Am 25.10.2025 um 17:45 schrieb Rat Frag über PhilWeb
<philweb(a)lists.philo.at>at>:
Dir geht es um metaphysische Wahrheit, die
scheinhaft vage ist. Mir geht es um nachvollziehbare MINT-Wahrheit.
Damit machst du es dir, in meinen Augen, doch völlig zu leicht. Wie definierst du einen
Beweis?
Der wird in der jeweiligen Wissenschaft definiert, in der Mathematik seit Hilbert in der
Beweistheorie, d.h. durch formale Ableitbarkeit. Und der Naturwiss. kommt das Experiment
hinzu und in der Technik geht es ums Funktionieren.
Wie rational
ist die Definition von Wahrheit als die Übereinstimmung von Verstand und Ding? Ich halte
sie für eine Scheindefinition; denn was ist mit Übereinstimmung und Verstand gemeint?
Das ist in der Tat ein Gegenstand von philosophischem Interesse und es wurde meines
Erachtens aus verschiedenen Traditionen heraus interessante Bücher und Aufsetze zu diesem
Thema publiziert.
Ja, aber anfangen lässt sich im Alltag, genauer wird es durch Vergleiche von berechneten
und gemessenen Werten. Was soll das allgemeine Geschreibe von Verstand und Ding?
Wie soll denn
ein Satz mit „Wirklichkeit“ übereinstimmen können, wenn nicht klar ist, was mit
„Wirklichkeit“ gemeint sein mag.
Frege hat einmal geschrieben, dass es gewisse Begriffe gibt, die nicht weiter definiert
werden können, da eine Definition die Reduktion von einem komplexen Begriff auf einfachere
bedeutet und das eben bei einfachen Begriffen nicht mehr möglich ist. Damit kontere ich
Carnap.
Wiederholt habe ich hier darauf hingewiesen, dass die Basis des Wissens in Alltag und
Wissenschaft das Rechnen und Unterscheiden ist. Mit den Worten Lorenzens: "Trotz
aller neuzeitlichen Logik und Wissenschaft mug es für die Philosophie statt
‚calculemus' immer noch und immer wieder heißen: ‚distinguamus‘.“
es sind
weitere Kriterien zu finden, die eine Entscheidung ermöglichen. Juristen haben ihre
Prozessordnung,
Ach Mensch. Diese ganzen Mittel sind doch nur das: Mittel-zum-Zweck. Sie führen mit
Sicherheit zu Reliabilität, aber nicht zur VALIDITÄT. Um es kurz und schmerzlos zu halten,
in den USA kann es sein, dass der Täter mit den Messer in der Hand erwischt wird, aber
dass er, weil die Beweismittel gegen ihn unrechtmäßig erlangt worden sind, dennoch
freigesprochen werden muss. Es kann eigentlich klar sein, dass jemand schuldig ist und
dennoch kann das Beweismittelrecht ihn aufgrund einer willkürlichen Regelung freisprechen.
Dann geht es um Schuld nicht im juristischen Sinn. Jemand kann ja auch aus Notwehr töten
oder als Mundraub stehlen. Das sind Ermessensfragen. Mich hat gerade einmal wieder das BVG
auf die Palme gebracht mit seinem Urteil zum Kirchenrecht:
https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/20…
<https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2025/bvg25-096.html>
Die These „Ein
Satz kann auch ohne Beweis wahr sein“ verstehe ich also bloß alltagsvage mit „wahr“ als
M-Wahrheit oder Wahrhaftigkeit.
Ich verstehe nicht, was ein "Beweis" sein soll, wenn nicht eine Art Mittel, um
eine Wahrheit aufzuzeigen. Der Begriff des Beweises setzt bereits einen Begriff der
Wahrheit voraus. Der Beweis zeigt die Wahrheit auf. Es kann aber natürlich sehr wohl wahre
Aussagen geben, die nicht bewiesen werden können.
In der operativen Mathematik werden Beweise durch Ableitbarkeit geführt. Wahr muss ich die
abgeleiteten Sätze nicht nennen. Wenn ich Wahrheit durch Beweisbarkeit definiere, kann es
Wahrheit ohne Beweisbarkeit nicht geben. Du meinst M-Wahrheit, ich W-Wahrheit.
Wenn wir bei juristschen Sachverhalten verbleiben ist
das doch klar.
Geht es denn in der Juristerei um Wahrheit oder bloß um Schuld oder Unschuld?
IT