Am 10.01.18 um 23:20 schrieb Rat Frag
Wo politisch, besonders tages- oder gar
parteipolitisch, diskutiert
wird, da haben viele Überlegungen keinen Platz.
Dann erscheint eine abwägende Position schon als weiches "sowohl als
auch". Ich glaube, es liegt daran, dass besonders "prinzipientreue"
Menschen eben auch verlässlich sind. Jemand, der seinen Standpunkt
alle paar Jahre fundamental ändern kann, auf den kann man sich eben
nicht verlassen. Wobei es auch nur wenige Philosophen gibt, die dieses
Kunststück wirklich beherrschen.
womöglich bedingt (unbedingte) Prinzipientreue aber auch eine Unbeweglichkeit
hinsichtlich (eigentlich) notwendiger Entwicklungsschritte und (damit auch notwendiger)
Veränderung. Als der Evolution entsprungene und nach wie vor ihr unterworfene Wesen sind
wir eher dem (ständigen) Werden als dem Sein ausgesetzt.
Soweit ich es an mir zu erkennen glaube, ändere ich meine Sichtweisen auf "Gott und
Welt" fortwährend und komme damit zu anderen Standpunkten (im wahrsten Wortsinn); ich
stehe dann tatsächlich für Anderes. Sollte ich diese Art der (Ver)Änderung kritisch
hinterfragen müssen, so könnte ich mich zumindest mit Goethe trösten, der über den von ihm
geschätzten Schiller (sinngemäß) sagte, dass er von einem auf's andere Mal ein
gänzlicher Anderer sei. Ungestüm, unerbittlich konsequent in seiner Art wäre Schiller auch
heute vorbildhaft in seiner (größartig literarisch verfassten) Gesellschaftskritik. So
konsequent er moralphilosophisch für "Prizipentreue" stand, so vehement
versuchte er zu verdeutlichen, dass Moralen (im Sinne eines Vernunftsdiktats) nicht als
Kulturform erzwingbar sind (eben so, wie man derzeit Gesinnungsethik in diversen Medien
proklamiert); vielmehr ein Gleichgewicht zwischen unumgänglich sinnlicher Abhängigkeit
(Notwendigkeit) und moralischer Freiheit (eben von dieser Abhängigkeit) zu finden ist, um
einerseits den Menschen nicht seiner Natur (sinnliche Triebe) zu berauben, andererseits
ein hinreichendes Maß an (subjektiv zugeschriebener) Autonomie und Identität zu gewähren,
gewissermaßen zur Sicherstellung existentieller Konstanz trotz Veränderung (Formtrieb).
Die Balance zwischen beiden Trieben lässt uns hinreichend Lebenssinn erfahren. Notwendiger
Mittler zum Erhalt dieser Balance ist ein uns innewohnender Spieltrieb, der im
ästhetischen „Spiel“ triebbefriedigende Erfüllung und moralisches Ideal koexistieren
lässt.
Diesen Zusammenhang beschreibt Schiller auf brillante Weise in seiner Schrift "Über
die ästhetische Erziehung des Menschen" und zeigt damit vor allem eines: Durch sein
ästhetisches Spiel (Kunst) erst wird der Mensch zum Kulturwesen.
Hier sind wir "Brieffreunde", in einem Forum
hängen wir quasi ständig
etwas an ein schwarzes Brett. Das Brett gehört jemanden und er haftet
dafür.
Ich denke, schöner kann man es nicht ausdrücken: Brieffreunde!
Das ist (seit Anfang) Prinzip dieser Liste: Freundschaftlich fairer Austausch von Wissen
und Meinung, breit gestreut in den Themen mit Verzicht eben auf Polemik und vor allem auf
Tagespolitik etc., was man getrost den Boulevards (samt ihren Blogs und Foren) und den
sog. Sozialen Medien überlassen kann. Insofern möchte ich natürlich alle hier in der Liste
ermuntern, unsere "Szene" gelegentlich durch Beiträge zu bereichern.
Mit bestem Gruß!
Karl
PS: übrigens funktioniert unser Archiv wieder. hh hat es repariert. Vielen Dank dafür!