Am 17.10.2024 um 17:17 schrieb Ingo Tessmann über
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Wie hängen Nervensignale und Gedanken
zusammen bzw. Physiologie und Phänomenologie? Gedanken können wabern wie Nebel und Wellen
oder verdichtet in ildern und Wörtern erscheinen. Die ihnen zugrundeliegenden Nervennetze
könnten ähnlich von Möglichkeitswellen begleitet werden wie die Teilchensysteme in der QM.
Aber darüber müssten bspw. Tegmark und Stapp schon gründlich nachgedacht und mathematische
Modelle mit Hirnscans abgeglichen haben.
Als wir seinerzeit über die Begrifflichkeit von Bewusstsein diskutierten, hatte ich mich
u.a. näher mit diesbezüglichen Aussagen von Tegmark und Stapp beschäftigt. Ersterer
stellte sich vehement gegen die entsprechenden Thesen von Hameroff, wonach Mikrotubuli und
nicht die Nervenzellen an sich die wesentliche Rolle bei der Informationsverarbeitung im
Gehirn spielen.
In diesem Zusammenhang wird oftmals auch Roger Penrose erwähnt, der sich mit Hameroffs
Vorstellung anfreunden konnte, wenngleich - wie er sagt - mehr zufällig zu dieser Thematik
gekommen ist. Tegmark bleibt für meine Begriffe blass gegenüber Penrose. Dieser ist für
mich - wie oft schon hier gesagt - wie eine Leitfigur durch die komplexe
Wissenschaftswelt, nicht nur als Mathematiker und Physiker, sondern vornehmlich auch als
Philosoph. So gibt es kaum etwas, was ich nicht schon von ihm gelesen, gehört oder gesehen
hätte. Überzeigend wirken auf mich seine Aussagen zum menschlichen Bewusstsein aus
mathematisch-physikalischer Sicht und seine konstruktiv kritische Auseinandersetzung mit
KI (künstliche Intelligenz) philosophisch relevant finde ich zudem seine Sichtweise auf
Unendlichkeit (Penrose-Diagramm) und generell zur Kosmologie.
Bezogen auf oben angesprochene Gehirnfunktionen geht Penrose davon aus, dass diese nicht
algorithmisch ablaufen, somit die prozessuale Informationsverarbeitung, resp.
Denkprozesse im Gehirn nicht nach einem finiten Algorithmus erfolgt. Wenn also
Denkprozesse nicht einem elementaren Algorithmus folgen, sind sie (wie alle
Gehirnfunktionen) nicht „computable“ und sind als solche auch nicht auf einer sog.
Turingmaschine zu modellieren, d.h. es kann kein dazu geeignetes Rechenmodell definiert
werden.
In diesem Kontext stellt sich aber dann aktuell die Frage, ob und wie derartige
nicht-algorithmische Rechenmodelle für KI überhaupt aufgestellt werden können, denn
grundsätzlich sind Algorithmen als einer mathematischen Logik folgende, also darauf
fixierte funktionale Bausteine zu sehen, während KI auf selbstlernenden Algorithmen
basiert.
Wir hatten hier die mögliche Angst vor KI thematisiert und, bezogen auf selbstlernende
Computerprogramme, somit vor sich ggf. menschlicher Kontrolle entziehender Computer, resp.
Roboter, die zu Cyborgs mutieren.
Das lässt mich an Edward Elbees „Wer hat Angst vor Virginia Woolf?“ denken. Menschen sind
zu allen denkbaren Untaten fähig, wie aber auch zu Emotion, (Mit-)Gefühl und Illusion.
Letztere als Wunschtraum, konkret dem Traum von einer besseren Welt, dem Sonnenzeitalter
(wie Du, Ingo es nennst).
Welche Rolle im Theater des Lebens bleibt den Menschen, wenn sie mehr und mehr Befugnisse
an Roboter übergeben (müssen)?
Bleibt doch bei aller Technisierung, resp Mechanisierung durch KI die berechtigte Annahme,
dass nicht seelenlose Cyborgs der Menschen innige Lebenspartner sein werden, sondern
Mitmenschen, die zu umfassendem Denken befähigt sind, einem Denkvermögen, das
glücklicherweise nicht auf funktionale, mathematische Algorithmen beschränkt ist.
Letztere sind und bleiben jedoch unverzichtbare Werkzeuge zur Bewältigung des
Lebensalltags. Das mag gelten, solange Menschen sich der Gefahr einer grenzenlosen
Technisierung bewusst sind und ihr Handeln danach ausrichten.
Ansonsten droht das Schicksal des Prometheus, an einen Felsen geschmiedet, als brutale
Strafe des Zeus; Nicht wegen des Feuers Raub, sondern weil Zeus wusste, dass Prometheus
das von ihm in die Welt entführte Feuer letztlich nicht beherrschen kann.
Feuer als Sinnbild von Techne, Prometheus als Sinnbild des falliblen Menschen. Die
Verbindung dieses Mythos zur Jetztzeit ist unschwer zu denken - folgenschwere Gedanken
gleichwohl, wie Nebel und Wellen wabernd, sich in Bildern und Wörtern verdichtend zum
Ausdruck kommen.
Soweit zu Gedanken und Denken und was mein (Nach)Denken über das Denken anbelangt, bin ich
noch lange nicht an ein Ende diesbezüglichen Denkens gekommen, zudem froh um jeden
Gedankenanstoss hier in unserer (sehr klein gewordenen) Runde.
Bester Gruß also in die Runde!
KJ