Am 29.12.2019 um 18:09 schrieb Ingo Tessmann:
  
 
  Am 28.12.2019 um 21:56 schrieb Claus Zimmermann
via Philweb 
 <philweb(a)lists.philo.at <mailto:philweb@lists.philo.at>>:
 Ich habe kurz einen Blick auf den verlinkten Text geworfen, Ingo. Ich 
 habe es zwar teilweise nicht verstanden ("Dies sind Fragen nach 
 Kausalbeziehungen, weil sie Kenntnisse darüber voraussetzen, wie die 
 Daten gewonnen wurden und nicht nur nach Datenlage beantwortet werden 
 können oder aufgrund...kriege ich nicht übersetzt"), teilweise 
 bestätigt es, was wir alle im Sprachunterricht gelernt haben: kausales 
 Wissen ist Steuerungs- oder Beherrschungswissen. Was muss ich tun, um 
 ein gewünschtes Ergebnis zu erzielen? An welchen gesellschaftlichen 
 Stellschrauben muss z.B. gedreht werden? Der Beweis ist, daß das 
 Ergebnis so herbeigeführt werden kann. Wenn...dann und zwar *immer*, 
 wenn...dann, sonst ist es nur eine Zufallskorrelation und keine, auf 
 die wir unseren Allerwertesten verwetten würden.
 Im Buch scheint es u.a. darum zu gehen, wie man solche Korrelationen, 
 auf die man sich verlässt, etwa aus grossen Datenmengen 
 herausdestilliert. Sicher sehr interessant und nützlich, aber ein 
 anderes Thema. 
 
 
 Hi Claus,
 
 am Ende des Satzes "causal questions require some knowledge of the 
 data-generating process; they cannot be computed from the data alone, 
 nor from the distributions that govern the data“, wird von den (aus den 
 Daten ermittelbaren) Verteilungen gesprochen, denen sie genügen.
 
 Dein (ironischer) Anspruch „immer, wenn-dann“ gilt nicht einmal in der 
 Physik, geschweige denn in der Soziologie. Ausnahmen bestätigen die 
 Regel und zwischen dem sicheren und dem zufälligen Ereignis liegt das 
 weite Feld der Wahrscheinlichkeit. Neben der Verlässlichkeit oder der 
 Wahrscheinlichkeit einer Korrelation geht es vor allem darum, ob 
 überhaupt eine echte bzw. mehr als nur formale Korrelation besteht. 
 Hinsichtlich des Gültigkeitsbereichs eines wenn-dann-Satzes ist sein 
 Beweis wesentlich. 
 
Wie kommst du darauf, daß das ironisch gemeint gewesen wäre? Denken wir 
an (Neben-)Wirksamkeitstests bei Medikamenten oder 
Unschädlichkeitestests bei Medikamenten. Da probieren wir nicht ein 
bisschen rum und sagen dann: wird schon stimmen! Und das begleitet uns 
ja durch den Alltag. Wir würden nicht den Bürgersteig betreten, wenn wir 
die Befürchtung hätten, darin unterzugehen wie im Wasser. Ich sage 
sicherheitshalber, daß das nicht ironisch gemeint ist. Für ein Baby ohne 
Lebenserfahrung ist das nicht selbstverständlich. So selbstverständlich, 
daß jeder, der es erwähnt, für nicht ganz dicht gehalten wird, wird es, 
wie Hume betont, erst durch wiederholte Erfahrung und Gewöhnung.
Aber wie wir wissen ist eine sinnvolle Hypothese falsifizierbar. Oder 
unm Zusatzbedingungen zu ergänzen wie "Medikament M wirkt nicht bei 
Blutgruppe B".
  
 In der Zeitung war auch einmal zu lesen, dass Kirchgänger länger lebten. 
 Eine typische Scheinkorrelation, da die wirklichen Gründe und Ursachen 
 dafür ganz woanders liegen dürften, beispielsweise in der gesünderen 
 Lebensweise der Kirchgänger. Die Unterscheidung von Schein- und 
 Kausalkorrelationen war doch die Ausgangsfrage im Beispiel von der 
 Korrelation zwischen Musizieren und Schlaumeiern. Dabei verbinden die 
 theoriegeleitet erhobenen Daten Lebenswelt und Modell. Auf welche Studie 
 hatte sich der Zeitungsartikel denn bezogen? 
Und was wäre in diesem Fall der Gegenbeweis? Kirchgänger, die nicht 
länger leben. Wenn auch kettenrauchende Kirchgänger länger leben würden, 
was ich für unwahrscheinlich halte, würde ich zunächst von einer 
Kausalität ausgehen und vermuten, daß es gut für Seele und Körper zu 
sein scheint.
Zu den Quellen des Artikels:
https://www.zeit.de/wq/2019-53#macht-musik-wirklich-klueger
  
 Es grüßt,
 
 Ingo