Am 24.08.2025 um 11:55 schrieb Rat Frag
<rat96frag(a)gmail.com>om>:
"Der Zweite Unvollständigkeitssatz wird zumeist so aufgefasst, dass Hilberts
Programm, die Widerspruchsfreiheit der Mathematik oder wenigstens der Arithmetik zu
beweisen, nicht durchführbar und das zweite Problem aus Hilberts Liste von 23
mathematischen Problemen unlösbar sei. Allerdings bezieht sich diese Schlussfolgerung auf
Gödels natürliche arithmetische Darstellung der Beweisbarkeit, das Beweisbarkeitsprädikat
Bew(x). Bei bestimmten künstlichen
Modifikationen von Gödels Beweisbarkeitsprädikat gilt der Zweite Unvollständigkeitssatz
nicht mehr. Eine solche Modifikation wurde zuerst von John Barkley Rosser bald nach Gödels
Veröffentlichung vorgeschlagen; inzwischen versuchen Spezialisten zu klären, worin der
Unterschied zwischen natürlich und künstlich eigentlich besteht."
Neben der innenmathematischen Behandlung des zweiten Unvollständigkeitssatzes gibt es noch
die Fülle der außermathematischen Interpretationen. Beispielhaft verweise ich auf
Enzenbergers 43-zeiliges Gedicht „Hommage à Gödel“ und die musikalische Interpretation
dieses Gedichtes durch Henze in seinem 2. Violinkonzert. Das ist auch Thema in der Diss.
„action music“ von Sang Myung Han, S. 117ff:
https://refubium.fu-berlin.de/handle/fub188/5410
Für mich ist das Interessant, wenn selbst scheinbar
eineindeutige Aussagen wie die der Mathematik zum Teil von unausgesprochenen
Voraussetzungen hinsichtlich der Bedeutung abhängen, sozusagen "kontextgeladen"
sind, dann scheint mir das ein wichtiger Ausgangspunkt für weitere Fragestellungen.
Mir ist nicht klar, was Du damit im Anschluss an das obige Zitat meinst. Dort wird doch
nur Bezug genommen auf die innermathematische Behandlung Gödels. Und innermathematisch
wurde auch Hilberts Programm kritisiert. Darüber haben wir uns hier in der Runde schon
wiederholt ausgetauscht, auch darüber, dass Lorenzen Widerspruchsfreiheitsbeweise für die
Arithmetik wie für die Analysis führte. Und wenn Du in der konstruktiven Mathematik (KM)
unausgesprochene Voraussetzungen finden solltest, teile sie mit. Erfüllt nicht gerade die
KM Deine Erwartungen an gesicherte Aussagen? Für mich stellt sie den wesentlichen Kern der
Mathematik dar, so wie ihn die Experimentalphysik in der Physik ausmacht. Zudem gewinnt
die KM vermehrt Bedeutung in der Informatik, da das, was über sie hinaus geht, eh nicht
berechenbar ist bzw. es sich umgekehrt bei der KM um algorithmische Mathematik handelt.
IT