das
eben die vorteilhaftere Kriegsstrategie ist. Auf den Angriff zu
„warten“, ist
also keine prinzipiell nicht-bellizistische, „pazifistische“ Option,
sondern
ein Modus der Kriegsführung wie andere auch. Und andersherum wird man
ebenso
zugeben müssen, daß auch „offensive“ Aktionen eigentlich verteidigenden
„Sinn“
haben können, wie all das, was sich als Prävention rechtfertigen will
(bis hin
zur Phrase vom Angriff als „beste Verteidigung“). Kap. 6.1 schließt so:
„Die verteidigende Form des Kriegführens ist also kein unmittelbares
Schild,
sondern ein Schild, gebildet durch geschickte Streiche.“
Das lese ich so: Es gibt keine rein defensive Kriegstaktik
(die römische Formation "Schildkröte" bei Asterix), sondern wer sich
überhaupt
verteidigen will, muß auch (pro)aktiv sein, nicht nur sein Schild
(Scutum) hochhalten,
sondern mit der anderen Hand auch das Schwert benutzen. Das Aktive und
das Passive
gemeinsam machen erst die (sinnvolle, erfolgversprechende) Verteidigung aus.
Was immer Cl. damit sagen will, eines scheint er eben auf jeden Fall
ausschließen
zu wollen: Angriff und Verteidigung lassen sich durch die üblichen
Koordinaten von
Zeit und Raums NICHT (so ohne weiteres) unterscheiden: weder ist der,
der „angefangen“
hat, per se der Angreifer, noch der, der nur reagiert, der Verteidiger
(„ab 5.45 Uhr
wird zurückgeschossen“ ist ja die Standardlüge zu praktisch jedem
Kriegsausbruch),
noch ist der, der auf „eigenem Territorium“ kämpft, deswegen schon der
Verteidiger
(man kann zur effektiven „Verteidigung“ die eigenen Landesgrenzen
überschreiten müssen:
auch das zeigt der Ukraine-Krieg gerade). Also: alle diese „einfachen“
binären
Beschreibungen und Zuordnungen (die uns ja letztlich nur die moralische
Wertung
gut/böse bzw. die Identifikation Freund/Feind erleichtern sollen) sind
falsch,
zumindest: fraglich. Und daher: kaum hilfreich.
(Und nur als „popkulturelles“ Beispiel: das (z.B. früher in der DDR)
gern zur
Rechtfertigung von Aufrüstung herbeizitierte Wilhelm-Busch-Gedicht
„Bewaffneter Friede“
vom Igel als „Friedensheld“ ist eben vielleicht auch nur wenig
durchdachte Poesiealbums-Folklore).
(to be continued)
J. Landkammer
-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: Landkammer, Joachim über PhilWeb <philweb(a)lists.philo.at>
Gesendet: Mittwoch, 17. Juli 2024 20:58
An: philweb <philweb(a)lists.philo.at>
Cc: Landkammer, Joachim <joachim.landkammer(a)zu.de>
Betreff: [PhilWeb] Re: Gewalt ist (k)eine Lösung?
IT: "mich störte Deine voreilige Verallgemeinerung Clausewitzens.
Um eine textkritische Interpretation geht es mir nicht, sondern nur ums
Weiterdenken. "
Genau, das Voreilige hat mich selber auch gestört. Deswegen muß man es
"weiterdenken", richtig.
Aber man wird doch vermuten dürfen, daß Clausewitz selber es auch schon
"weitergedacht" hat,
vielleicht sogar "weiter", als wir selbst es jemals denken können.
Deswegen scheint es sinnvoll,
erstmal zu lesen. Und überhaupt scheint mir, daß es der Diskussion hier
allgemein gut tun würde,
wenn sehr viel mehr gelesen und "interpretiert" würde, anstatt immer
gleich eigene (mehr oder
weniger qualifizierte, originelle, neue) Meinungen abzusondern. Das
hängt auch mit der nervös
hohen Schlagzahl der Interventionen hier zusammen. Wir sollten
vielleicht sowas ausmachen wie:
jetzt mal eine Woche Sendepause, dann reden wir über Clausewitz´ 6.
Kapitel über "Verteidigung" weiter.
(Den von dir empfohlenen Text von Leeuwen/Elk hab ich auch immer noch
liegen, und wollte mich noch
dazu äußern, bin aber noch nicht zum Lesen gekommen). Aber das paßt
offenbar nicht zur Vorgehensweise
dieser Liste hier, über die ich ja nicht zu bestimmen habe.
IT: "Ja, das sehe ich auch so, halte die These [Krieg als Fortsetzung
der Politik mit andern Mitteln, JL]
aber nicht für famos, sondern für gefährlich militaristisch. Das ist
Aristokraten-, Diktatoren- oder Autokraten-Politik. "
Richtig, "famos" war das vollkommen falsche Wort, ich wollte nur sagen
"famous", berühmt.
Aber "militaristisch" ist das Motto gerade nicht, das ist Unsinn. Man
kann zeigen, daß es
gerade radikalen Pazifismus möglich macht: weil es Krieg eben als eine
primär "politische Option"
versteht, gegen die man eben auch POLITISCH vorgehen kann. Aber auch
dazu müßte man weit
ausholen und sich den Hintergrund bei Clausewitz genauer anschauen. Also
auch wieder: lesen.
IT: "wenn ein Machtpolitiker [...] aus den Drohungen Gewaltausübungen
macht, dann handelt es sich
unabhängig davon, ob der Angegriffene sich verteidigt, um einen
Angriffskrieg. Denn wie anders
als mit Gewalt können Truppen ohne Visa oder vereinbart die Grenze
überschreiten?"
Es gibt ganz viele "Annexionen" in der Weltgeschichte, die genauso
funktioniert haben: man ist
einfach ins (wehrlose, sich nicht wehrende) Nachbarland einmarschiert
und hat es okkupiert, fertig.
Kein einziger Pistolenschuß, kein einziger Verletzter, kein einziger
Sachschaden.
Niemand hat das je "Krieg" genannt. Krieg ist es erst, wenn der
Annektierte sich wehrt.
JL, jetzt erstmal in Lesepause.
Am 19.07.24 um 15:28 schrieb Landkammer, Joachim über PhilWeb:
Hier nurmal ein paar erste Überlegungen zum
allerersten Absatz des besagten Kapitels (6.1). Interessiert ja wahrscheinlich niemanden
hier, weil man offenbar lieber freidrehende Allerweltszeitdiagnosen verkündet; ich schreib
das hier dann einfach vor allem für mich selber auf. (Und bin erst bei der ersten Seite
des40-seitigen Kapitels...