Am 30.08.2025 um 10:23 schrieb Rat Frag über PhilWeb
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Ist das nicht zumindest ein Indikator dafür, dass bei der Lehre des Begriffes
möglicherweise nicht bei jedem Studenten die selbe Vorstellung geweckt wurde?
Hi RF,
mir ist nicht klar, worauf Du eigentlich hinaus willst. Die „Lehre des Begriffes“ gehört
jedenfalls nicht zur Mathematik, sondern zur Philosophie. Was sollen zudem historische
Betrachtungen, wenn es um ein systematisches Problem geht? Ich hatte doch wiederholt auf
die historisch-faktische Genese verwiesen, die ebenfalls zur Philosophie und nicht zur
Mathematik gehört. Beginnen wir also mit den Lösungsversuchen der Grundlagenkrise in der
Mathematik. Hilbert schlug dafür (in vager Analogie zur Metaphysik) so etwas wie
„Metamathematik" vor.
Wie Lorenzen in seiner „Meta-Mathematik" einleitend hervorhebt, ist damit eine
konstruktive mathematische Theorie gemeint, „die die gesamte Mathematik, soweit sie als
eine axiomatische vorliegt, zum Gegenstand hat.“ Im Anschluss an das Problem der
Widerspruchsfreiheit der Analysis lief das Vorhaben dann unverhofft auf die Frage nach dem
Verhältnis von konstruktiver und axiomatischer Arithmetik hinaus. Die Metamathematik wurde
damit zu einer Mathematik der Metatheorien.
Lorenzen gliedert seine Meta-Mathematik in folgende Kapitel: „I. Formalisierung der Logik.
II. Formalisierung der Arithmetik. III. Arithmetisierung der Formalismen. IV.
Entscheidbarkeit axiomatischer Theorien." Was in der formalen Logik als Beweis gilt,
wird also zur Grundlage der gesamten Mathematik genommen. Wesentlich dabei ist die
Widerspruchsfreiheit, weniger wichtig, ob es sich um eine syntaktische oder dialogische
Logik handelt. Dabei dient Lorenzen als Fundament nicht die natürliche Sprache, sondern
allein die konstruktive Mathematik.
An meine Studienzeit zurückdenkend, befassten sich die Studierenden im Anschluss an eine
zweistündige Unterweisung in (klassischer) formaler Logik nicht mit Begriffen, sondern
bemühten sich darum, Beweise für die gesellten Aufgaben zu finden. Spezialvorlesungen über
mathematische Logik ebenso wie über philosophische Logik (bei den Philosophen) hörten nur
wenige Mathe-Studis — und wenn, handelte es sich zumeist um Lehramtsstudierende. Ich hatte
mich schon während meines vorangegangenen Ingenieur-Studiums mit Lorenzens meth.-konstr.
Philosophie beschäftigt.
Hinsichtlich eines soliden Fundaments der Mathematik halte ich mich an die konstr.
Mathematik, die nicht nur in der Lebenswelt hinreicht, sondern auch weitgehend der
Naturwissenschaft genügt. Die im Anschluss an Hilbert von Schütte auf den Weg gebrachte
Beweistheorie tastet sich nach Schroeder-Heister „nur langsam an die wirklichen Probleme
heran. Andererseits muss man der Beweistheorie zugute halten, dass sie überhaupt erst
einmal einen prazisen syntaktischen Begriff von ‚Beweis' entwickelt hat,
in dem sich konkrete mathematische Beweise formulieren lassen.“ Siehe dazu "Die
Grundlagen mathematischer Beweise. Philosophisch-logische Überlegungen“ in der Liste
unter:
https://uni-tuebingen.de/fakultaeten/mathematisch-naturwissenschaftliche-fa…
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