Am Sa., 30. Aug. 2025 um 13:13 Uhr schrieb Ingo Tessmann über PhilWeb
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mir ist nicht klar, worauf Du eigentlich hinaus
willst. Die „Lehre des Begriffes“ gehört jedenfalls nicht zur Mathematik, sondern zur
Philosophie. Was sollen zudem historische Betrachtungen, wenn es um ein systematisches
Problem geht?
Meine Motivation sollte so klar sein wie irgendmöglich:
Ich möchte eine Theorie entwickeln, wieso Menschen unterschiedliche
Meinungen haben.
Nicht, dass ich damit ein Problem hätte oder sowas. Es scheint mir nur
eine legitime Frage zu sein. Ich denke, ein Grund warum das so ist,
könnte sein, dass bei der Übertragung des selben Begriffes quasi
"Fehler" unterlaufen.
Dass also der Schüler manchmal den Begriff anders versteht als der
Lehrer es gemeint hat. So kann es dazu kommen, dass zwei Leute zwar
verbal das selbe sagen, aber "mental" etwas anderes vorstellen. Wobei
ich mir bewusst bin, dass die Verbindung zwischen mentaler Vorstellung
und Bedeutung wiederum zu Problemen führt.
Warum ich historische Quellen nehme?
Nun. Zweifellos wird ein Mensch, dem man seines Gedächtnisses geraubt,
damit auch einen erheblichen Teil seiner Urteilskraft verlieren.
Unsere Fähigkeit Dinge richtig zu beurteilen beruht eben zum Teil auf
Erfahrung, auf "Gelernten".
Und die Geschichte ist die Erfahrung der Menschhheit, auch wenn die
Menschheit ein überaus selektives, fehlbares und "wunderbares"
Gedächtnis hat.
Wie Lorenzen in seiner „Meta-Mathematik"
einleitend hervorhebt, ist damit eine konstruktive mathematische Theorie gemeint, „die die
gesamte Mathematik, soweit sie als eine axiomatische vorliegt, zum Gegenstand hat.“ Im
Anschluss an das Problem der Widerspruchsfreiheit der Analysis lief das Vorhaben dann
unverhofft auf die Frage nach dem Verhältnis von konstruktiver und axiomatischer
Arithmetik hinaus. Die Metamathematik wurde damit zu einer Mathematik der Metatheorien.
Entschuldige, wenn ich hier widersprechen muss.
Deine Darstellung drängt Lorenzens Sichtweise als unmittelbar
einleuchtend vorher. Man mag nun der Überzeugung sein, dass er die
Wahrheit entdeckt habe, dennoch ist diese Darstellung doch nicht
unproblematisch. Aus Fairnessgründen sollte man immer beiden Seiten
gehör verschaffen.
Hinsichtlich eines soliden Fundaments der Mathematik
halte ich mich an die konstr. Mathematik, die nicht nur in der Lebenswelt hinreicht,
sondern auch weitgehend der Naturwissenschaft genügt. Die im Anschluss an Hilbert von
Schütte auf den Weg gebrachte Beweistheorie tastet sich nach Schroeder-Heister „nur
langsam an die wirklichen Probleme heran. Andererseits muss man der Beweistheorie zugute
halten, dass sie überhaupt erst einmal einen pr azisen syntaktischen Begriff von
‚Beweis' entwickelt hat,
Die meisten praktizierende Mathematiker interessieren sich überhaupt
nicht für die Grundlagen der Mathematik. Völlig egal ob logisch,
konstruktiv, historisch oder sonst wie. Ihr eigenes Fachgebiet, das
wird schon untersucht, aber sich z.B. Gedanken darüber zu machen,
wieso mathematische Beweise funktionieren, das ist nicht ihre Aufgabe.
Hierin gleichen sie den Naturwissenschaftlern. Hinter der Hand sind
die meisten Naturwissenschaftler eiskalte Instrumentalisten. Die
Theorien der Physik, Chemie, der theoretischen Biologie usw. sind
nützlich zur Lösung von Problemen, darin liegt ihr Wert. Ob sie eine
unabhängige Realität abbilden ist ihnen im Kern egal.
Genauso kann man natürlich auch z. B. Aussagenlogik nur als eine
weitere Form der Algebra betrachten.
Ein Philosoph sollte sich der Herausforderung stellen.