Lieber Ingo,
erneut Danke für Deine völlig berechtigte Frage und Feststellung!
Und sorry für die Länge meiner Nachrichten - das ist halt meine Art, mir Gedanken zu
machen, andere können es sicher knapper.
Zu Deiner Festellung meine Überlegung:
Quanten etc. sind Eigenschaften im Sinn zu verwirklichender Potentiale. Erst an die
Verwirklichungen ihres eigenschafts-geprägten Verhaltens können Skalen angelegt werden:
wie schnell, wie häufig, welche Masse etc. Die Quantitäten, in denen sich eine Qualität in
einem System verwirklicht sind in der Quanten-Qualität alias Quanten-Eigenschaft im Sinn
von hinterlegten Verwirklichungsregeln angelegt. Auf diese Regeln kann nur durch
Beobachtung von Verwirklichungen einschließlich Messungen geschlossen werden. Die
Messungen, Beobachtungen und Feststellungen, die an Verwirklichtem erfolgten führen, wenn
sie wiederholt zu denselben Ergebnissen führten zu der - bis auf weiteres plausiblen -
These, dass dem festgestellten Verhalten ein selber nicht direkt greifbares „Programm“
unterlegt sei. Die Gesamtheit aller aus der Beobachtung gewonnen Behauptungen ergibt die
Eigenschafts-Hypothese, als die Annahme, die Eigenschaft des Quants etc. sei die und die.
Das Eigen-Sein einer vermuteten Kohärenz als Eigenschaft besteht in einer bestimmten Art
des in sich und mit dem Außen Zusammenhängens. Dem Zusammenhängen und seinem
interaktionellen Fortbestand ordnen wir einen Antrieb zum Zusammenhängen zu, der, weil er
sich auf eine Qualität, nämlich die des Kohärierens bezieht selber qualitativer Natur und
damit eigenschaftlich ist. Indem er eigenschaftlich ist, ist er der dem Kohärenz-Erhalt
(auch im quantitativen Sinn) zu Grunde liegenden Eigenschaft und damit der
Eigenschaftshypothese zuzuordnen. Diese bezieht sich auf ein vermutetes, aus wiederholter
Beobachtung geschlossenes Zugrundeliegendes, ein Potential. Die Kraft, die das
Ordnungs-Stiften bewirkt, ist also eine zu Grunde liegende, sie ist Teil des zu Grunde
liegenden Potentials. Wir vermuten sie, und schließen auf sie aus Beobachtungen von
Geordnet-Sein im individuellen und interaktionellen Sinn.
Unsere Energie ist daher eine, die als Antrieb dafür, geordnet und nicht ungeordnet
vorzugehen / sich geordnet und nicht ungeordnet zu verwirklichen unterstellt wird. Sie ist
nicht quantifizierbar, aber darin genauso wirklich und wirksam mitbedingend wie nicht
quantifizierbare, nicht in ihren Messwerten aufgehende Qualität generell.
Unsere Suche gilt also der Kraft, die bewirkt, dass die involvierten Qualitäten überhaupt
kohärierend und vorhersagbar in bestimmten Quanten und allgemeiner Quantitäten agieren und
interagieren, das heißt, die bewirkt, dass diese Qualitäten auch in quantitativer Hinsicht
ihre Eigenschaftlichkeit bewahren. Es ist eine Zusammenhangs- und Zusammenhaltskraft von
Ordnung, die bewirkt, dass diese Ordnung (wie gesagt, auch in quantitativer Hinsicht)
fortgeschrieben und nicht aufgelöst wird. Sie ist gegen Entropie gerichtet, aber es geht
nicht um Ordnung überhaupt, sondern um zwingend jeweilige Ordnung, die Ordnung bestimmter
Kohärenzen, die wir in jeweilige zu Grunde liegende Eigenschaften und ihre
Verwirklichungen differenzieren.
Die Jeweiligkeit der Ordnung versuchen wir als semantische Achse des eigenschaftlichen
Prozessierens zu veranschaulichen. Diese Achse zunächst zu erstellen und sie dann
aufrechtzuerhalten, auch und gerade in organisierter, geregelter, angepasster und
koordinierter Interaktion mit um andere je eigene Achsen kreisende Vorgängen, die hierfür
nötige Kraft sehen wir als integralen Bestandteil des Grundes, aus dem die Verwirklichung
geschöpft wird. Sie kommt somit „von innen“, aus der Quelle, der auch die weiteren
qualifizierenden und quantifizierenden Vorgaben entströmen. Diese Kraft kann wachsen, das
Potential kann gestärkt und seine Zuverlässigkeit erhöht werden.
Wie die Verwirklichungen der durch Symbole wiedergegebenen Eigenschaften sich formelmäßig
zueinander verhalten, kann von einer Symbolgruppe auf eine andere abgebildet und im Rahmen
des Abbildens weiter aufgegliedert werden. Dass sich allerdings die beteiligten
Eigenschaften so formiert verhalten, kennzeichnet ihr inneres und interaktionelles
So-und-nicht-anders-Geordnet-Sein und So-und-nicht-anders-Interagieren. Die „Kraft“ alias
„Energie“, die „kleine“ Systeme zusammenhält und auch ihr Verhalten im „großen“ System
organisiert, die also das Formelmäßige Verhalten gewährleistet, diese qualitative,
qualifizierende und quantifizierende, ermöglichende „Ordnungskraft“ als Triebkraft jeder
denkbaren, identifizierbaren und deshalb zu benennenden, mit Symbol und Name (z. B.
„Feld“) zu belegenden Kohärenz ist es, um die es uns geht.
Es geht also um dynamische Eigenschaftlichkeit als solche und eine vermutete Kraft, die
auf der Ebene der Ermöglichung den Zusammenhalt ermöglicht und bewahrt. Die dazugehörigen
Beschreibungen veranlassen einen anderen Element-Begriff als den in der Systemtheorie
gebräuchlichen, wozu ich in Syst Res Behav Sci. 2019;36: 1-4 Stellung genommen habe.
PS: Mittlerweilie bin ich mit dem Balletmeister weiter gekommen und habe ein Kapitel dazu
verfasst.
Wir betreiben unsere Recherche ja mit dem Ziel, eine personenzentrierte Medizin auch
gedanklich zu unterfüttern und nicht nur in Form von Appellen zu fordern. Dazu werden wir
auch ein Analog zu Balint-Gruppen entwickeln. Um die sinnvolle Interaktion von Mitgliedern
dieser Gruppen im semantischen Raum zu beschreiben, haben wir das zugehörige Konzept der
semantischen Energie entwickelt.
Der Text, den ich heute früh hierzu schrieb wird nach Gegenlesen durch die weiteren
Mitglieder unserer Gruppe Teil des hierzu veröffentlichten Artikels (wie immer work in
progress, unkorrigiert, noch nicht veröffentlicht, nur zum privaten Gebrauch…..).
Auf Vorschlag der Kollegen in der ESPCH sollen die Gruppen meinen Namen tragen, weil er
halt fröhlich klingt...
Viele Grüße,
Thomas
25.01.21
Semantic energy
Engaging in a Fröhlich Group, participants will provide their intrinsic energy to do so.
This energy aims to be aware of what others individually realise and at the same time it
is meant to realise one’s own individuality. So, the individual processing is contextually
adapted and not solipsistic. The power at work guides to a balanced, related and not an
absolute ownness. In being both active and adaptively reactive and interactive, it is also
the power fuelling into a consistent processing of random and non-random processes of the
outside. In human psyche this power as driving force gives an impulse to be aware, to be
curious, to embody and then process what happens in the outside. On a general level, the
inherent power enables a coherence to stay intact and coherent as itself also in the form
of a structured, coherence-enacting contact with the outside. The complete structure
resulting from this energised interactional organising then refers to the inside and the
context processed by this inside. It does not end at the physical borders of the coherence
but extends to those parts of the context to which a consistent, coherence-attuned
relation has been established. Each interactional semantic volume hence consists of a
focused inside together with what goes on in parallel and sequential interactional
coherence in the outside. It has three logic components, the inside, the outside and both
partners’ relation. All together might be seen as coherences embedded in a momentarily
generated shared orchestrating space.
The energy promoting installation and transient maintenance of this multi-centred
interactional coherence emerges from the individual coherences, each acting as a
conductor’s energy, engaged in a multi-conductor task to establish coherence-relatedness
of a transiently formed multi-coherence-orchestra.
In terms of the Fröhlich group the supportive activating energy of each participant hence
extends towards this participant in context. Emerging from the participant’s sources it
embraces the complete setting, providing the force to push the balanced individuality
setting forward. The incentive coherence energy is not absolute; it behaves like a flow
chamber dwelling on nurturing input of further resources. The input is on the underlaying
resource level, it fills the battery which then energises the whole setting, that is, the
cooperation of several participating coherences.
There are some distinguishing features characteristic for semantic energy compared with
physical energy. First, it is a product of underlaying sources; second, it not only
empowers the individual coherence, but this coherence as coherently interacting; thus, it
expands to the coherence’s context; there is no fixed horizon of this setting, the
interactional space instead gradually fades out; nevertheless, the setting is clearly
polycentric, with a multitude of sources providing the overall organisational
interaction-energy. There is no simple numerical, such as additive relation of individual
energy commitment and the final combined organisational energy converging from the
distinct sources. The ‘team spirit’ depends on the individual spirit of the team members,
but not in form of an assembly of fixed inputs. Instead, there are multiplying enhancing
or destructive contributions altering all individual inputs in a non-linear way. An
example is a dissonance which, even being a quiet tone only may turn the whole choir’s
product in a cacophony. A positive example is a small semantic energy input emerging from
a catalyst, such as an enzyme that nevertheless profoundly increases the other
participants’ energy input effect; again, this is not an additive relation, but a
multiplicative one.
The specific of semantic energy comes from its extended validity. It covers and fuels the
individual coherence’s processing and, emerging from this individual coherence’s source,
simultaneously the coherence’s interactional context. It is productive in a widened realm,
and it dwells not only on the individual coherence’s underlaying potential, instead it is
able to receive and implement enabling force from outside, to become transiently stored in
the source’s fundus, or batteries.
Semantic energy is genuinely interactional and in this interactionally directed, it is an
organising, structuring energy like a program together with its power supply. It does
happen not limited to a partner-with-partner interaction, but in this, embedded in an open
space consisting of all that is momentarily contextually relevant. So, its effects address
more than the immediate, direct individual interaction partner. Changing the complete
frame as context simultaneously, the meaning-contribution of all participants may be
altered systematically both in terms of content and in terms of this altered content’s
share and integrability.
Teamwork and any coherent interaction must be seen as empowered not only by physical
energy, like in men measured as calories of ingested food, but also and much more in terms
of semantic energy contributions and their non-linear effects. Each coherent interaction
generates a transient system, and this system’s processing in terms of interactional
directedness and organisational sustainability also depends on what we call input and
effects of semantic organisational energy. The latter extends to coherently processing
interactional partners, seen from an individual coherence’s perspective, convergently
combining a multitude of perspectives to end up in a dynamic whole, not clearly limited,
instead in form of an open dynamic system.
Am 25.01.2021 um 12:03 schrieb Ingo Tessmann
<tessmann(a)tu-harburg.de>de>:
Am 24.01.2021 um 12:02 schrieb Dr. Dr. Thomas
Fröhlich <dr.thomas.froehlich(a)t-online.de
<mailto:dr.thomas.froehlich@t-online.de>>:
Der Ballettmeister muss nicht extern gegeben sein, er kann auch in jedem Tänzer
verinnerlicht als Teil seiner DCP vorhanden sein, als Organisationswille und
Organisationskraft jedes Teilnehmers. So ist es bei chemischen Reaktionen.
Hi Thomas,
aber sind chemische Reaktionen nicht weitgehend quantenelektrodynamisch verstehbar?
Zumeist reicht bereits die Quantenmechanik hin, wobei die Näherungsrechnungen mit den
gängigen Programmsystemen sehr langwierig - wenn nicht unmöglich - werden können. Aber mit
dem Einsatz von Quantencomputern dürften sich die Berechenbarkeitsprobleme voraussichtlich
noch während der kommenden Jahrzehnte erledigen.
Es grüßt,
Ingo