Am 05.03.2024 um 02:16 schrieb waldemar hammel über
PhilWeb <philweb(a)lists.philo.at>at>:
Am 28.02.2024 um 00:00 schrieb waldemar hammel:
>
> * und "gesetze" gibts in natura garnicht und nirgends, denn da herrschen
immer nur wahrscheinlichkeiten, und nur deren "abtastung" realisiert dann im
sinne "gepfadeter ww" vermeintliche gesetzhaftigkeiten
> (stein unter bedingung x fällt immer nach unten, also fall"gesetz"
gefunden? denkste, denn unter jeder anderen bedingung wird der stein sich anders verhalten
= stein nur "berechenbar", wenn ich xy-randbedingungen
> explizit mit angebe oder implizit mit annehme, und selbst dann ist die
fall-trajektorie nur "ungefähr", also nichtexakt, berechenbar, zb ein luftzug
oder lichtteilchen während der stein fällt, und schon stimmt nichts mehr)
Nun, lieber Waldemar, Dein Beispiel für ein „optimal funktionierendes/ablaufendes
Naturgesetz“ beschreibt doch geradewegs eine Gesetzmäßigkeit, nämlich die der
Wechselwirkung im Sinne von gesetzmäßigen Zusammenhängen, im beschriebenen Fall also
regelmäßige Abfolgen von Wechselwirkungen. Mich stört Deine Behauptung, nach der Natur,
resp. Natürliches nur funktoniert, weil nichts jemals „exakt/gesetzig“ abläuft, woraus zu
schließen wäre, dass es keine Naturgesetzlichkeit gibt.
Wahrscheinlich ist diese Aussage Deiner Abneigung gegen jede Art von Gesetzen, einerlei,
wie Menschen ihr jeweiliges Untergeben sein erleben, bzw. bewältigen, geschuldet. Als
glühender Befürworter der Anarchie wird dann auch Dein Postulat verständlich, dass das
Naturgeschehen eben anarchisch abläuft. Zudem Du Dich als Freigeist jeglicher Weltordnung
entgegenstellst. Durch diese subjektive Einstellung ist jedoch längst nicht widerlegt,
dass es diese (und somit auch eine Naturgesetzlichkeit) nicht gibt.
Jetzt mache ich's mir einfach und zitiere kurz den Wikipedia-Eintrag (Nicht, um auf
dessen absolute Gültigkeit abzuheben, sondern um darüber nachzudenken):
„Ein physikalisches Gesetz beschreibt in allgemeiner Form, wie die physikalischen Größen
<https://de.wikipedia.org/wiki/Physikalische_Gr%C3%B6%C3%9Fe>, welche die Zustände
<https://de.wikipedia.org/wiki/Zustand_(Physik)> einesphysikalischen Systems
<https://de.wikipedia.org/wiki/Physikalisches_System> charakterisieren, miteinander
zusammenhängen und sich gegebenenfalls ändern. Im Allgemeinen wird dies in mathematischer
<https://de.wikipedia.org/wiki/Mathematik> Form ausgedrückt. Im physikalischen
Kontext werden diese Gesetze auch als Naturgesetze
<https://de.wikipedia.org/wiki/Naturgesetz> bezeichnet bzw. mit diesen
identifiziert.“
Im Kontext der hier thematisierten Kausalität geht es also um Zustände physikalischer
Systeme und deren Änderung bei gegenseitiger, somit wechselwirkender Beeinflussung.
Letzteres kommt m.E. einer Wechselwirkung zwischen Kausalmengen gleich. Ich hatte vor
Zeiten hier über die Causal Set Theorie (Sorkin, Bombelli et.al.) geschrieben und eben
diese Theorie trägt meine Vorstellung vom diskret prozesshaften Geschehen in der Raumzeit,
anstatt der klassischen Vorstellung eines Raumzeit-Kontinuums.
Bezogen auf Kausalität sind diese „Raumzeit-Events“ Ereignisse durch lokal endliche
(Halb-)Ordnungsrelationen miteinander verbunden und daher mein Hinweis auf ein ordnendes
Prinzip, leger als „Weltordnung“ bezeichnet.
Besagte Kausalmenge wird auch als Trägermenge benannt und damit kann ich gedanklich auch
eine Verbindung zu den von Dir, Waldemar, beispielhaft angeführten Trajektorien (eben als
„gepfadete“ Bahnkurven im Orbit) herstellen.
Dein Beispiel mit den Sandkörnern, lässt mich in diesem Zusammenhang an die mögliche
Struktur einer Kausalmenge denken, wo „Punkte“ (also winzige Sandkörner) in eine
Lorentzsche Mannigfaltigkeit eingefüllt sind und sofern diese proportional zum Volumen
eines gewählten Raumzeitkubus eingestreut sind, lassen sich benannte kausale
Ordnungsmuster, resp. -relationen in dieser Mannigfaltigkeit auf die Menge der
eingestreuten „Sandkörner“ übertragen. Damit hat man eine lokal abgeschlossene Halbordnung
und somit eine Kausalmenge erzeugt.
Ziemlich theoretisch das Zeug hier, aber mir kommt es dabei darauf an, zu zeigen, dass
sehr wohl (kausale) Ordnungsrelationen im Naturgeschehen existieren. Wer sich hier näher
damit beschäftigen will, sei auf entsprechende Vorlesungen hingewiesen, die sich im
Internet finden, allerdings zumeist in englischer Sprache. Sehr sicher denke ich, könnte
auch Ingo (it) zum tieferen Verständnis dieser Zusammenhänge etwas beitragen, insbes. zur
Lorentzinvarianz, bezogen auf die notwendige Zufälligkeit der Einstreuung.
Zufall und Notwendigkeit (sic!), demzufolge sich aus der anarchisch angelegten Natur
„Inseln der Ordnung“ bilden, ohne die Mensch, Tier und Fauna nicht existieren könnten, so
wie unsere Lebenswelt als Ganzes eine solche „Insel“ darstellt, zudem mit erstaunlichem
„Fein-Tuning“ oder, mit Heraklit gesprochen, "nach Maßen":
„Diese Weltordnung, dieselbige für alle Wesen, hat kein Gott und kein Mensch geschaffen,
sondern sie war immerdar und ist und wird sein ewig lebendiges Feuer, nach Maßen
erglimmend und nach Maßen erlöschend.“ (Heraklid)
Sorry, ihr Atheisten hier an Bord, auch wenn ich nicht einem anthropomorphen Gottesbild
anhänge, will ich doch nicht leugnen, als Kind eben durch eine derart mir aufgebürdete
Vorstellung überhaupt erst die Möglichkeit gehabt zu haben, die schrittweise erkannten
„Wunder der Natur“ nicht als von Menschen, sondern – dem Bild entsprechend – von Gott
gemacht, gleichwohl ich diesen längst nicht mehr als menschengedacht personifizierte,
sondern als transzendente Wesenheit erachte. Transzendenz im Sinne des Übersteigens
empirischer Realität, also der Wirklichkeit gleich, Wirklichkeit als ordnend (be)wirkende,
kreative Kraft, ewig und allgegenwärtig in den kosmischen Weiten präsent, also
omnipräsent, eben göttlich: „JAHWE – ich bin da.“
Und für Christen hier an Bord hat Heraklit auch etwas in seinen Fragmenten verewigt: „Der
Menschen harrt nach dem Tode, was sie nicht erwarten oder wähnen!“ Das Aufscheinen einer
Weltordnung also, gänzlich anders, als sie jemals von Menschen vorgestellt sein kann?
„Weltordnung“, da kommt mir sogleich Joseph in den Sinn. Wie ist Deine Deutung zu dieser
Thematik?
Wir sollten hier etwas mehr Gemütlichkeit ins Forum bringen, war kürzlich die Empfehlung
und man könnte auch sagen, etwas mehr Gelassenheit. Vielleicht dient Goethes Reim (diesmal
also nicht von Ingo Mack) für hinreichenden Aufschluss zum Thema Kausalität.
„Das erst' war so, das zweite so Und drum das dritt' und vierte so; Und wenn das
erst' und zweit nicht wär', Das dritt' und viert' wär' nimmermehr.“
(Goethe). Und wer war das noch mit diesem „nihil fit sine causa“?
Bester Gruß an Dich und in die Runde! - Karl