Am 20.10.2022 um 17:10 schrieb Arnold Schiller über
PhilWeb <philweb(a)lists.philo.at>at>:
Lieber Karl,
habe heute einen alten Artikel von mir gelesen und gestehe philweb geniest kaum
Aufmerksamkeit und ich überfliege nur hin und da und misch mich nicht ein, beschäftige
mich mit sowas:
https://publikum.net/soziale-dissonanz/ <https://publikum.net/soziale-dissonanz/>
aber auch das mit den Aktionen stimmt natürlich wie zum Beispiel:
https://publikum.net/b1510-ichbinarmutsbetroffen/
<https://publikum.net/b1510-ichbinarmutsbetroffen/>
Viele Grüße,
Arnold
--
http://freiheitsaktion.de <http://freiheitsaktion.de/>
Servus Arnold,
Deinen Artikel auf „Publikum“ habe ich nun auch gelesen und denke mir, Du könntest ihn
ebenso in philweb eingebracht haben. Genau daran mangelt es ja diesem Forum hier, das sich
eigentlich nur noch als „Schauplatz“ quasi privater - weltanschaulich divergenten -
Auseinandersetzung zwischen wenigen Protagonisten geriert. Und da ich diese spezifische
(von mir selbst ausgiebigst praktizierte) Nutzung dieses Forums als Grund sehe, warum sich
so wenige andere der Listenmitglieder einmischen, wollte ich die Gelegenheit hier nutzen,
um diese Problematik zu thematisieren.
Im Vergleich zur Plattform „Publikum“ (die ich bislang nicht gekannt habe) würde philweb
gleichermaßen „eine Plattform für Schreibende und ihre Leserschaft sein, um mit ihren
Texten Reichweite zu bekommen …“ (wie es im Impressum von „Publikum“ steht).
Diese „Reichweite“ ist bei philweb zunächst auf etwa 70 List-Mitglieder beschränkt, jedoch
über das Archiv
https://lists.philo.at/hyperkitty/list/philweb@lists.philo.at/ prinzipiell
weltweit ausgedehnt.
Reichweite (oder auch monetäre Vergütung) war allerdings nie ein Thema in philweb, sondern
die Mail-List sollte virtuelle Begegnungsstätte als „thematisch offenes Forum für
philosophische Diskussionen“ sein, wie in unserem Impressum zu lesen ist.
Als Listadmin schaue ich gelegentlich in die Mitgliederliste und lese viele altvertraute
Namen, die nahezu seit Beginn bei philweb eingetragen sind. Da keine einzige Ablehnung von
Mails im Teilnehmerprofil angewählt ist, müssten eigentlich alle geposteten Beiträge auch
bei allen eingetragenen Mitgliedern ankommen. So kann, mangels aktiver Teilnahme dieser
Listenmehrheit nur angenommen werden, was Du von Dir geschildert hast; man liest (wenn
überhaupt) kurz drüber und schiebt das Zeug in den Trash.
Nun können unmöglich 70 Personen nahezu zeitgleich auf einen „Thread“ aufspringen, wie das
auf manchen Blog-Portalen schon bei etwa zehn aktiven Kommentierenden als wenig
konstruktives Geschehen zu erleben ist.
Für meine Begriffe ist philweb schon ein ideales Forum für Teilnehmende, die bewusst diese
Art von Gedankenaustausch wünschen, wie er im Impressum angeführt ist. Und da würde sich
(wie gesagt) Dein Artikel „Soziale Dissonanz“ bestens als Grundlage für eine möglichst
breit geführte Diskussion zu diesem sozialpolitischen Thema eignen.
Markanter Kern dieses Essay ist die Schilderung (@knaebchen82) einer Verhaltensweise, wie
man sie im öffentlichen Raum (wie in diesem Fall die S-Bahn) zunehmend erfahren muss. Hier
geht es um die Bitte einer an Immunschwäche leidenden Rollstuhlfahrerin an eine
Mitreisende, sie möge ihre Maske aufsetzen und darauf von dieser die wüst-dreiste Antwort
bekommt: "Es ist mir egal. Eine Maske ist eine Grundrechtsverletzung, sie tragen
selbst eine, das muss reichen."
In Deinem Aufsatz diskutierst Du - darauf bezogen – verschiedene Aspekte dieser
Verhaltensform, wobei Du damit auch die wachsende Unfähigkeit zu korrekter Sprachführung
ansprichst: „"Eine Maske ist eine Grundrechtsverletzung." ist eben mehr als eine
irrige Aussage, sondern ein Protest einer Sprachgemeinschaft, die immer größer wird, die
sich nicht auszudrücken vermag."
Dieser erschreckende Mangel an Sprachkompetenz, der sich vor allem auch in einer zuweilen
extremen Sprachverkürzung ausdrückt, die sich im Familienkreis altbekannt und zumeist
unkritisch als mit den Jahren zunehmende Sprachkryptik zeigt, im öffentlichen Bereich
jedoch einem regelrechten Sprachverfall gleichkommt: „Arnold hat Null Bock auf philweb“.
Klare Ansage - daran gibt‘s nicht mehr viel zu deuten.
Dagegen lässt sich die Auslegung des Satzes „Eine Maske ist eine
Grundrechtsverletzung.",
die Du in Deinem Aufsatz vornimmst, schon etwas aufwändiger an.
Ich darf Dich wohl hier zitieren:
„„Eine Maske ist eine Grundrechtsverletzung." scheint nun ein einfacher Satz zu sein,
aber schon in der gleichen Sprache ist dieser Satz nicht so einfach, wie er zunächst
erscheint. Die Sprecherin gehört offensichtlich einer sozialen Gruppe an, die ein völlig
verdrehtes Werteverständnis hat. Der Satz an sich ist nachweislich falsch, da der
Gegenstand an sich keine Rechtsverletzung darstellen kann.“
Augenscheinlich bei der Interpretation dieses Satzes ist der jeweilig intentionale Zugang.
Ich würde zunächst die Verkürzung analysieren und intuitiv den Satz so verstehen: Eine
Maske tragen zu müssen, ist eine Grundrechtsverletzung. Davon abgesehen, dass diese
Aussage nicht vom Verfassungsgericht per eindeutigem Urteil gedeckt ist, drückt er
zunächst die Ablehnung aus, überhaupt eine Maske tragen zu müssen und in dieser Verkürzung
wird (eher sogar unbewusst) die imperative Sprechhaltung verstärkt, die Forderung eine
Maske aufzusetzen, zurückzunehmen.
So lässt sich an diesem Beispiel zeigen, wie verschieden die Sichtweisen auf einen
Sachverhalt sein können, der - an sich gesehen – in völliger Übereinstimmung bezüglich des
ungehörigen Verhaltens dieser Maskenverweigerin diskutiert wird.
Joseph als Spezialist für Wort- und Satzgestaltung könnte sicher auch Bedeutendes
beitragen und
Waldemar greift auf altjüdische Weisheit zurück, bringt aber das Wesentliche bezogen auf
„Eigensprache“ in den Vordergrund:
wh: „(zb sind wir hier in philweb eine solche
"eigensprache-gemeinschafts-kleingruppe"), und dass solche
"eigensprachgruppen" (wie zb "querdenkers") untereinander mehr oder
weniger auch "dissonant" sind, liegt in der natur der sache selbst
("kakophon"), schlimm wirds erst, wenn es keine übergeordnete
"sprache" mehr gibt, auf welche die einzelnen "eigensprachen" gültig
referenzieren, oder referenzieren können, oder gar wollen,..“
So schließt sich der Kreis und ich komme zu meinem Anliegen zurück: Je mehr
philweb-Teilnehmende sich hier aktiv einbringen, desto weniger bildet sich eine
spezifische „Eigensprache“ aus, denn diese würde durch signifikant andere Wort- und
Satzgestaltungen nivelliert werden.
Bester Gruß an Dich und in die Runde! - Karl
PS: Also nicht zögern, wenn immer Du einen Aufsatz oder auch nur einige Gedanken zu einem
Thema hast, dann bringe das hier ein. Philweb sollte nicht von nur wenigen Schreibenden
dominiert sein.