Am 08.11.2022 um 12:54 schrieb Joseph Hipp über
PhilWeb <philweb(a)lists.philo.at>at>:
Korrektur
dass für mich Zufall ist.
dass für mich alles Zufall ist.
Hi JH,
und schon hast Du aus einer selbstbezogenen Existenzbehauptung einen selbstbezogenen
Allsatz gemacht. „Für mich ist alles Zufall“, deute ich als knappe Form einer Weltsicht.
Aber wie geht es weiter? In der Kunstsprache Mathematik mit den Zahlen und der Arithmetik
in Analysis und Stochastik. Damit wird Zufall wahrscheinlichkeitsgewichtet mit einer Zahl
> 0 und < 1 bewertbar.
In der natürlichen Sprache kommen „erst Wörter, dann ganze und halbe Sätze“. Literatur
beginnt also mit Wörtern und Grammatik. In „Oktober und wer wir selbst sind“ schreibt
Peter Kurzeck an anderer Stelle über seine vierjährige Tochter Carina: „Jeden Tag hat sie
neue Wörter! Muß man gleich ausprobieren."
Und in „Lenz“ schreibe ich: „Was für ein Zufall!", rief sie hellklingend und bestimmt
aus. „Mein Zug fährt gleich, ich muss weiter." Lenz fühlte sich unversehens in einen
Traum versetzt. Immer wieder hatte er die junge Schöne herbeiphantasiert und plötzlich war
sie zielstrebig und forschen Schrittes im Hamburger Hauptbahnhof direkt auf ihn zu
gekommen. Ihre Heimwege überschnitten sich in einem Augenblick ziemlich unwahrscheinlicher
Gleichzeitigkeit.
„Was für ein Zufall!“ ist ja ein im Alltag häufiger Ausruf, auf den Du geantwortet
hättest: „Für mich ist alles Zufall“. Daraus könnte ähnlich wie bei Kurzeck mit seiner
Oktave „Das alte Jahrhundert“, fein gewoben aus Mathematik und Literatur, ein so ganz
anderes Mammutwerk entstehen. Aber wer wird es jemals beginnen?
IT