Moin Karl,
Du schreibst: Thematisierung für die SPD bei 33%, die Grünen bei 29%,
Union bei 19% und FDP mit 12%, AfD und Linke 10 %. Ein interessantes
Ergebnis, dass aber nichts mit der idologischen Orientierung des ÖRN zu
tun hat, sondern damit, dass häufiger über die Regierung als über die
Opposition berichtet wurde. Ich vermute, weil Regierungshandeln für die
Wählenden interessanter, weil folgenreichter ist als die Kritik dagegen
und es einen Kanzlerbonus gibt, zumal es die Covid-19-Pandemie gab und
Russland den Krieg gegen die Ukraine begann.
Zur Budestagswahl stimmten: 24,1 % Union, 25,7 % SPD, 14,8 % Grüne, 11,5
% FDP, 4,9 % Linke, 10,3 % AfD. D.h. Regierung ca. 52 %, Opposition rund
40 %. Nach der nächsten Bundestagswahl wird regierungsorientiert
entsprechend häufiger über die Groko und Kanzler Merz berichtet werden.
Zudem schrieb ich: Entscheidend ist doch nicht, ob Maßnahmen von links
oder rechts vorgeschlagen werden, sondern ob sie sinnvoll sind und in
welchem Kontext sie erhoben werden. D.h. werden die Quellen überprüft,
Faktenchecks durchgeführt, Kommentare von Nachrichten, Meinungen von
Wissen getrennt und Themen nach ihrer Wichtigkeit bewertet. Die von Dir
auch bemängelte "queer-woke Dunstwolke" und andere Nebenschauplätze
werden nach meinem Eindruck eher von den Rechten übermäßig
skandalisiert. Womit wir wieder bei PLURV wären und der Rosinenpickerei.
Gemäß Studie liegt der Anteil der Gleichstellungspolitik beim ÖRR
lediglich bei 1 %. Wer erzeugt Dir denn die queer-woke Dunstwolke,
vielleicht Du selbst -- oder befindest Du Dich in der des Bayern-Markus?
Zum Medienvertrauen nach Pandemie und "Zeitenwende" wird in der Studie
auch mitgeteilt, dass der Öffentlich-rechtliche Rundfunk informiere und
einen Beitrag zur Demokratie leiste: "Grundsätzlich befürwortet eine
Mehrheit der Bevölkerung den öffentlich-rechtlichen Rundfunk: 72 Prozent
stimmen der Aussage zu, dass die Informationsangebote des
öffentlich-rechtlichen Rundfunks wichtig sind. 62 Prozent stimmen der
Aussage zu, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk einen wichtigen
Beitrag zur Demokratie leistet und 54 Prozent sind mit seinen
Informationsangeboten zufrieden. 40 Prozent äußern, dass der
öffentlich-rechtliche Rundfunk die Vielfalt der Meinungen in der
Gesellschaft angemessen darstelle. Weitere 31 Prozent meinen, dies sei
„teils, teils“ der Fall.
Aus den Ergebnissen der Studie lässt sich schlussfolgern, dass derzeit
eine Mehrheit den öffentlich-rechtlichen Rundfunk als Institution im
Prinzip gutheißt und bewahren will, seine konkreten Strukturen und
Profile allerdings – sowohl allgemein als auch besonders in bestimmten
sozialen Gruppen – auf mehr oder weniger starke Kritik stoßen."
Am 24.01.25 um 00:42 schrieb Karl Janssen über PhilWeb:
Da existieren mehrere Studien, wobei die an der Uni Mainz verfasste
m.E. die eingängigste Darlegung bietet. Darin wird die ideologische
Grundpositionierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks allgemein
thematisiert und die jeweilig politische Ausrichtung
liberal-progressiv vs. konservativ-autoritär in Betracht gezogen.
Demnach liegt die Verteilung der jeweiligen Formate hinsichtlich ihrer
spezifisch anteiligen Thematisierung für die SPD bei 33%, die Grünen
bei 29%, somit für „Linksgrün“ gesamt 62%. Demgegenüber steht der
Anteil von Union bei 19% und FDP mit 12% zusammen dann 31%. Wer wollte
hier noch leugnen, dass bei einem Verhältnis von ca. 60:30 bei 10% für
den Rest (AFD und genuin Linke) unabweisbar eine Linkslastigkeit bei
der Berichterstattung über und zu Parteien dieses Spektrums besteht.
Das mag auch nicht verwundern, da der Löwenanteil des journalistischen
Personals, vom Voluntär bis zum Chefredakteur, einer
linksgrün-orientierten Weltanschauung nahesteht. Auch hierzu gibt es
entsprechende Erhebungen.
Im Zweifel „Linksgrün“ steht somit für die benannte Grundhaltung und
ist maßgebend für die tendenziös ausgerichtete Berichterstattung, die
sich jedoch vornehmlich auf deren moderierteren Anteil und allenfalls
sublim auf faktenbasierte Nachrichten bezieht.
Diese offensichtliche Unausgewogenheit ist selbstredend auch dem
Umstand geschuldet, dass Linksgrün als Koalitionspartner bisher die
Regierungsverantwortung hat und als solche notwendigerweise im Fokus
der Berichterstattung steht.
Eigentlich müssig, diese Zusammenhänge hier zu erörtern, da sie diesem
Forum klar vor Augen stehen. Und wer von uns hier politisch,
weltanschaulich deutlich links steht, ist notwendigerweise blind für
diese „Farbe“, resp. hat keine objektive Perspektive darauf.
Doch was sollte eigentlich gegen eine linksgerichtete Geisteshaltung
und dementsprechend ausgerichtete Gesellschaftspolitik stehen, solange
diese nicht als verqueere, woke Ideologie verstanden und durchgesetzt
wird.
Soweit ich mich als Befürworter einer breit angelegten politischen
Mitte sehe, verstehe ich darunter in erster Linie den Verzicht auf
reaktionäre Denkmodelle, wie sie gleichermaßen bei den politischen
Rändern angelegt sind. Waldemar -lese ich gerade - hat diesbezüglich
natürlich seine für ihn typische Abwertung dieser Position
vorgenommen. Hier geht es aber nicht um die Wertung, sondern um
faktenbezogene Attributierung des thematisierten Sachverhalts.
Kein Bürger wird von sich ehrlicherweise sagen können, sich nicht
gelegentlich in grenzwertiges Denken zu verlieren, wenn es um
gesellschaftliche Probleme geht, wie z.B. Kriminalität (insbes. wie
aktuell wiederholt von Migranten verübt). Unter diesem Gesichtspunkt
sachlich, menschlich und gerecht zu urteilen, fällt schwer, da in
erster Linie unterschiedliches Kulturempfinden eine Rolle spielt.
Was dabei die Migration anbelangt, kann es selbstredend nicht nur um
wirtschaftliche, sondern es muss vor allem um kulturelle Integration
gehen und da liegt das Hauptproblem zumeist in der ursprünglich
familiären wie insbes, auch religiösen Sozialisation, die in den
Herkunftsländern allermeist auf patriarchal basierten „Wertesystemen“
aufsetzt.
Ein nicht zu unterschätzender Faktor ist die Diskrepanz zwischen dem
von aussen wahrnehmbaren Wohlstand, der hinreichend
ordnungspolitischen Situation, der persönlichen Freiheit der Bürger
und dem real existierenden Anspruch des Staates auf Beteiligung am
Sozialsystem (Steuern samt sonstigen Abgaben etc.).
Der Wohlstand dieses Landes fusst (bislang immer noch) auf der
Arbeitsleistung des Löwenanteils der Bevölkerung und entspringt nicht
einem gottgegebenen „Schlaraffenland“. Das eine ist also nicht ohne
das andere zu haben und genau dieser Aspekt wird augenscheinlich vom
weit grössten Teil der Menschen, die unbedingt nach Deutschland
migrieren wollen, nicht gesehen, bzw. kann vermutlich aus einem
prekären Umfeld der Herkunftsländer heraus gar nicht gesehen werden.
Eher steht der
oberflächliche, von Medien (Smartphones all over the World) und
Schleusern vermittelte Blick im Fokus all der Menschen, die sich in
der Hoffnung auf ein besseres Leben auf den lebensgefährlichen Weg
machen. Hier bricht für die meisten eine Illusion in sich zusammen,
ähnlich einer Fata Morgana und dies ist einer der Gründe, warum
psychische Probleme oftmals die drastische Folge dieser
Desillusionierung ist.
Und nun nochmal zur Politik. Eben benannte und weitere Gründe für
politische Spaltung liegen u.a. darin, dass die hier angeführten
Aspekte von einer extrem konservativ geprägten Gesellschaftsschicht
nicht wahrgenommen werden, einerseits , weil man es nicht will,
andererseits, weil man es oftmals intellektuell nicht vermag.
So wären hiesig politisch Verantwortliche gut beraten, sich dieses
Hauptproblems gemeinsam anzunehmen, um es nach bestem Gewissen und
Vermögen soweit zu mindern, dass Bürger dieses Bemühen erkennen und
daher nicht auf von Randparteien postulierte Parolen (auf)setzen.
Eigentlich wollte ich kein Kurzreferat über Migration halten, doch
genau dieses Themenfeld ist „Stein des Anstosses“ schlechthin, wenn es
um die Bewertung vergangenen Regierungshandelns und jener der dafür
verantwortlichen Parteien, nicht zuletzt aber um deren
programmatische, resp. ideologische Ausrichtung geht.
Fest steht jedoch für mich, dass - ebenso wie in USA - derzeit das
Problem ungeregelter Migration tief in das persönliche Bedürfnis der
Menschen nach Ordnung und Gerechtigkeit einwirkt und da sind es
vornehmlich jene, die Angst haben vor konkurrierenden, resp.
ungeklärten Situationen im persönlichen und kommunalen Umfeld, sowie
dem am Arbeitsplatz.
Gut situierte, zumeist akademisch gebildete Zeitgenossen empfinden
diesbezüglich weit weniger Konkurrenz und wählen entsprechend die
politische Sparte, aus der sie die meisten Vorteile für ein liberal
„wokes“, selbstbezogenes Leben erwarten können.
Selbst Akademiker, der ich bin, spreche ich hinsichtlich derartiger
Attitüde jedoch ausdrücklich nicht für die eigene Kaste. Und was
(gelungene) Migration anbelangt, werde ich schon morgen wieder ein
sehr freundliches Gespräch „über den Zaun“ mit einem Nachbarn führen,
der „noch nicht so lange in diesem Land lebt“. So könnte ich
geradewegs auch „Linksgrün“ wählen, wäre da eben nicht diese
queer-woke Dunstwolke, die mir Sicht und Luft raubt. So wähle ich
nicht, sondern lebe „grün“, obendrein auch tatsächlich und
glücklicherweise im Grünen.
KJ
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