[PhilWeb] Re: Zeiten---Re: Re: Zeitenlauf

transmitted from iPad-Client bin weit davon entfernt, gegen Dich zu lästern :-) Dieses weltweit immer gleicher werden ist augenscheinlich der zunehmenden Globalisierung zuzuschreiben. Von Modeerscheinungen, die sich (zumindest nach Hemisphären geteilt) nach den Vorgaben sog. sozialer Netze binnen kürzester Zeit verbreiten und damit zu einer erschreckenden Uniformität (etwa die „Insta-Girlies“, wie ich die nach der Pfeife von Influencer:innen tanzenden Modepüppchen nenne) oder die mit martialisch, militärischem Kurzhaarschnitt „gestylten“ Jungmänner, wie sie in den Nachkriegsjahren als Halbstarke auftraten; es fehlten damals nur die Tatoos, solche man allenfalls, zumeist als Meerjungfern, auf den Unterarmen von Matrosen bewundern konnte. Sind solche zur Schau gestellten Symbole, ist dieser Hang zu Uniformität Ausdruck von jeweiliger Mode oder zeigen sie das grundsätzliche Bedürfnis des Menschen nach Zugehörigkeit zu bestimmten gesellschaftlichen Gruppen? Womöglich trifft beides zu und mischt sich zu bisweilen skurrilen Ausdrucksweisen. Diesbezüglich erhebt sich dann tatsächlich die Frage, ob dieser Drang nach Uniformität grundsätzlich zu degenerativ ontogenetischer Veränderung führt oder sich letztlich nur als temporär gesellschaftliches Phänomen erweisen wird. Deiner These folgend, nach der die Menschen im Grunde Tiere sind, würden sie mehrheitlich das Verhalten von Herdentieren zeigen und ein Blick auf das historische wie aktuelle Zeitgeschehen bestätigt diese Annahme, wie insbes. auch neuere Forschungsergebnisse im Bereich der Sozialpsychologie und Neurologie. Es ist ein vornehmlich unbewusstes Bedürfnis nach Zugehörigkeit, nach Gemeinschaft und - abgesehen von krankhaftem Solipsismus - prägt dieses Verhalten jede Gesellschaft auf ihre spezifische Art, abhängig von geographischen und kulturellen Gegebenheiten. Inwieweit sich nun diese Unterschiede etwa durch die Brückenfunktion des „World Wide Web“ nivellieren, bleibt abzuwarten. Kritisch indes sind diesbezügliche Auswirkungen einer gezielt auf Massenpsychologie ausgerichtete Manipulation, die mit sog. Fake-News, mit sublim ausgestalteter Werbung etc. einhergeht und - aktuell schon deutlich sichtbar - mit KI-basierten Entwicklungs-Tools jede Art von Täuschung hervorbringt. Bislang war ich zuversichtlich, dass sich diese Methoden nicht verselbstständigen würden, doch diese Zuversicht hat sich gänzlich verloren. Jüngste Spam-Attacken im Netz zeigen sich auf derart geschickte Weise, dass Menschen ohne IT-Erfahrung, bzw. entsprechender Vorsicht nahezu zwangsweise darauf hereinfallen werden. Fluch und Segen der Technik, bleibt abzuwarten, was da noch auf die Gesellschaft zukommt, insbes. in welcher Weise Medien das Potenzial zu viraler Verbreitung von Desinformation missbrauchen und somit sich die massenpsychologische Auswirkung als fatale Folge von Technikentwicklung zeigt. Nun ja, das sog. „Fressen und gefressen werden“ ist Überlebensstrategie in der Tier- und Menschenwelt und somit auch Dein benanntes F-F-F. Glücklicherweise überwiegt ein Grossteil der Menschheit, dem das den Menschen innewohnende Mitgefühl, resp. Mitleid dieses F-F-F nicht zum Verhängnis wird, will heissen: Vernunft und damit die Erkenntnis überwiegt, dass nur ein (Ein-)Teilen das eigene Überleben, wie das der Mitmenschen sichert; Ebenso die Erkenntnis, dass kein Mensch für sich alleine überlebensfähig ist und das birgt per se die Notwendigkeit des Teilens. Würde sich der Großteil der Menschheit nicht nach dieser Maxime richten, wäre die Gattung Mensch längst von dieser Erde verschwunden. Zum Glück der Menschheit können Einzelne, die ihre Güter nicht zu teilen bereit sind, das Gesamtgefüge einer von hinreichender Vernunft getragenen Mehrheit nicht zerstören, es sei denn mittels globalem Krieg und damit auch dem sicheren eigenen Untergang. Besagter „Doppel-Wumms“ - jenseits des Atlantik wie auch diesseits - hat mich sehr hart getroffen. Ein mich tröstender Blick auf‘s Bücherregal, wo ich Horst Geyers Essay „Über die Dummheit“ als 1954 erschienenes Buch (von meinem Vater geerbt) herausgezogen habe. Ein weiterer mich tröstender Gedanke eines anderen Sohnes:“Vater vergib ihnen, denn sie wissen nicht was sie tun“ (Luk. 23/34). Nett gesagt zwar und voller Barmherzigkeit- doch welches Menschenskind kann schon von sich sagen: „Mein Reich ist nicht von dieser Welt!“? Welche Ironie! Beziehe ich o.a. Bibelzitat doch geradewegs auf jene, die in ihrem blinden Bibelglauben einen in ihren Augen von Gott begnadeten Anführer wählten. Und wie recht doch Bert Brecht hatte mit dem ihm zugeschriebenen Ausspruch: „Die dümmsten Kälber wählen ihre Schlächter selber.“ Intelligenz also ist gefragt, wir hatten diese kürzlich thematisiert. Ist Dummheit das Gegenteil von Intelligenz? Ist dümmliches Verhalten die Folge von zu niedriger oder gar zu hoher Intelligenz oder geschieht dieses schlichtweg trotz hinreichender Intelligenz? Also doch wieder nur Massenpsychologie, die hier am Werk ist, gleichermaßen für Dumme wie für Intelligente? Psychopathie vermag offenbar psychotische Verhaltensweisen von Menschen auszulösen. Nichts gelernt aus den Ereignissen in Deutschland 1933: Induzierter Massenwahn. Also doch Nietzsche: „Die ewige Wiederkehr des Gleichen“. That‘s it! Nun gute Nacht (im wahrsten Wortsinne) und schöne Träume, denn grade platzte ein schöner Traum vom grünen Baum mit roten Früchten, die Blätter färben sich goldgelb. Winter ante portas. KJ PS: Man entschuldige die Länge, zur Kürze fehlte mir die Zeit (Goethe)