Am Do., 1. Okt. 2020 um 12:50 Uhr schrieb Ingo Tessmann
<tessmann(a)tu-harburg.de>de>:
für den Anfang hatte ich Irrationalität einfach als
Gegensatz zu Rationalität aufgefasst: „Ich denke rational
(möglichst methodisch nachvollziehbar begründet) oder irrational bzw. quer
(unmethodisch,
nicht nachvollziehbar, unbegründet).
Ich denke, damit werden zwei Dinge verwoben, die vielleicht nicht
unbedingt zusammengehören:
Der Weg der Gedanken selbst und ihre Darstellung/Kommunikation
gegenüber Dritten.
Hier kommen wir auch zu einer auf den ersten Blick seltsamen Frage:
"Braucht ein Genie auf einer einsamen Insel Beweise?"
Der Gegenstand der Frage ist, ob Beweise lediglich dazu dienen, andere
Menschen zu überzeugen oder auch für das Individuum bedeutsam sind,
etwa weil sie einen höheren Grad an Gewissheit darstellen.
Es gibt ja durchaus den Fall, wo man selbst schon Gewissheit hat (oder
zu haben glaubt, man kann sich ja immer noch irren), etwa das ein
Medikament oder eine Hygienemaßnahme funktioniert, man dies aber nicht
absolut logisch wasserdicht gegenüber Dritten beweisen kann.
Was auf den ersten Blick wie eine Elfenbeinturmfrage aussieht, ist
viel ernst zu nehmender als es erscheint.
Die Coronamaßnahmen in Deutschland etwa. Da gab es durchaus, AFAIK
sogar vor Gericht, Zweifel, ob bestimmte Maßnahmen wirklich die
Ausbreitung des Virus verhindern oder ob man dabei nicht zu weit geht.
Dass Diskotheken und Co. geschlossen werden, erscheint
nachvollziehbar. Bei anderen Einrichtungen, wo es ohnehin wenige
Besucher gibt und sich Abstände leicht einhalten lassen würden (Kinos
oder Theater, wenn nicht voll), kommenwir denn wirklich in das Problem
ob man den Sinn der Maßnahme im Einzelfall nach wissenschaftlichen
Standards beweisen kann.
Auf der anderen Seite können wir davon ausgehen, dass der öffentliche
Nahverkehr eine Brutstätte für übertragbare Krankheiten ist, nur
würden wir diesen eher nicht stillegen, weil damit das öffentliche
Leben teilweise auch stillstehen würde.
Am Do., 1. Okt. 2020 um 12:50 Uhr schrieb Ingo Tessmann
<tessmann(a)tu-harburg.de>de>:
eben, deshalb werden sie immer besser; weil Anzahl und
Genauigkeit ihrer Parameter monoton zunehmen. Mich
begeistern beispielsweise die Wissensfortschritte in Epidemiologie und Keimtheorie seit
Semmelweiss und gerne profitiere ich davon.
Du übergehst den Punkt meines Argumentes:
Wenn ein Mensch versucht, sich anhand der Wissenschaft zu orientieren,
dann sucht er nach Antworten. Gerade in den Wissenschaften, die dafür
besonders relevant sind, wie Medizin, Psychologie usw.usf. verändert
sich der Wissensstand. Früher wurden Kinder dazu ermuntert, Spinat zu
essen, wegen den Eisen. Heute wissen wir, dass diese Maßnahme im
Grunde sinnlos war.
Der Verschwörungswahn grassierte schon während der
Pest-Epidemien im Mittelalter und führte zu grausamen Juden-Pogromen. Nur
Nur um das klarzustellen, natürlich lehne ich solche
Verschwörungstheorien komplett ab.
Für so eine Naturkatastrophe wie einer Seuche einen Schuldigen zu
suchen ist natürlich aussichtslos und zeugt davon, dass man die Natur
dieses Problems nicht verstanden hat. Und natürlich kann das im
Ergebnis zu unnötigen menschlichen Leid führen.
Allerdings, sofern die Berichte in der Presse stimmen, scheint das ein
weltweiter Trend zu sein.