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Am 01.09.2025 um 15:56 schrieb waldemar hammel über
PhilWeb <philweb(a)lists.philo.at>at>:
Am 31.08.2025 um 04:28 schrieb Karl Janssen über PhilWeb:
Absolut erfreulich, dieser rege Austausch hier in
unserem philweb! Offen gesagt, habe ich „alle Hände voll zu tun“, um den Diskursen hier zu
folgen. Geschweige denn, auf den einen oder anderen Beitrag näher einzugehen und in einen
Dialog einzutreten.
Ratfrag hinterfragt eine alte Klage:
rf: Es ist eine alte Klage. "Wieso gibt es so viele Meinungen, wenn es doch nur eine
Wahrheit gibt?
wahrheiten/unwahrheiten sind stets spektral, weil sie stets nicht nur vom
argument, sondern auch von den kontexten abhängen (ww!), in die das jeweilige argument
eingebracht wird (eine grüne birne ist im sonnenlicht grün, in anderem kontext zb
grünlicht aber weiss)
Das lässt mich an unsere ausgiebigen Diskussionen
über Wahrheitstheorien denken und meinerseits die Frage aufwerfen, warum der Begriff von
Wahrheit hinsichtlich seiner Beweisbarkeit immer aufs Neue hinterfragt wird. Wahrheit muss
beweisbar sein, doch wie steht es um Wahrheit, die nicht als solche erkennbar, greifbar
oder ermessbar ist?
ganz einfach: eine wahrheits/unwahrheits-behauptung über eine sache, die
"nicht erkennbar, greifbar, ermessbar " ist, ist schlicht als argument ungültig
(gutes beispiel: "gott")
Das ist geradewegs meine Rede!
Sofern Wahrheit lediglich behauptet wird, muss im
Zweifel diese Behauptung mit Anspruch eben auf ihre Faktizität bewiesen werden und nur für
den Fall eines hinreichend gültigen Beweises entspricht das Behauptete der Wirklichkeit,
ist somit ein Wahrmacher der Aussage.
die sog. "wirklichkeit" ist kein gültiges kriterium für
wahrheit/unwahrheit
warum denn nicht? Wirklichkeit ist ein reales Element von Wahrheit. Ein wirklicher
Tatbestand als Grundlage einer entsprechenden Aussage muss einen allgemeingültigen
Sachverhalt und somit dessen Wahrsein, resp. Wahrheit voraussetzen.
Philosophisch gesehen, sehe ich Ruth E. Kastners Darlegung des Wahrheitsbegriff als
eingängiges Beispiel, wonach Wahrheit vergleichbar als einen im Ozean schwimmenden Eisberg
gesehen werden kann: Man sieht nur dessen Spitze, nicht jedoch das ganze Ausmaß, erstere
entspricht wahrer sichtbarer und somit erkennbarer Realität, hingegen der nicht sichtbare
Teil als solcher nicht unmittelbar erkennbar aber dennoch realer Teil der „ganzen“
Wahrheit ist.
Als weiteres Beispiel beschreibt Platons Höhlengleichnis die Deprivation der Wahrnehmung
von Ganzheit, resp. Wahrheit, sofern diese perspektivisch verdeckt ist, so eben auch mit
Bezug auf höherdimensionale mathematische Formalismen, die - obgleich empirisch nicht
erfassbar - dennoch auf absolut konkrete Existenzebenen hindeuten.
Töricht und dennoch unausweichlich, wenn Bewohner einer fiktiven, zweidimensionalen, somit
flachen Welt die Existenz einer für sie nicht erkennbaren, höheren Dimensionen
ausschließen.
Welche höhere Entität wird oder wollte es unternehmen, uns geistig deprivierte
„Flachländer“ in höhere Dimensionen zu führen?
Meinungen
entsprechen zunächst subjektiven Denkmustern und sind nur dann wahrheitsgemäße Aussagen,
wenn ihre Plausibilität intersubjektiv zu belegen, resp. objektiv nachzuweisen sind.
Eindeutige Kriterien zur Wahrheitsfindung sind somit plurale Intersubjektivität unter
Einbezug der Methode des Fallibilismus.
ebenso ist "intersubjektivität", das also etwas
intersubjektiv-als-wahr-gilt, kein kriterium für wahr/unwahr (sonst wäre etwa die
nazi-ideologie der hitler-ägide zumindest während dieser zeit wahr gewesen)
Sicher ist Intersubjektivität kein eineindeutiges Kriterium für
Wahrheitsgemäßheit, dennoch aber ein Werkzeug, um einen Tatbestand oder Sachverhalt durch
kollektive Betrachtungsweise zu objektivieren, bzw. zu falsifizieren.
Doch gerade
dieses erkenntnistheoretische „Werkzeug“ kann eben auch keine absolute Wahrheitsaussage im
Sinne einer Letztbegründung tätigen, da immer noch die Möglichkeit eines letzten Irrtums
besteht.
"absolute wahrheiten" sind nicht deshalb unmöglich, weil "immer
ein letzter irrtum" darinstecken kann, sondern weil letztbegründungen (für was auch
immer), und zwar prinzipiell, unmöglich sind, weshalb ich den wahrheitsbegriff gänzlich
vermeiden würde, und stattdessen von wahrscheinlichkeit P(x) reden würde, zb nicht
"1+1=2 ist wahr (P=1)", sondern "unter den rand- und zusatz- bedingungen
xyz ist 1+1=spektral-wahr"
Ein durchaus probates Mittel, entscheidend ist letztlich zu erkennen, dass aus
menschlicher Erkenntnis heraus keine absolute Wahrheit zu ergründen ist.
Philosophisch
könnte die Idee der Stoa hilfreiche Stütze gegenüber aller überbordenden Geschwätzigkeit,
Fake-News, KI-generierten Narrativen usf. bieten, da sie tief in menschliche Psyche
eindringt und geradewegs dem unstillbarem menschlichen Bedürfnis nach Neuigkeit, nach
Klatsch und Tratsch die besonnene, nüchterne, faktenbezogene und somit wahrheitsgemäße
Wirklichkeit entgegen stellt.
mit dem entscheidenden nachteil jeder "wahrheitsgemässen wirklichkeit",
dass diese als illusion/illusionäre verkennung, jeweils in unserem hirn
erzeugt/zusammengebastelt wird, und wir dann als hilfskonstrukt noch als weitere
(unmotivierte und in der sache falsche) wahrheitsbehauptung benötigen, die "wirkliche
wirklichkeit" würde mit unserem darüber erzeugten hirnkonstrukt übereinstimmen
Das sind die selbst gelegten Fallstricke der radikalen Konstruktivisten, die mit
ihrem Zweifel an der mentalen Performance des menschlichen Gehirns am realen Leben
scheitern müssen.
Ein „Werkzeug“
also, das auf diese philosophische Weisheit aufbaut und somit einen Weg zu hinreichender
Selbsteinschätzung weisen kann, etwa nach dem Beispiel des Marc Aurel, dessen Denkmodell
von einer Allnatur, dieser EINHEIT als einzige WAHRHEIT meiner Vorstellung von kosmischer
Intelligenz entspricht, als eben diesem Gefühl von Allgeborgenheit „JAHWE“ - ich bin da,
oder eben mein ICH als Teil dieser Ganzheit: Partizipation als Strukturprinzip des
Menschen an sich.
zu bedenken: auch ein marc aurel hat (so sehr ich sein geschriebenes auch
schätze) nur mit wasser gekocht, und "kosmische intelligenz"/vernunft der
natur/innere logik alles seienden/usw sind lediglich die uralten götter, heute auf moderne
sprachregelungen etc up-gedated und neu poliert als menschen-zuschreibungen (wie an eine
leere wand angehefteter zettelchen-kram/memos) an eine natur, die zweckeFREI,
absichtenFREI, logikenFREI, intelligenzFREI, endzielFREI ist, und gerade auch deshalb
"als leere wand" bestens mit "menschlichen memorabilien" bekleistert
werden kann, welche immer wieder erneut zu passen nur-scheinen --- dass wir die natur
dennoch ständig mit hirn-erzeugten und dann auf sie projizierten eigenschaften aufladen,
ist für uns allerdings -subjektiv- überlebenswichtig
zumindest also letzteres, chapeau!
Diese Ganzheit
ist aus irdischer Perspektive nicht als Wahrheit erkennbar und somit von Menschen nicht
beweisbar. Wer nun (einen) Gott als diese Ganzheit, als die Wahrheit annimmt, wird diesen
nicht beweisen können. Es bleibt nur das Gefühl von Allheit, oder eben von
Allgeborgenheit. Wer sich ihr anvertraut, kann auf diesbezüglich unzählige Meinungen,
Deutungen verzichten, eben im Vertrauen auf göttliche Allgeborgenheit. „Solo Dios basta“
(Teresa v. Avila).
du, karl, wirst von deinen geglaubten mythen und legenden, deinen memo-zettelchen
an der leeren natur-wand, wohl nicht mehr loskommen, obwohl das alles, weil in hirn und
psyche festgeklopft, da somit weit mehr als illusionäre verkennungen, wahn-analoge
vorstellungen und ideen sind
Was soll denn diese blödsinnige Zuschreibung bei mir bewirken? Ich glaube an keine Mythen
und Legenden, an keinen Gott (in herkömmlicher Weise). Darüber haben wir uns doch bereits
verständigt, oder nicht? Du warst es doch, der von Gott als das Gefühl von Allgeborgenheit
sprach, einer Vorstellung, die mir sehr sympathisch ist.
„Oh my God!“ - so könnte ich nun in diese dämliche Redewendung einstimmen, wie man sie in
einer gottlosen Welt paradoxerweise an jeder Straßenecke zu hören bekommt. Oder auch ganz
einfach: „Mein Gott - Waldemar!“
* theresia von avila ist mein lieblings-nönnchen, weil
sie (k.h.deschner/kriminalgeschichte d. christentums) aus gott-ergebenheit ua. das
erbrochene von aussätzigen getrunken haben soll, analog dazu habe ich keine staubsauger
mehr, sondern lecke die fussböden und den hühnerstall mit der zunge sauber (DEUS VULT!),
um in den himmel zu kommen
Dein Hang zur Nekrophilie (im Sinne von E. Fromm) steht meinem Hang zur Philosophie
diametral entgegen. Mehr fällt mir augenblicklich dazu nichts ein.
KJ