Am 03.12.2020 um 13:50 schrieb Joseph Hipp via Philweb
<philweb(a)lists.philo.at>at>:
"Nimmt man aber Einsteins ursprüngliche Veröffentlichung von 1905 zur Hand, ist das
eine recht unkomplizierte Lektüre. Der Text ist einfach und deutlich, seine Gleichungen
fast nur Algebra – nichts, was einem normalen Schüler der Oberstufe Probleme bereiten
würde.
Das liegt daran, dass es Einstein nie um ausgefallene Mathematik und Formeln ging. Er
dachte gern visuell, überlegte sich Gedankenexperimente und spielte in seinem Kopf so
lange mit Ideen herum, bis er die Konzepte und physikalischen Prinzipien kristallklar vor
seinem geistigen Auge sehen konnte.“
Hi JH,
ich bezog mich mit meinem Jahrmillardenhorizont auf das Vordenken, wie es den Horizont zu
sprengen vermag und da reichen Prinzipien und Gedankenexperimente nicht aus. Nachdem
Freund Grossmann Einstein zur Differentialgeometrie verholfen hatte, fand er, wenngleich
mühsam, aber letztendlich erfolgreich, die hinreichend invariante Feldgleichung. Und die
enthüllte mehr als er gedacht hatte und sprengte sogar seinen anfangs statisch
angenommenen Kosmos, dynamisierte ihn in einer Weise, wie er es ohne Mathematik nie
hinbekommen hätte.
Die tollsten Ideen bringen nichts, wenn sie nicht funktionieren. Feynman hatte sich immer
wieder darüber lustig gemacht, wenn Studierende begeistert mit ihren Visionen zu ihm kamen
und er sie dann einfach aufforderte, das einmal durchzurechnen. Die meisten kamen
natürlich nie wieder. Gerade muss ich daran denken, dass das Relativitätsprinzip ja seit
Jahrtausenden vielen Seefahrern bekannt war, wenn sie glaubten, das Land und nicht das
Schiff bewege sich. Aber erst Einstein konnte es zum Prinzip der Physik erheben, weil die
Maxwellsche Elektrodynamik es bereits erfüllte; was er natürlich durchzurechnen hatte und
sicher nur wenigen Schülern gelingen dürfte.
Und das Motto dazu? Prinzipien ohne Mathe sind leer, Mathe ohne Prinzipien beliebig. Oder
so ähnlich.
Es grüßt,
IT